Vertrauensfrage bei BayernLB Kemmer vor Ablösung?
23.10.2008, 11:18 UhrNach massiver Kritik aus der Politik hat der gesamte Vorstand der schwer angeschlagenen BayernLB dem Verwaltungsrat die Vertrauensfrage gestellt und Gespräche über seine weitere Arbeit angeboten. Das uneingeschränkte Vertrauen des Verwaltungsrats und der Anteilseigner der BayernLB sei unabdingbare Voraussetzung für ihre weitere Arbeit, schrieben Vorstandschef Michael Kemmer und die weiteren fünf Vorstandsmitglieder in einem Brief an den scheidenden bayerischen Finanzminister Erwin Huber (CSU) als Vorsitzendem des Kontrollgremiums.
"Sollte dieses Vertrauen nicht mehr gegeben sein, steht der Vorstand selbstverständlich für Gespräche über die sich daraus ergebenden Folgerungen zur Verfügung", heißt es in dem Schreiben. Der Vorstand reagiert damit auf Äußerungen des designierten bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der am Dienstag der amtierenden Regierung nahegelegt hatte, Gespräche mit den Verantwortlichen der Landesbank über ihre persönliche Verantwortung zu führen. Huber hatte dies Kemmer am Dienstagabend telefonisch mitgeteilt. Nach Beratungen mit seinen Vorstandskollegen verfasste die BayernLB-Spitze das Schreiben an Huber.
Der Verwaltungsrat der krisengeschüttelten Bank wird voraussichtlich noch an diesem Donnerstagabend über die möglichen personellen Konsequenzen aus dem Milliardendesaster beraten. Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks wird bei der Sitzung der Rücktritt Kemmers erwartet. Dies hätten mehrere Mitglieder der CSU-Landtagsfraktion dem Sender gesagt. "Es kann nicht sein, dass Erwin Huber die alleinige Verantwortung übernimmt", hieß es.
Kapitalbedarf von 6,4 Milliarden Euro
Huber selbst hatte bereits am Dienstag als Konsequenz aus dem Debakel bei der BayernLB seinen Rückzug angekündigt. Der scheidende Finanzminister verwahrt sich jedoch gegen Vorwürfe, vor der Landtagswahl Zahlen zu den Milliarden-Belastungen der BayernLB absichtlich vertuscht zu haben. "Ich weise diesen Vorwurf als falsch zurück", sagte Huber in einer Landtagsdebatte über die Milliarden-Krise der Landesbank. Ihm seien zwar deren Wochenberichte zugegangen. Darin seien seit Ende August meist nur zweistellige Millionen-Belastungen aufgeführt gewesen. Erst am 9. Oktober sei von 3,65 Mrd. Euro die Rede gewesen, am 21. Oktober dann von 6,4 Mrd. "Innerhalb von 12 Tagen haben sich die Zahlen, die uns der Vorstand vorgelegt hat, um 2,8 Mrd. Euro erhöht." Huber nannte es "unredlich", die ganze Schuld "auf einem Landesfinanzminister" abzuladen. Vielmehr habe der Bankvorstand die "erste Verantwortung".
Die BayernLB hat zuvor einen Kapitalbedarf von 6,4 Mrd. Euro eingeräumt und muss als erste Bank auf das Rettungspaket der Bundesregierung zurückgreifen. CSU und FDP in Bayern mussten ihre Koalitionsverhandlungen wegen der Misere bei der BayernLB verschieben. Sie machten Kemmer in den vergangenen Tagen schwere Vorwürfe, weil er in einem Krisengespräch am Samstag keine konkreten Informationen geliefert hatte. Die BayernLB ist die zweitgrößte Landesbank in Deutschland und gehört jeweils zur Hälfte der bayerischen Staatsregierung und den Sparkassen.
Auch der bayerische Sparkassenpräsident Siegfried Naser gerät zunehmend unter Druck. "Es kann nicht bei einer personellen Entscheidung bleiben", sagte FDP-Fraktionschef Martin Zeil zum Rückzug von Huber. Zeil bezog seine Forderung ausdrücklich auf andere Mitglieder des Verwaltungsrats auch auf der Sparkassenseite.
Fusion mit LBBW gebremst
Die Diskussion über eine Fusion der BayernLB mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist durch die aktuellen Probleme gebremst. Der bayerische Städtetagsvorsitzende Hans Schaidinger (CSU) hält einen schnellen Zusammenschluss der BayernLB mit einem anderen Institut derzeit für ausgeschlossen. "Eine schnelle Fusion wird es jetzt nicht geben", sagte Schaidinger, der dem Verwaltungsrat der BayernLB angehört. Das 6,4 Mrd. Euro umfassende Rettungskonzept biete jedoch die Möglichkeit, die Bank "in eine neue Struktur zu überführen". Berichten zufolge sollen 5,4 Mrd. Euro aus dem staatlichen Rettungstopf kommen.
Schaidinger schloss wegen der unsicheren Lage auf dem internationalen Finanzmarkt aber neue Löcher nicht aus. "Was in einem Monat ist, weiß ich nicht." Auch BayernLB-Chef Kemmer sieht keinen schnellen Zusammenschluss mit der LBBW. Die Bank prüfe zwar auch das Thema Fusion, hatte Kemmer dem "Handelsblatt" gesagt. Das stehe aber momentan nicht auf der Tagesordnung.
DKB-Kunden können ruhig schlafen
Von den Turbulenzen bei der BayernLB sind die Kunden der Deutschen Kreditbank (DKB) nach Angaben des Instituts nicht betroffen. "Wir sind selbst nicht in den Märkten engagiert, um die es geht", sagte eine Sprecherin der DKB, einer hundertprozentigen BayernLB-Tochter. Das Geld auf den Konten der DKB sei sicher. Die BayernLB schloss einen Verkauf der DKB aus.
Die Bank gehöre dem Einlagensicherungsfonds der öffentlichen Banken an, sagte die Sprecherin. Damit seien die Guthaben "grundsätzlich unbeschränkt" garantiert. Zudem gilt auch die Garantie-Erklärung der Bundesregierung für das Institut. Die Deutsche Kreditbank hat in den vergangenen Jahren großen Zulauf verzeichnet und hat inzwischen 1,5 Mio. Kunden in Deutschland. Die Kunden entscheiden sich dabei vor allem für das Girokonto des Instituts. Bei dem Konto ist es möglich, an jedem Bankautomaten im In- und Ausland gebührenfrei abzuheben. Die DKB ging 1990 aus der Staatsbank der DDR hervor. Seit 1995 ist sie eine Tochter der BayernLB.
Quelle: ntv.de