Aufgeblähte Bilanzen Internet-Star muss in Haft
16.03.2007, 16:33 UhrIn dem spektakulärsten Fall von Wirtschaftskriminalität in Japan ist der einst gefeierte Internet-Unternehmer Takafumi Horie zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Mit ihrem Urteil gegen den jungen Manager-Rebellen statuierten die Richter am Freitag ein Exempel, da reuige Konzernmanager bei Wirtschaftsvergehen in Japan meist mit Bewährungsstrafen davonkommen. Der 34-jährige Horie beteuerte vor Gericht jedoch beharrlich seine Unschuld und verwirkte damit offensichtlich die Aussicht auf ein milderes Urteil.
"Wenn er einfach seinen Mund gehalten und wie ein 'guter Japaner' Reue gezeigt hätte, wäre er wohl nicht so hart bestraft worden", kommentierte Prozessbeobachter Keith Henry von der Unternehmensberatung Asia Strategy das Urteil. Während des Prozesses habe Horie die Schuld an Bilanzmanipulationen bei seiner Internet-Firma Livedoor jedoch Finanzvorstand Ryoji Miyauchi in die Schuhe geschoben. Konkret lautete der Schuldspruch auf Verstöße gegen das Wertpapiergesetz.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigte Horie, seine Mitarbeiter zu den Manipulationen angehalten zu haben. Deshalb hätten sie Umsatz und Gewinn der Firma um Millionenbeträge aufgebläht und den Aktienkurs durch eine vorgetäuschte Akquisition manipuliert. Miyauchi und weitere Ex-Manager haben ausgesagt, Horie über die dubiosen Bilanzpraktiken informiert zu haben. Der Angeklagte hielt im Prozess dagegen: "Ich habe nie Rechnungswesen studiert."
Mit seinem rasanten Aufstieg war der Studienabbrecher Horie nicht nur zu einem der erfolgreichsten Unternehmer des Landes, sondern auch zu einer Symbolfigur des dynamischen "Neuen Japan" geworden. Mit einem Startkapital von umgerechnet knapp 40.000 Euro erreichte Hories Internet-Unternehmen einen Marktwert von rund 4,5 Mrd. Euro. Der extravagante Lebensstil des japanischen Enfant terrible sorgte auch in der Boulevardpresse für Schlagzeilen und bescherte ihm viele jüngere Fans in der Bevölkerung. "Ich mochte ihn. Alle Manager tragen Anzüge, doch Horie kam immer im T-Shirt daher", sagte die 25-jährige Michiko Hikosaka vor dem Gerichtsgebäude in Tokio.
Von dort berichteten zahlreiche Fernsehsender live über das Ende des Prozesses. Die Berichterstattung trieb dabei teils seltsame Blüten: Als Horie vor der Urteilsverkündung den Richter um eine Toilettenpause bat, eilten die Reporter aus dem Gerichtssaal zu ihren Übertragungswagen, um dies als neueste Nachricht zu präsentieren. Nach dem Urteil zeigte sich Horie selbstbewusst: "Wir werden kämpfen und in Berufung gehen." Gegen eine Kaution von rund 3,2 Mio. Euro bleibt er zunächst auf freiem Fuß.
Der Skandal um gefälschte Geschäftszahlen und manipulierte Aktienkurse beim New-Economy-Konzern Livedoor hatte im vergangenen Jahr das Vertrauen der Anleger erschüttert und Japans Börse kurzzeitig ins Chaos gestürzt. Eine Razzia der Staatsanwaltschaft bei Livedoor Anfang 2006 führte zu panikartigen Verkäufen und massiven Verlusten am Aktienmarkt in Tokio.
Im Zuge der Affäre trat auch Japans bekanntester Fondsmanager Yoshiaki Murakami wegen Insidergeschäften zurück. Da der japanische Notenbankchef Toshihiko Fukui in den Murakami-Fonds investiert hatte, geriet auch er unter Druck. Der Oberste Währungshüter zeigte sich im Gegensatz zu Horie voller Reue, schloss einen Rücktritt jedoch aus.
von Jonathan Soble, Reuters
Quelle: ntv.de