Plattner stärkt SAP Dax bleibt schwach
09.10.2002, 20:20 UhrAuch den fünften Tag in Folge schloss der Dax in der Minuszone. Angeführt von Verlusten im Automobil- und Finanzsektor rutschte das Börsenbarometer zeitweise auf den tiefsten Stand seit Anfang September 1996. Deutliche Pluszeichen verbuchte neben SAP allein die Aktie der Commerzbank. Der Dax fiel 0,9 Prozent auf 2.598 Punkte.
In den vergangenen zwölf Monaten hat der Dax damit rund 50 Prozent an Wert verloren und sich damit so schlecht wie kein anderer der wichtigen Börsenindizes entwickelt. Die Stimmung sei auch weiterhin schlecht und bleibe schlecht, so ein Händler. Es gebe außer kleinen Lichtblicken von dem einen oder anderen Unternehmen nichts, was einen langfristigen Anstieg der Kurse rechtfertigen würde. Wenn der Dax durch die Marke von 2.500 Punkten breche, sei auch die 2.000-Punkte-Marke nicht mehr sicher, so die Befürchtung der Marktteilnehmer.
Für SAP sprang der Chef Hasso Plattner nun selbst in die Bresche und half dem Aktienkurs auf die Sprünge. „Die Analysten liegen so grottenfalsch, dass ich mich wundere, wieso sich professionelle Anleger nach ihnen richten“, so Plattner in einem Zeitungsinterview. Die Äußerungen Plattners wurden zunächst als Kritik des SAP-Chefs an den negativen Erwartungen der Analysten zum dritten Quartal und zum laufenden Geschäftsjahr interpretiert. Das wurde von einem SAP-Sprecher jedoch korrigiert: Plattner habe sich auf Abweichungen zu den Prognosen in der Vergangenheit bezogen und nicht auf die aktuellen Umfragen, hieß es. Trotz dieses "Rückziehers" schoss die SAP-Aktie kräftig nach oben und legte knapp 10 Prozent auf 47,57 Euro zu. Die Commerzbank stufte die SAP-Aktie unterdessen auf „halten“ von zuvor „reduzieren“ nach oben.
Auch die Commerzbank setzte zum "Turnaround " an. Nach deutlichen Verlusten am Vormittag drehte das Papier im Handelsverlauf mit 9,6 Prozent auf 5,81 Euro ins Plus. Das Kreditinstitut hatte zuvor den Bericht eines Anlegermagazins dementiert, wonach die Bank sämtliche neu vergebenen Kredite der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Gegenzeichnung vorlegen muss. Grund sei die zu geringe Eigenkapitalausstattung der Commerzbank, so der Bericht. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht untersucht nach eigenen Angaben mögliche Falschmeldungen über die Commerzbank und deren Auswirkungen auf den Aktienkurs der Bank. In den vergangenen Tagen war in Medienberichten über eine Liquiditätskrise bei der Commerzbank spekuliert worden.
Auch bei anderen Finanzwerten sah es nicht mehr ganz so finster aus. Die HypoVereinsbank schaffte ein Plus von 1,5 Prozent auf 11,92 Euro, die Deutsche Bank verkleinerte die Minuszeichen im Tagesverlauf von rund 5 Prozent auf nur noch 0,5 Prozent und schloss bei 37,53 Euro. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank und Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Rolf Breuer, sagte, es gebe keine Krise im deutschen Bankensystems. Auch gebe es keinen Anlass eine Liquiditätskrise zu befürchten.
Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) sieht die wirtschaftliche Lage im deutschen Bankensektor derzeit nicht als zugespitzt an und hält die Kursverluste an den Börsen für übertrieben. Die Liquidität werde von den maßgeblichen deutschen Banken professionell gemanagt, es gebe keinen Anlass zu bankaufsichtlicher Sorge, sagte BAFin-Vize-Präsident Karl-Burkhard Caspari.
Einen Erfolg verbuchte MLP. Der Börsendienst "Prior" darf nach Angaben des Finanzdienstleisters nicht mehr behaupten, dessen Gründer Manfred Lautenschläger habe zum Nutzen des Heidelberger Unternehmens eine fingierte Lebensversicherung abgeschlossen. Lautenschläger habe beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung erwirkt, hieß es. Der MLP-Mitbegründer bezeichnete die Behauptung erneut als "ungeheuerlich und abstrus" und kündigte weitere rechtliche Schritte an. Die MLP-Aktie legte 3,4 Prozent auf 6,33 Euro zu.
Die Deutsche Telekom will in den kommenden drei Jahren konzernweit 46.000 Arbeitsplätze streichen. Das sind erheblich mehr als bislang bekannt. Einen entsprechenden Zeitungsbericht bestätigte Konzernsprecher Ulrich Lissek am Dienstagabend in Bonn in weiten Teilen. Damit muss jeder fünfte Telekom-Mitarbeiter mit seiner Entlassung rechnen. Die T-Aktie legte knapp 1 Prozent auf 8,89 Euro zu. Unterdessen haben die Gewerkschaft ver.di und der Gesamtbetriebsrat der Deutschen Telekom entscheidenen Widerstand gegen die Unternehmenspläne zum Abbau von bis zu einem ünftel der Belegschaft angekündigt.
Schwer unter die Räder kamen am Mittwoch die Autowerte. Volkswagen will die Weihnachtsferien in seinem Wolfsburger Werk in die ersten beiden Januar-Wochen verlängern. Ein Sprecher des Autobauers sagte es gebe keine konjunkturbedingte Gründe für den Schritt, in Zeitungsberichten wurde allerdings die lahmende Autokonjunktur und der schleppende Absatz des Golf als Hintergrund genannt. Für die Aktie ging es 6,4 Prozent auf 32,96 Euro nach unten. Auch DaimlerChrysler präsentierte sich schwach, die Aktie fiel 5,3 Prozent auf 31,10 Euro. Die Investmentbank Morgan Stanley hatte zuvor die Gewinnprognose für die Aktie für das Jahr 2003 auf 3,30 Euro von zuvor 3,40 Euro gesenkt. Für BMW ging es 3,5 Prozent auf 29,93 Euro nach unten.
Der Sektor leide vor allem unter einem negativen Kommentar von der Investmentbank Credit Suisse First Boston. Die Analysten senkten Kursziel und Rating von 15 der 17 Werte in dem Segement. Das Branchenrating wurde auf "Market Weight von "Overweight " reduziert. Die deutliche Outperformance der Werte während der vergangenen rund 18 Monate habe wohl ein Ende gefunden, hieß es zur Begründung. Es werde für Autoaktien schwer sein, in den kommenden sechs bis zwölf Monaten weiter den Markt zu übertreffen.
Der Hersteller von passiven Bauelementen, Epcos, will die Verlustzone im laufenden Geschäftsjahr hinter sich lassen. Für das Anfang Oktober begonnene Geschäftsjahr 2002/2003 erwartet die Siemens-Tochter nach Angaben von Konzern-Chef Gerhard Pegam zumindest ein ausgeglichenes Ergebnis. Dies gelte auch dann, wenn die Nachfrage im Markt nicht anziehe. Voraussetzung sei allerdings, dass der Preisverfall in der Branche nicht wieder zunehme. In 2004 sei dann mit einem deutlichen Anziehen des Umsatzes zu rechnen, so Pegam weiter. Die Aktie fiel 1,7 Prozent auf 5,66 Euro.
Der Computerbauer Fujitsu Siemens hat im ersten Halbjahr bei gleichbleibenden Umsätzen einen Verlust von 21 Millionen Euro vor Steuern erwirtschaftet. Einem operativen Gewinn von 2 Millionen Euro stünden Restrukturierungskosten von 23 Millionen Euro gegenüber, so das Joint Venture von Siemens und Fujitsu. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch einen Gewinn von 4 Millionen Euro ausgewiesen. Die Siemens-Aktie legte 1,2 Prozent auf 32,42 Euro zu.
Quelle: ntv.de