Wirtschaft

Griechische Nerven liegen blank Staatschef beschimpft Schäuble

Karolos Papoulias weist die deutsche Kritik an Griechenland in aller Schärfe zurück.

Karolos Papoulias weist die deutsche Kritik an Griechenland in aller Schärfe zurück.

(Foto: dpa)

In Krisenzeiten verzeichten verantwortlichen Politiker mitunter auf diplomatische Zurückhaltung. So greift Griechenlands Präsident Papoulias in ungewohnt scharfer Form Bundesfinanzminister Schäuble sowie die Regierungen der Niederlande und Finnlands an. Zum Glück für Athen wird auch Politik gemacht. Stück für Stück arbeitet man die Forderungen der Geldgeber ab.

Wolfgang Schäuble sprach von einem Fass ohne Boden.

Wolfgang Schäuble sprach von einem Fass ohne Boden.

(Foto: dpa)

Wegen ihrer harten Haltung im Umgang mit Griechenland hat sich der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die Niederlande und Finnland vorgenommen. "Ich akzeptiere nicht, dass Herr Schäuble mein Land verhöhnt, als Grieche akzeptiere ich das nicht", sagte Papoulias während eines Besuchs im Verteidigungsministerium in Athen. "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt? Wer sind die Niederländer? Wer sind die Finnen?", fügte das 82-jährige Staatsoberhaupt hinzu.

"Wir waren stets stolz nicht nur auf die Verteidigung unserer Freiheit, sondern auch auf diejenige Europas", bemerkte Papoulias, der in jungen Jahren gegen die deutschen Besatzer Griechenlands kämpfte, später in München und Köln Jura studierte und fließend Deutsch spricht.

Schäuble hatte zuvor erklärt, die Euro-Länder seien weiterhin bereit, das hochverschuldete Griechenland zu unterstützen. Allerdings könnten sie "nicht in ein Fass ohne Boden schütten", sagte er im SWR vor einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister über Griechenland. Die Niederlande und Finnland gelten innerhalb der Eurozone ebenfalls als Vertreter einer harten Linie gegenüber Griechenland.

Griechenland bewegt sich

Die griechische Regierung arbeitet mit kleinen Schritten den Forderungskatalog der internationalen Geldgeber ab. Die Chefs der Regierungsparteien Pasok und Nea Dimokratia (ND), Giorgos Papandreou und Antonis Samaras, gaben die verlangte Zusicherung, Sparzusagen auch nach den Wahlen im April einzuhalten. Papandreou habe versichert, das Sparprogramm werde in die Tat umgesetzt und werde auch nach den Neuwahlen gelten, teilte das Büro der Sozialisten mit. Zugleich bekannte sich auch der Konservative Samaras, in einem Brief an EU und EZB zum Sparprogramm. Samaras betonte aber auch, sich für Änderungen einzusetzen, die Wachstum förderten.

Evangelos Venizelos beklagt sich bei Papoulias.

Evangelos Venizelos beklagt sich bei Papoulias.

(Foto: REUTERS)

Damit kann Athen eine weitere wichtige Bedingung für die Milliarden-Hilfen abhaken. Am Vorabend hatte der Ministerrat beschlossen, durch Kürzungen im Haushalt verschiedener Ministerien und vor allem von Renten die verlangten, zusätzlichen Einsparungen von 325 Millionen Euro zusammenbringen. Bei dieser Summe handelt es sich um den noch nicht erfüllten Teil des mehr als 3 Milliarden Euro schweren Sparpakets in diesem Jahr.

. Sie hielten dafür eine Telefonkonferenz ab. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos sollte seine Amtskollegen über den Stand der Sparbemühungen informieren. Eine endgültige Entscheidung wird von Diplomaten erst am Montag nächster Woche beim nächsten regulären Treffen der Ressortchefs erwartet.

Venizelos beklagte eine schwindende Unterstützung. "In der Eurozone gibt es manche, die uns nicht mehr haben wollen", sagte er nach offiziellen Angaben dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias. Zum Stand der Verhandlungen über das neue Hilfsprogramm in Höhe von 130 Milliarden Euro für das pleitebedrohte Land sagte Venizelos, der Abschluss sei "sehr schwierig geworden".

Die Bundesregierung wies Spekulationen zurück, sie halte eine Staatspleite für unvermeidbar und akzeptabel. "Ich kann ganz klar für die Bundesregierung sagen, dass diese Gerüchte falsch sind. Eine solche Entscheidung Deutschlands gibt es nicht", stellte Regierungssprecher Steffen Seibert klar. Finanzminister Schäuble hatte zuvor bekräftigt, bevor eine Entscheidung über weitere Milliardenhilfen falle, müssten alle Voraussetzungen erfüllt sein. "Und jetzt muss geprüft werden, ob das der Fall ist. Ich habe Zweifel, ob alle erfüllt sind", sagte der CDU-Politiker.

Offen ist, wann die Absichtserklärung mit Privatgläubigern wie Banken und Versicherungen auf einen Schuldenschnitt bekanntgegeben werden soll. Die Staatsschulden sollen so um rund 100 Milliarden Euro sinken. Eine grundsätzliche Einigung soll es bereits geben, wobei das Ausmaß offen ist. Schäuble betonte, die Verhandlungen seien weit vorangeschritten. Rehns Sprecher sagte: "Die Privatsektorbeteiligung ist eine umfangreiche Operation, sie braucht Zeit."

Zweifel an griechischer Reformfähigkeit

Zuvor hatte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann einer Beteiligung der Notenbanken an einem freiwilligen Schuldenschnitt eine klare Absage erteilt. "Der entscheidende Punkt ist, dass es uns nicht erlaubt ist, auf Forderungen gegenüber einem Staat zu verzichten. Das wäre eine Form der monetären Staatsfinanzierung", sagte er dem "Handelsblatt".

Weidmann äußerte Zweifel an der Reformfähigkeit Griechenlands. "Das, was jetzt entschieden wurde, ist ein wichtiger Schritt. Entscheidend ist am Ende aber die Umsetzung der Maßnahmen, und dafür braucht es eine Verwaltung, die die Maßnahmen umsetzt, und eine Bevölkerung, die sie trägt."

Im EU-Parlament mehren sich Forderungen nach mehr Wachstumsinitiativen für Griechenland - statt das Land "kaputt zu sparen". Die Sozialdemokraten wollen eine eigene Troika von Parlamentariern nach Griechenland schicken, um mit Regierungsvertretern und Gewerkschaftern über ein alternatives Programm zu beraten. Es sollte Vorschläge zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beinhalten.

"Bundestag darf nicht überrumpelt werden"

Angesichts der zähen Verhandlungen kommt im Bundestag Unruhe über den Zeitplan für die Zustimmung zum geplanten Hilfspaket auf. Bislang ist anvisiert, dass die Abgeordneten über das Paket am 27. Februar abstimmen. Zuvor ist eine kurze Beratung in den Fraktionen vorgesehen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hofft, dass in den beiden kommenden Wochen alle Bedingungen erfüllt werden, die "eine Zustimmung des Bundestags ohne weitere Befassung ermöglichen". "Ob die dafür vorgesehene Beratungszeit reichen wird, wird man sehen", sagte der CDU-Politiker der "Financial Times Deutschland".  

Der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann verwies darauf, dass derzeit nicht einmal klar sei, ob über Hilfen von 30, 130 oder 165 Mrd. Euro abgestimmt werden solle. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung schnell Klarheit schafft." Das Parlament werde verantwortungsvoll entscheiden, sagte Oppermann dem "Hamburger Abendblatt". "Aber der Bundestag darf nicht überrumpelt werden."

Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa/rts

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