Gerüchte um IBM US-Börsen unter Druck
15.02.2002, 22:20 UhrDie amerikanischen Börsen präsentierten sich am Freitag mit deutlichen Abschlägen. Der Grund ist nicht neu: Händler verwiesen auf anhaltende Sorgen der Investoren um undurchsichtige Bilanzierungspraktiken. Außerdem belasteten neue Konjunkturdaten die Stimmung. Der Dow Jones schloss mit einem Abschlag von 1,0 Prozent bei 9903 Punkten. Die Nasdaq verlor 2,1 Prozent auf 1805 Zähler.
"Es gibt keinen echten Katalysator für einen Aufschwung, die Skandale setzen sich hingegen fort", beschreibt Charles Payne, Analyst bei Wall Street Strategies, die Lage. Erneut waren es wieder Spekulationen um unsaubere Bilanzen, die das Handelsgeschehen belasteten.
Betroffen davon war zum Beispiel der Computerriese IBM. Wie die New York Times am Freitag berichtete, habe IBM die 300 Millionen Dollar Einnahmen aus dem Verkauf seiner Optiktochter an JDS Uniphase nicht ordnungsgemäß angegeben. Aber genau dieser Betrag habe letztlich dazu geführt, dass der Konzern die Analystenerwartungen für das abgelaufene Quartal erfüllt hatte. IBM bestreitet die Vorwürfe und verweist dazu auf zwei Pressemitteilungen von JDS Uniphase, die die strittigen Fakten enthielten. Das Anlegervertrauen ist dennoch empfindlich gestört: der Kurs brach um 4,6 Prozent auf 102,89 Dollar ein.
Beim Hersteller von Graphikchips NVidia ermittelt sogar die US-Börsenaufsicht SEC. Der Anlass reicht bis in den November 2001 zurück. Damals waren erste Verdachtsmomente zu Insidergeschäften aufgekommen. Jetzt scheinen auch die Bilanzen faul zu sein. Wie NVidia mitteilte, prüft die SEC gerade Buchungsdetails von mehreren Kostenposten im Jahr 2001. Dies stellt die recht guten Quartalszahlen, die das Unternehmen am Donnerstag nachbörslich meldete, in den Schatten. Der Kurs brach um 7,7 Prozent auf 57,35 Dollar ein.
Auch bei Worldcom zeichnet sich ein kleiner Skandal ab. Das Unternehmen hat einem Zeitungsbericht zufolge drei Verkaufsmitarbeiter suspendiert. Ihnen wird vorgeworfen, unrechtmäßig Verkaufsprovisionen für sich verbucht zu haben. Der mutmaßliche Schaden beläuft sich auf bis zu vier Millionen Dollar. Obwohl sich die Vorgänge nicht auf das Unternehmensergebnis auswirken dürften, geriet der Kurs unter Druck: ein Minus von 5,5 Prozent auf 6,73 Dollar.
Halliburton hat einen Teilerfolg in den laufenden Asbestverfahren erreicht. Ein Konkursgericht hat eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der die laufenden Klagen gegen die Tochter Dresser Industries vorläufig auf Eis gelegt werden. Die Verfügung ist vorläufig und gilt erst einmal bis zur nächsten Anhörung, die in den kommenden zwei Wochen stattfinden wird. Auf alle Fälle verschafft sie Halliburton finanziell wieder ein wenig Luft, und das honorierte die Börse: ein Plus von 11,0 Prozent auf 16,27 Dollar.
Qwest Communications verloren zunächst kräftig, nachdem drei Rating-Agenturen das Unternehmen herabgestuft hatten. In einem Schlussspurt drehte die Aktie dann aber doch noch ins Plus und schloss mit einem Gewinn von 0,9 Prozent bei 7,56 Dollar. Dell gingen nach einem Ergebnis im Rahmen der Erwartungen und einem schwachen Ausblick für die Computerbranche mit 4,5 Prozent Minus bei 25,60 Dollar aus dem Handel.
Eine überaus erfolgreiche Neuemission hat der Anbieter von Online-Zahlungssystemen Paypal aufs Parkett der Nasdaq gelegt. Die Aktien wurden zu 13 Dollar in der Mitte der Bookbuildingspanne ausgegeben und stiegen in der Spitze bis auf über 22 Dollar. Schlussstand: 20,09 Dollar, ein Plus von 54,5 Prozent.
Das US-Arbeitsministerium meldete am Freitag einen Anstieg der US-Erzeugerpreise im Januar 2002 gegenüber dem Vormonat um 0,1 Prozent. Volkswirte hatten mit einem höheren Anstieg von 0,3 Prozent gerechnet. Ohne Berückstichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen gingen die Preise um 0,1 Prozent zurück. Von Januar 2001 bis Januar 2002 stiegen sie insgesamt um 2,6 Prozent, was dem stärksten Anstieg seit über 50 Jahren entspricht.
Die Industrieproduktion verringerte sich im Januar wie erwartet um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat und sank damit den sechsten Monat in Folge. Die Kapazitätsauslastung fiel seit Dezember um 0,2 Prozentpunkte auf 74,2 Prozent und ist damit so schlecht wie seit 1983 nicht mehr.
Für eine negative Überraschung sorgte die Entwicklung des Verbrauchervertrauens. Der von der Universität Michigan ermittelte Index, der das Vertrauen der US-Verbraucher in die Wirtschaftsentwicklung ihres Landes misst, sank im Februar auf 90,0 Punkte. Im Januar hatte er sich mit 93 Punkten überraschend stark gezeigt, doch Volkswirte hatten auch für Februar zumindest mit einer leichten Verbesserung gerechnet. Der Michigan-Index gilt als vorauslaufender Indikator dafür, wie sich die Konsumausgaben der Amerikaner entwickeln.
Quelle: ntv.de