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KfW in der VerlustzoneMatthäus-Maier gibt auf

07.04.2008, 18:29 Uhr

Die Chefin der staatlichen KfW-Bankengruppe, Ingrid Matthäus-Maier, tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Die Vorstandssprecherin zieht damit die Konsequenzen aus dem Debakel bei der Mittelstandsbank IKB. Wegen der Stützungsmaßnahmen muss die KfW für 2007 eine Wertberichtigung in Höhe von 1,8 Mrd. Euro vornehmen.

Die staatliche KfW-Bankengruppe ist wegen der Auswirkungen der Krise bei der Mittelstandsbank IKB tief in die Verlustzone gerutscht. Nach einer Neubewertung ihrer Anlagen sei für 2007 Jahr ein Minus nach Internationalem Rechnungslegungsstandard (IFRS) von 6,2 Mrd. Euro angefallen, sagte der Verwaltungsratschef und Wirtschaftsminister Michael Glos.

Nach deutschem Handelsrecht habe das Minus eine Volumen von 1,4 Mrd. Euro erreicht. Grund für Bewertungskorrekturen sei der Eintritt der Staatsbank in die IKB-Zweckgesellschaft Rhineland Funding. Die KfW hatte die Zweckgesellschaft der IKB im Zuge der Stützungsaktionen in die eigenen Bücher genommen. Diese Papiere hätten zum 31. 12. 2007 neu bewertet werden müssen, wobei ein Wertberichtigungsbedarf bei der KfW von 1,8 Mrd. Euro entstanden sei.

Ohne die Belastungen durch die IKB und Abschreibungen auf den Anteil der IKB bei der Staatsbank hätte die KfW einen Gewinn von rund einer Milliarde Euro erzielt, sagte Glos. Finanzminister Peer Steinbrück erklärte, die KfW werde die Verluste auf neue Rechnung vortragen und mit künftigen Gewinnen verrechnen. Deshalb werde der Bundeshaushalt von dem Minus nicht berührt.

Insgesamt hat die IKB-Krise bei der KfW nach eigenen Angaben bislang zu Belastungen von 7,2 Mrd. Euro geführt. Davon entfielen 6,8 Mrd. Euro auf verschiedene Instrumente der Risikoabschirmung. 400 Mio. Euro seien Abschreibungen auf den Anteil der KfW an der IKB.

Die staatliche KfW ist mit 43 Prozent Mehrheitseigentümerin der Düsseldorfer IKB. Die Mittelstandsbank hatte sich bei Geschäften mit faulen Krediten verspekuliert. Das Geschäftsergebnis sei 2007 "maßgeblich durch die Risikoabschirmungsmaßnahmen für die in existenzielle Nöte geratene IKB geprägt" gewesen, teilte die KfW mit.

Überraschender Rücktritt

KfW-Chefin Ingrid Matthäus-Maier tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Die Sprecherin des KfW-Vorstands legt aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Bis September dieses Jahres bleibt die 62-Jährige aber noch im Vorstand der staatlichen Förderbank und geht dann in den Ruhestand, teilte die KfW mit.

"Die Turbulenzen um die Risikoabschirmung der IKB und die andauernde Diskussion um meine Person der vergangenen Monate haben dazu geführt, dass ich mich nicht mehr mit voller gesundheitlicher Kraft meiner Arbeit widmen kann und zudem die KfW immer mehr Schaden nimmt", erklärte Matthäus-Maier. Bis ein Nachfolger gefunden ist, wird KfW-Vorstandsmitglied Wolfgang Kroh das Sprecheramt kommissarisch übernehmen.

Matthäus-Maier wies jegliche Verantwortung für die Krise bei der Mittelstandsbank IKB zurück. In einem Brief an die Mitarbeiter, aus dem die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zitiert, schreibt die KfW-Chefin, ihre Gesundheit sei "durch dauerndes parteipolitisches Trommelfeuer (Ablösung, Rücktritt, Pflichtverletzung)" erheblich beeinträchtigt worden, obwohl "die KfW und gerade ich selbst für die existenzielle Krise der IKB nicht verantwortlich waren und sind".

Verantwortlichkeiten seien bewusst verwischt worden, kritisierte Matthäus-Maier in dem der FAZ vorliegenden Brief. Der Vorstand der KfW sei durch manche Institution der Kreditwirtschaft schlecht geredet worden, die damit von ihrer Mitverantwortung ablenken wollte. Hinzu komme das "Hin und Her zwischen zwei Ministerien" sowie "das offensichtliche Misstrauen von Teilen der Politik gegenüber einer starken Förderbank". Deshalb habe sie "nicht länger die Absicht, den Kopf für Fehler hinzuhalten, die andere gemacht haben".

Beifall von der Union

Matthäus-Maier stand seit Monaten wegen angeblicher Fehler beim Management der IKB-Krise und der Kontrolle der Mittelstandsbank in der Kritik. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs kritisierte im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau": "Die Einsicht hätten früher kommen müssen." Der Rücktritt von Matthäus-Maier sei ein überfälliger Schritt.

Der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke, kommentierte den Rücktritt von Matthäus-Maier mit den Worten: "Im Endeffekt zeigt das, dass das ganze Konstrukt KfW/IKB jetzt voll vor die Wand gefahren ist". Der FDP-Politiker warnte, Matthäus-Maier nun zur Alleinschuldigen zu machen. Die politische Verantwortung liege bei der Regierung, speziell dem Finanz- und Wirtschaftsministerium.

Matthäus-Maier stand seit Oktober 2006 als Sprecherin des Vorstands an der Spitze des staatlichen Förderbank KfW. In den Vorstand des Instituts war die 62-jährige verheiratete Juristin, Mutter von zwei Kindern, 1999 eingerückt. Bis dahin gehörte sie, zunächst als FDP-Abgeordnete, später als sozialdemokratische Parlamentarierin seit 1976 mit kurzer Unterbrechung dem Deutschen Bundestag an. Dabei machte sie sich vor allem als Haushalts- und Finanzpolitikerin einen Namen. Sie war in dieser Funktion über lange Jahre die Hauptkontrahentin des damaligen Finanzministers Theo Waigel in der Opposition.

Zielscheibe für Kritik

Für Kritik hatte Matthäus-Maier, auch aufseiten ihrer sozialdemokratischen Parteifreunde, gesorgt, als sie selbst auf dem Höhepunkt der IKB-Krise die Frage nach einer Verlängerung ihres Mandats als KfW-Chefin aufgeworfen hatte. Sowohl Verwaltungsratschef Michael Glos (CSU) als auch sein Stellvertreter, Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), hatten dies mit der Begründung zurückgewiesen, dass es für eine Entscheidung dazu momentan nicht der geeignete Zeitpunkt sei. Matthäus-Maier hatte dies möglicherweise als Misstrauensvotum betrachtet.

Die staatliche Förderbank ist mit inzwischen 45 Prozent der größte Einzelaktionär der IKB. Nach der noch ausstehenden Kapitalerhöhung werden über 90 Prozent bei der KfW liegen. Die IKB wird damit faktisch zu einer Staatsbank. Seit einigen Wochen laufen Bemühungen, die IKB zu verkaufen. Allerdings gibt es auch innerhalb der großen Koalition inzwischen Stimmen, die eine Aussetzung der Transaktion fordern, weil diese derzeit kaum angemessene Erlöse bringen werde.

Nachfolgeregelung

Nachfolger der zurückgetretenen KfW-Chefin soll nach dem Willen von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ein gestandener Banker werden. "Es wird ein Profi sein müssen, wo der Sachverstand eine Rolle spielt und nicht die Politik", forderte Steinbrück am Rande einer Veranstaltung in Frankfurt. Ein geordnetes Verfahren zur Suche des Nachfolgers werde so schnell wie möglich beginnen.