ACS lockt mit Zuckerbrot Übernahmeangebot für Hochtief
01.12.2010, 19:15 UhrDer spanische Baukonzern ACS hält 30 Prozent an Hochtief. Mehr als 50 Prozent sollen es werden. Mit zahlreichen Zugeständnissen will ACS den Aktionären des deutschen Branchenprimus die Übernahme schmackhaft machen. Aber die bleiben auch nach der Abgabe der offiziellen Offerte skeptisch.
Der spanische Großaktionär ACS hat nach der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde Bafin sein freiwilliges Angebot für Hochtief vorgelegt. Die Konditionen blieben dabei weitgehend unverändert. In den Angebotsunterlagen machte ACS Hochtief und deren Arbeitnehmern eine Reihe von Zusagen, die Befürchtungen, Hochtief werde nach einer Übernahme zerschlagen, zerstreuen soll. Die Hochtief-Aktie legte nach der Veröffentlichung zu.
Wie angekündigt, werden acht eigene für fünf Hochtief-Aktien angeboten, wie Actividades de Construccion y Servicios mitteilte. Die Annahmefrist läuft vom 1. Dezember bis 29. Dezember. Bei einer Verlängerung laufe die weitere Annahmefrist voraussichtlich vom 5. Januar bis 18. Januar. Die Transaktion soll Anfang Februar abgeschlossen sein.
Aufschiebende Bedingungen
Die Offerte steht dabei unter bestimmten aufschiebenden Bedingungen, etwa der Zustimmung der Kartellbehörden oder der Eintrag der geplanten Kapitalerhöhung der Spanier in das entsprechende Handelsregister.
ACS hatte die Offerte Mitte September angekündigt. Dabei strebt der spanische Baukonzern lediglich die Aufstockung seiner Beteiligung von knapp 30 Prozent auf mehr als 50 Prozent an, eine Komplettübernahme bzw. ein Squeeze-out ist nicht geplant. Daher bietet ACS auch mit dem gewichteten Durchschnittspreis der drei Monate vor Bekanntwerden des Angebots nur den Mindestpreis ohne Prämie für die Hochtief-Aktionäre. Aktionärsschützer sowie Analysten hatten dies als unattraktiv bezeichnet.
Nach Ablauf der weiteren Annahmefrist kann ACS fehlende Aktien über die Börse zukaufen, ohne ein weiteres Pflichtangebot vorlegen zu müssen.
Aktienleihe ausgeschlossen
ACS ließ sich für die Finanzierung Mitte November eine Kapitalerhöhung von bis zu 50 Prozent genehmigen. Die deutsche Finanzaufsichtsbehörde Bafin hatte dies zur Auflage gemacht. Eingesetzt werden sollen neue Aktien allerdings nur, wenn sie auch benötigt werden. Spanische Kleinaktionäre hatten dabei angekündigt, gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss zu klagen.
Die Spanier wollen für die Offerte zunächst 6 Prozent ihrer selbst gehaltenen Aktien verwenden, mit denen sie 17 Prozent an Hochtief erwerben könnten. Zusätzlich haben die größten Anteilseigner angeboten, ACS - falls nötig - Aktien für ein Hochtief-Gebot zu leihen.
Davon wird ACS jedoch keinen Gebrauch machen. Die Angebotsunterlage sieht die Verwendung eigener Aktien bis zu einer Andienungsquote von 16,86% vor. Danach werden neue Aktien ausgegeben. Laut einer ACS-Sprecherin kommt der Konzern damit ebenfalls einer Forderung der BaFin nach.
Hochtief gegen ACS-Versuch
Hochtief lehnt eine Übernahme durch die Spanier ab. In Essen wird befürchtet, der Konzern könne langfristig zerschlagen werden. Arbeitnehmervertreter fürchten einen Arbeitsplatzabbau. In Deutschland sind rund 10.000 Menschen bei Hochtief beschäftigt.
ACS bekräftigte erneut, keinen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag anzustreben. Hochtief solle ein in Deutschland börsennotiertes Unternehmen mit einem erheblichen Streubesitzanteil und Unternehmenszentrale in Essen bleiben.
Viele Zugeständnisse
Auch soll eine Konsolidierung keine nachteiligen Auswirkungen auf die Finanzsituation des Essener Baukonzerns haben. Es finde keine Übertragung von Vermögenswerten statt, auch existierten keine Pläne, die eine Erhöhung der Verschuldung von Hochtief außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zur Folge hätten.
Darüber habe ACS keine Absichten zur Verwendung der Hochtief-Vermögenswerte, hieß es in dem Dokument. Insbesondere sei es nicht beabsichtigt, Hochtief zu veranlassen, sich von Teilaktivitäten zu trennen. Entsprechend habe ACS weder die Absicht, einen Verkauf der Hochtief-Töchter Leighton, Turner oder Flatiron zu veranlassen. Auch eine tatsächliche Übertragung von Vermögenswerten auf ACS werde im Zuge der Konsolidierung nicht stattfinden.
ACS will mit IG Bau sprechen
Für die Arbeitnehmer der Essener soll die Konsolidierung offenbar keine Auswirkungen haben. ACS bekenne sich "vollumfänglich zur deutschen Mitbestimmung sowie zu den Tarif- und Betriebsvereinbarungen", hieß es. Die Transaktion werde keine Änderungen für die Mitarbeiter der Hochtief-Gruppe, ihre Beschäftigungsbedingungen oder die Arbeitnehmer-mitbestimmung zur Folge haben. Dies gelte auch für die unternehmerische Mitbestimmung im Aufsichtsrat von Hochtief.
ACS-Manager Ángel García Altozano sagte während einer Telefonkonferenz, der Konzern werde in Kürze Gespräche mit der Gewerkschaft IG Bau aufnehmen.
Über die weitere Zukunft des Hochtief-Vorstandes, insbesondere des Vorstandsvorsitzenden Herbert Lütkestratkötter, wollte sich Altozano nicht äußern. Dies sei Sache des Aufsichtsrates. In der Angebotsunterlage schrieb ACS, das Unternehmen unterstütze die bisherige Geschäftsstrategie des Vorstands. Unbeschadet der alleinigen Zuständigkeit des Aufsichtsrats hätten die Absichten von ACS "im Hinblick auf die zukünftige Besetzung des Vorstands noch keine konkrete Gestalt angenommen". Dies werde von der weiteren Entwicklung in den nächsten Wochen und der Möglichkeit, sich mit den gegenwärtigen Mitgliedern des Vorstands und dem Aufsichtsrat zu besprechen, abhängen.
Höhere Ergebniskennziffern
Im Gegenzug zählte ACS die Vorteile auf, die dem Konzern aus einer Konsolidierung erwachsen. So erhöhten sich Bilanzsumme und Eigenkapital der Spanier, die Nettoverschuldung von derzeit rund 9 Mrd. Euro werde durch den geringeren Verschuldungsgrad von Hochtief sinken. EBITDA und Ebit würden sich erhöhen.
ACS sei überzeugt, durch die verbesserten Finanzkennzahlen größere Aufmerksamkeit an den internationalen Finanzmärkten zu genießen und Eigen- und Fremdkapital in Zukunft einfacher und zu günstigeren Konditionen aufnehmen zu können. Dies werde ACS und auch Hochtief im Hinblick auf große Infrastrukturprojekte helfen, bei denen nur Gesellschaften berücksichtigt würden, die eine sehr solide Bilanz aufwiesen und zur Finanzierung großer Projekte mit Eigen- und Fremdmitteln in der Lage seien.
Hochtief-Aktie legt zu
Hochtief wollte zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben und verwies auf die Aussagen des Vortages, nach denen Vorstand und Aufsichtsrat das Angebot prüfen und danach eine Empfehlung für die Aktionäre abgeben würden. Dem Konzern werden von Marktbeobachtern nur noch geringe Chancen eingeräumt, eine Übernahme zu verhindern.
Die Hochtief-Aktie beendete den Handel bei 58,19 Euro, ein Plus von 2 Prozent. Der Preis liegt deutlich über dem von der Bafin festgestellten und für das Angebot relevanten durchschnittskurs von 50,97 Euro. ACS schloss bei 34,55 Euro, ein Kursplus von 2,1 Prozent.
Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts