Marktberichte

Über 200 Punkte futsch Dax geht in die Binsen

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(Foto: REUTERS)

Die Unsicherheit über den künftigen politischen Kurs in Frankreich und den Niederlanden ziehen den deutschen Aktienmarkt kräftig ins Minus. Darüber hinaus belasten schwache Konjunkturdaten aus Europa und Fernost, die am Markt die Sorge vor einer Aufweichung des Fiskalpakts noch verstärken.

Der mögliche Machtwechsel in Frankreich und die Regierungskrise in den Niederlanden haben am Montag viele Aktienanleger verunsichert. Angesichts der sich eintrübenden Konjunkturaussichten befürchteten sie, dass Europa seinen Sparkurs verlassen könnte. Investmentchef Stewart Richardson von RMG bezeichnete die Gemengelage aus politischer Unsicherheit und wirtschaftlicher Schwäche bereits als "perfekten Sturm".

Der deutsche Leitindex Dax beendete den durchweg schwachen Handelstag mit einem Minus von 3,4 Prozent bei glatt 6523 Punkten. Damit notierte der Dax so tief wie zuletzt Ende Januar. In der Vorwoche war der Markt noch um rund zweieinhalb Prozent gestiegen. Für den MDax ging es um 3,6 Prozent auf 10.270,48 Punkte nach unten. Der TecDax verlor 2,2 Prozent auf 757,64 Punkte.

In den Niederlanden bot Ministerpräsident Mark Rutte Königin Beatrix den Rücktritt der Regierung an. Ob es zu Neuwahlen kommt, sagte Rutte nicht. Die christlich-liberale Minderheitsregierung war am Wochenende mit ihren Sparplänen im Umfang von bis zu 16 Mrd. Euro gescheitert. Das Ende der Koalition birgt für den UniCredit-Anlagestrategen Christian Stocker das Risiko eines erlahmenden europäischen Sparwillens. "Denn bisher waren die Niederlande ein stabiler Partner in der Euro-Zone", fügte er hinzu. "Dies zeigt die Probleme und die wachsenden Spannungen innerhalb der Region." Die Niederlande gehören zu den Eurozonen-Ländern mit einer Top-Bewertung bei den Ratingagenturen. Diese Ländergruppe gilt als wichtigster Verfechter des Fiskalpakts zur Eindämmung der Schuldenkrise.

Deshalb sieht Roger Peeters, Marktanalyst beim Bankhaus Close Brothers Seydler, auch das Ergebnis der ersten Runde im französischen Präsidentenwahl skeptisch. "Wenn der Sozialist Francois Hollande auch in der zweiten Runde gewinnt, könnte das Misstrauen gegenüber dem Euro und den europäischen Märkten weiter wachsen", sagte Peeters. Hollande hatte im Wahlkampf unter anderem angekündigt, den europäischen Fiskalpakt nachverhandeln zu wollen.

Trübe Konjunkturdaten

Zugleich beurteilten die Einkaufsmanager der verarbeitenden Industrie und des Dienstleistungssektors die Aussichten für die Euro-Zone skeptisch. Die beiden Stimmungsbarometer gingen im April überraschend auf 46,0 und 47,9 Punkte zurück. "Die Situation hat sich in der gesamten Region verschlechtert", sagte Chris Williamson, Chef-Analyst des Datenanbieters Markit, der die europäischen Einkaufsmanager zu ihren Konjunktureinschätzungen befragt hatte. "Der Rückgang hat sich zudem in der Peripherie beschleunigt, was zwangsläufig die Bedenken bezüglich der Sparbemühungen verstärken wird."

Auch aus Spanien kamen trübe Nachrichten: Der spanischen Zentralbank zufolge ist das gegen die Schuldenkrise kämpfende Königreich zum Jahresauftakt in die Rezession gerutscht.

In China ist der von HSBC ermittelte vorläufige Einkaufsmanagerindex ist im April zwar leicht gestiegen, liegt mit 49,1 aber bereits den sechsten Monat in Folge unter der Expansionsschwelle von 50. Die Daten sind aber nicht schlecht genug, um Hoffnungen auf mögliche Schritte der chinesischen Notenbank zu schüren. China dürfte kurzfristig keine aggressiveren konjunkturstimulierenden Maßnahmen ergreifen, da der Trend nach oben zeigt, sagt Marktstratege Zhang Gang von Central China Securities. An den asiatischen Börsen ist es daher zu leichten Verlusten gekommen.

Eine gute Nachricht gibt es zwar, doch hilft sie nicht viel: Die Aufstockung der IWF-Mittel auf 430 Mrd. US-Dollar gegen Finanzkrisen bezeichnen Marktteilnehmer als eingepreist. "Das ist im erwarteten Rahmen und kein Durchbruch, das meiste Geld dazu kommt eh aus Europa", sagt ein Analyst.

Alle Dax-Titel verlieren

Die größten 30 Standardwerte am deutschen Aktienmarkt geben nach. Die trüberen Wachstumsaussichten setzten vor allem die konjunkturabhängigen Werte unter Druck. Hierzu gehörte im Dax der Lkw-Bauer MAN, der mit einem Minus von 6,8 Prozent das Schlusslicht markierte. Rechnerisch fällt das Minus jedoch etwas moderater aus, da die Papiere mit einem Dividendenabschlag von 2,30 Euro oder 2,2 Prozent Minus gehandelt wurden.

Der Pharma- und Chemiekonzern Merck schüttete eine Dividende von 1,50 Euro je Aktie aus, das entspricht einem Minus von 1,7 Prozent. Am Ende des Tages schlossen die Papiere jedoch mit einem deutlich größeren Abschlag von 4,7 Prozent.

Darüber hinaus zeigten sich auch das von der Konjunkturentwicklung abhängige Chipunternehmen Infineon schwach, die Aktie verlor 6,6 Prozent. Für HeidelCement ging es um 5,5 Prozent abwärts, Stahlriese ThyssenKrupp ging mit einem Minus von 4,6 Prozent aus dem Handel.

Auch in der zweiten Börsenreihe rasierte die Konjunkturangst bei zyklischen Aktien die Kurse. Größter Verlierer war Gildemeister mit einem Minus von 7,1 Prozent, Deutz verloren 6,5 Prozent, Duerr 6,1 Prozent und Rheinmetall 5,8 Prozent.

Als zyklisches Unternehmen kamen Siemens-Anleger dagegen mit einem dicken blauen Auge davon, ihr Kursminus von 2,5 Prozent fiel unterdurchschnittlich aus. Dafür sorgten positive Quartalszahlen des niederländischen Rivalen Philips.

Daneben zeigten sich auch Finanztitel schwach. Commerzbank gaben 5,6 Prozent nach, für die Deutsche Bank ging es um 4,4 Prozent nach unten. Neben der allgemeinen Schwäche des Sektors in Europa drückte beim Branchenprimus auch eine Meldung auf den Kurs, dass die Deutsche Bank beim hoch verschuldeten Generikahersteller Actavis Abschreibungen von 400 Mio. Euro verbuchen muss. Händler bezeichneten die Meldung jedoch als "nicht neu" und als Einmalbelastung nicht so signifikant.

Analystenlob sorgt für Pluszeichen

Unter den Nebenwerten hielt im MDax die Papiere von Rhön-Klinikum die Fahne hoch. Gegen den allgemein negativen Markttrend stiegen die Aktien um 2,3 Prozent. Zuvor hatten Analysten von HSBC das Kursziel zwar auf 18 Euro gesenkt, ihre Empfehlung "overweight" aber bekräftigt.

Im TecDax stemmten sich die Aktien von Centrotherm mit 7,1 Prozent gegen den Gesamtmarkt. Analysten der Commerzbank erhöhten ihre Einschätzung der Papiere von "Hold" auf "Buy". Auch Analysten von Close Brothers sehen Kurschancen in den Papieren, sie revidierten ihre Einschätzung "Sell" auf "Buy".

Quelle: ntv.de, nne/DJ

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