Draghisch! Euro rutscht unter 1,22
02.08.2012, 18:38 Uhr
Mario Draghi: Viel Worte um Nichts.
(Foto: picture alliance / dpa)
EZB-Präsident Draghi hat den Märkten nichts Greifbares zu bieten. Die Anleger am Devisenmarkt reagieren erwartungsgemäß enttäuscht. Bis zuletzt hatten Spekulationen über neue Maßnahmen der EZB in der europäischen Schuldenkrise den Devisenmarkt angeheizt.
Am Devisenmarkt haben Anleger enttäuscht auf die Erklärungen des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, zu weiteren Maßnahmen im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise reagiert. Als klar wurde, dass die Notenbank nicht sofort mit dem Kauf von Staatsanleihen angeschlagener Eurostaaten beginnt, rutschte der Euro unter die Marke von 1,22 Dollar und erreichte bei 1,2175 Dollar den tiefsten Stand seit einer Woche. Zuvor hatte die EZB den Referenzkurs auf 1,2346 (Mittwoch: 1,2298) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8100 (0,8131) Euro.
Die EZB wird nicht einfach das seit März auf Eis liegende Kaufprogramm für Staatsanleihen reaktivieren. Darauf hatten viele Anleger spekuliert, nachdem Notenbankchef Draghi in der vergangenen Woche mit starken Worten weitere Maßnahmen angedeutet hatte. Nach seinen jüngsten Aussagen wurde jedoch deutlich, dass die Notenbank den Rettungsfonds EFSF bei möglichen Anleihekäufen mit im Boot haben will.
"Draghi hat den Blumenstrauß möglicher Maßnahmen zwar weit aufgefächert, ist Details bislang aber schuldig geblieben. Es sieht ganz so aus, als sei die allenthalben erwartete Enttäuschung Realität geworden", sagt Lutz Karpowitz von der Commerzbank. Der EZB-Chef habe nicht gesagt, was und wann die EZB etwas unternehmen wolle. Der Bund-Future sprang während der Rede Draghis umgekehrt auf Tageshoch.
Andere Marktbeobachter zeigten sich in ersten Einschätzungen jedoch auch deutlich weniger enttäuscht von den Draghi-Aussagen. Der Notenbankchef habe eine "starke Nachricht" gesendet, kommentierte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Der EZB-Chef habe sehr wohl "geliefert". Jetzt müssen aber auch die Regierungen der Eurozone bereit sein, den bereits existierenden Rettungsfonds EFSF bei der Euro-Rettung in Anspruch zu nehmen, sagte Schmieding weiter.
Große Gerüchteküche
Vor der Draghi-Rede hatte der Euro seine Kursgewinne zum Dollar und zum Yen in der Hoffnung auf einen großen Wurf der EZB kräftig bis auf 1,24 Dollar ausgebaut. Ein Marktteilnehmer führte die dynamische Aufwärtsbewegung auf die Meldung zurück, dass sich der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager gegen eine Banklizenz für den ESM ausgesprochen hat. "Stattdessen favorisiert der Finanzminister Käufe der Staatsanleihen durch die EZB und den EFSF. Das stützt den Euro kräftig", sagte der Beobachter.
Das "Timing" der Meldung unmittelbar vor den Aussagen des EZB-Präsidenten Draghi schürte die Spekulation, dass auch Draghi eben diese Maßnahmen in Aussicht stellen würde. Auffällig war, dass die Gemeinschaftswährung nicht nur zu US-Dollar und Yen zulegte, sondern auf breiter Währungsfront, so auch zum Pfund Sterling, Kanada- und Australien-Dollar, schwedischer und norwegischer Krone.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts