Rajoy bricht Versprechen Spanien will noch mehr sparen
11.07.2012, 13:21 UhrIm Kampf gegen die Schuldenkrise kassiert Spaniens Premier Rajoy ein Wahlkampfversprechen und erhöht die Mehrwertsteuer. Er müsse sich der Realität anpassen, rechtfertigt sich der konservative Politiker. Unterdessen werden Details des Rettungsplans der Eurozone für Spaniens Banken bekannt - die Geldhäuser müssen Opfer bringen.
Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hat ein umfassendes Reformprogramm und Steuererhöhungen angekündigt und will in den nächsten zweieinhalb Jahren 65 Mrd. Euro einsparen. Dies soll unter anderem durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte auf 21 Prozent erreicht werden, sagte Rajoy vor dem spanischen Parlament.
Vorgesehen ist zudem eine Senkung des Arbeitslosengeldes und eine Gehaltskürzung um sieben Prozent für Staatsbeschäftigte. Eine Reform der öffentlichen Verwaltung soll 3,5 Mrd. Euro einsparen. Außerdem sollen die indirekten Steuern auf Energie steigen. Die Einkommenssteuer soll in der viertgrößten Volkswirtschaft dagegen sinken.
"Wir versuchen, auf einem Pfad zu bleiben, der weder einfach noch kurz oder komfortabel ist. Aber können es nicht vermeiden, es ist der einzige Pfad der zu einer Erholung führt", sagte Rajoy. Die Zahl der Staatsunternehmen soll drastisch reduziert werden. Der Eisenbahnsektor, die Häfen und die Flughäfen werden möglicherweise privatisiert.
Spanien bekommt mehr Zeit
Rajoy gestand ein, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer seinen eigenen Wahlversprechen zuwiderläuft. "Die Umstände haben sich jedoch geändert, und ich muss mich dieser Realität anpassen", so der Regierungschef. In einem Appell rief Rajoy zum Handeln auf: "Wir sind in einem entscheidenden Moment. Das ist die Realität, und wir müssen aus der Patsche kommen."
Rajoys Kabinett hat bereits Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Höhe von 45 Mrd. Euro durchgeboxt, doch mit der schwachen Wirtschaft und den schwindenden Steuereinnahmen drohen die Defizitziele in immer weitere Ferne zu rücken. Spaniens Finanzminister hat zuletzt erklärt, er rechne im zweiten Quartal mit einer Vertiefung der Rezession. Angesichts des umfangreichen Sparprogramms stellt sich die Frage, wie schnell Spanien die schwere Rezession, in der es steckt, überwinden kann.
Vor diesem Hintergrund hatten die Finanzminister der Eurozone der Regierung mehr Zeit zur Haushaltssanierung zu geben. Madrid muss erst 2014 das ursprünglich für 2013 gesetzte Defizit-Ziel von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen. Zudem wurde das Defizit-Ziel für 2012 von 5,3 auf 6,3 Prozent angehoben. Spanien ist seit dem Platzen einer Immobilienblase im Jahr 2008 in der Krise. Ende Juni beantragte das Land offiziell Finanzhilfen der Eurozone für seinen angeschlagenen Bankensektor.
Banken in der Pflicht
Unterdessen werden Details des Rettungsplans der Eurozone für Spaniens Banken bekannt. Vor der Auszahlung von Notkrediten aus dem Euro-Rettungsfonds müssen zunächst einmal die Geldhäuser und Investoren selbst einspringen, zitiert die Nachrichtenagentur AFP aus der Vereinbarung über das Hilfsprogramm. "Banken und ihre Aktionäre werden Verluste hinnehmen bevor Staatshilfe gewährt wird", heißt es dort. "Banken, die Staatshilfe erhalten, werden zu den Kosten der Restrukturierung so viel wie möglich mit ihren eigenen Ressourcen beitragen."
Dadurch solle der Beitrag der europäischen Steuerzahler zur Bankenrettung in Spanien klein gehalten werden, heißt es in dem so genannten Memorandum of Understanding. Dafür müssen die Banken etwa Beteiligungen verkaufen und die Auszahlung von Dividenden einstellen. Die spanischen Behörden sollen zudem Gehaltsgrenzen für die Manager sowie Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Banken durchsetzen, die Finanzhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten.
Spanien und die anderen 16 Euro-Länder hatten sich in einer Sitzung der Finanzminister in der Nacht zum Dienstag grundsätzlich auf das Hilfsprogramm für den spanischen Bankensektor geeinigt. Bevor das über 18 Monate laufende Programm am 20. Juli endgültig beschlossen werden soll, müssen in einigen Ländern wie in Deutschland die Parlamente zustimmen.
Die Vereinbarung sieht Finanzspritzen für die spanischen Banken in Höhe von bis zu 100 Mrd. Euro vor, die erste Rate über 30 Mrd. Euro soll bereits bis Ende Juli überwiesen werden. Das Geld geht an den nationalen spanischen Bankenrettungsfonds FROB, der es an die bedürftigen Banken weitergibt.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ/AFP/dpa