Santander zieht sich zurück RBS sucht neuen Käufer
15.10.2012, 07:36 Uhr
Die RBS muss auf Druck der EU schrumpfen.
(Foto: REUTERS)
Nach dem geplatzten Versuch der Royal Bank of Scotland, mehr als 300 Filialen an die spanische Banco Santander zu verkaufen, stehen die Briten vor einem großen Problem: Sie müssen dringend einen neuen Interessenten finden.
Die verstaatlichte Royal Bank of Scotland hat nach dem gescheiterten Verkauf an die spanische Santander neue Interessenten für Hunderte Filialen. Der Finanzdienstleister Virgin Money wolle sich die Niederlassungen genauer ansehen, hieß es am Wochenende. Virgin war schon früher an den 316 RBS-Filialen und den 1,8 Millionen Kunden interessiert. Den Zuschlag erhielt vor gut zwei Jahren aber die Santander-Bank, die 1,65 Mrd. Pfund (etwa 2 Mrd. Euro) dafür ausgeben wollte. Am Freitag schließlich verwarf Santander den Plan und erklärte, der Kauf erweise sich als komplexer und schwieriger als erwartet.
Ob Virgin Money die Filialen übernimmt, hängt dem Vernehmen nach vom Preis ab und davon, ob die Filialen in das eigene Unternehmen integriert werden können. Virgin Money ist ein Unternehmen des Milliardärs Richard Branson, der unter anderem für seine Fluggesellschaften wie Virgin Atlantic bekannt ist.
RBS und Santander gaben unterschiedliche Erklärungen für das Scheitern der Verkaufsverhandlungen, die vor zwei Jahren aufgenommen worden waren, aber am Ende zunehmend gespannt verliefen. Laut Vertretern von Santander gelang es der RBS bis zum Schluss nicht, ihr Geschäft so umzustrukturieren, dass die Kunden nahtlos zu den britischen Filialen der spanischen Bank hätten wechseln können. Die Technologie, mit der RBS arbeite, sei "prähistorisch" und werde "nur mit Gummibändern zusammengehalten", hieß es im Umfeld der Bank Santander.
Rettung durch Steuerzahler
Die RBS bestreitet diese Darstellung. In einer Stellungnahme erklärte Vorstandschef Stephen Hester, die Bank habe "hart gearbeitet", um sicherzustellen, dass die Filialen "weitgehend bereit sind, von einem neuen Besitzer übernommen zu werden". "Ein Großteil der mit der Übergabe verbundenen Schwerstarbeit ist längst abgeschlossen worden", fügte er hinzu.
Dass das Vorhaben letztlich doch scheiterte, schürt neue Unsicherheiten im britischen Bankensektor, der wegen der schwächelnden Wirtschaft Großbritanniens ohnehin unter Druck steht. RBS soll muss seine 316 Filialen in Großbritannien auf Geheiß der Europäischen Kommission verkaufen. Nur dann darf die Bank Finanzhilfen der britischen Regierung in Anspruch nehmen. Die Regierung in London hatte schon zu Beginn der weltweiten Finanzkrise 45,5 Mrd. Pfund (rund 56,5 Mrd. Euro) in die angeschlagene Bank gepumpt; mehr als 80 Prozent des Kreditinstituts sind heute in Staatshand.
Nachdem das ursprüngliche Vorhaben jetzt geplatzt ist, dürfte sich RBS aber schwer tun, eine Alternative zu finden. Das liegt zum Teil auch daran, dass wichtige Finanzakteure wegen der immer strikteren Kapitalauflagen und schwachen Einnahmen in der Branche gerade wenig Gefallen an einem derartigen Geschäft haben dürften. Die Bank könnte zwar versuchen, ihre Filialen an die Börse zu bringen. Aber auch das könnte nach hinten losgehen, weil Investoren das Vorhaben für zu unbedeutend halten könnten. Die Tatsache, dass mit Santander einer der Großinvestoren Europas gerade abgesprungen ist, hilft da kaum.
Rückschlag für Spanier
Und selbst wenn RBS einen alternativen Plan aufgestellt bekäme, dürfte dieser kaum jene 1,65 Mrd Pfund einbringen, die Santander für das britische Filialnetz zu zahlen bereit war. Branchenvertreter weisen darauf hin, dass sich die Marktlage seit August 2010 - als die Banken ihre Pläne erstmals öffentlich machten - verschlechtert hat. Die Filialen seien nach wie vor ertragsstark, betont die RBS. Aber der gescheiterte Verkauf wirft die Bank erneut zurück in ihrem Bestreben, die britische Regierung als Hauptaktionär loszuwerden.
Auch Santander dürfte sich über das gescheiterte Vorhaben nicht freuen. Die Spanier hätten mit den britischen RBS-Zweigstellen ihr Bankgeschäft gut diversifizieren können. Sie hatten sich bisher auf Hypotheken konzentriert. Die RBS-Filialen aber sind stark bei der Vergabe von Unternehmenskrediten und im Privatkundengeschäft. Santander hatte auch gehofft, ihrem selbst gesteckten Ziel näher zu kommen, ihre britische Sparte an die Börse zu bringen. Die Spanier verfolgen gerade weltweit die Strategie, Minderheitsanteile zu verkaufen, um mehr Liquidität zu bekommen und Kapitalpolster aufzustocken.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ