Der Milliarden-Deal steht Pfizer übernimmt Wyeth
26.01.2009, 16:27 UhrIn einer der größten Übernahmen der Pharmabranche will der amerikanische Arzneimittelhersteller Pfizer mitten in der Finanzkrise den US-Rivalen Wyeth schlucken. Rund 68 Mrd. Dollar will sich der weltweite Branchenprimus den Zukauf des etwa halb so großen Konkurrenten kosten lassen, wie Pfizer-Chef Jeffrey Kindler ankündigte. Für den New Yorker Konzern wäre dies bereits die dritte Megaübernahme innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf der US-Konzerne Warner-Lambert im Jahr 2000 und Pharmacia drei Jahre später.
Für die Beschäftigten brechen allerdings harte Zeiten an: Fast 20.000 der zusammen etwa 130.000 Arbeitsplätze beider Konzerne sollen im Zuge der Fusion gestrichen werden.
"Der Zusammenschluss von Pfizer und Wyeth ist eine gewaltige Chance, unsere Industrie zu verändern", gab sich Pfizer-Chef Kindler optimistisch. Der Viagra-Hersteller konnte sich trotz der Finanzkrise von einem Bankenkonsortium einen Kreditrahmen von 22,5 Mrd. Dollar sichern. Bislang hatte es im Zuge der Krise mehr Absagen von Fusionen als Neuankündigungen gegeben, da Banken weltweit vor größeren Kreditzusagen zurückschrecken.
Die Übernahme dürfte Pfizer helfen, ein ab 2011 drohendes Umsatzloch in Milliardenhöhe zu stopfen und die Abhängigkeit von wenigen Medikamenten zu verringern. Denn ab 2011 dürfte das Top-Medikament Lipitor, das derzeit allein ein Viertel zum Konzernumsatz von 48 Mrd. Dollar beisteuert, seinen Patentschutz verlieren. Die eigene Forschung hatte bislang nicht zu einem Präparat geführt, das diesen Ausfall ausgleichen könnte.
Zu den Topmedikamenten der in Madison im US-Bundesstaat New Jersey ansässigen Wyeth gehören der Impfstoff Prevnar gegen Infektionen bei Kindern mit einem Jahresumsatz von 2,7 Milliarden Dollar sowie das Antidepressivum Effexor mit 3,9 Milliarden Dollar. Wyeth setzte 2008 insgesamt 22,8 Milliarden Dollar um. Der Konzern steckte zuletzt selbst in Verhandlungen zum Kauf der niederländischen Biotechfirma Crucell. Diese wurden nun abgebrochen.
Transaktion hat Bar- und Aktienkomponente
Den Zukauf will Pfizer bis Ende des dritten oder im Verlauf des vierten Quartals abschließen. Pfizer bietet Wyeth-Aktionären insgesamt 50,19 Dollar je Aktie - davon je 33 Dollar in bar sowie den Rest in Pfizer-Aktien. Basierend auf dem Schlusskurs der Wyeth-Aktie vom Freitag zahlt Pfizer einen Aufschlag von 15 Prozent. Das Geschäft soll bereits ab dem zweiten Jahr nach Abschluss der Transaktion zum Gewinn beisteuern. Bis zum dritten Jahr nach Abschluss erwartet Pfizer insgesamt Einsparungen von vier Mrd. Dollar. Die Aktionäre müssen sich allerdings auch auf Einschnitte bei der Dividende einstellen.
Kindler will mit der Fusion die gefährdete Spitzenposition Pfizers sichern, die der Konzern ebenfalls durch Milliardenzukäufe erreicht hat. Mit dem Kauf von Warner Lambert - mit 88 Milliarden Dollar die bislang teuerste Übernahme in der Branche - kam der Cholesterinsenker Lipitor zu Pfizer. Der 60 Mrd. Dollar schwere Kauf von Pharmacia brachte den Zugriff auf das Schmerzmittel Celebrex. Nach der Übernahme werde Pfizer 17 Medikamente mit Umsätzen von mehr als einer Milliarde Dollar im Jahr haben, kein Medikament solle 2012 mehr als zehn Prozent zum Konzerumsatz beisteuern, hieß es.
Pfizer meldet Gewinnrückgang
Pfizer und Wyeth legten überraschend auch Quartalszahlen vor. Der Branchenprimus musste im vierten Quartal einen drastischen Gewinnrückgang hinnehmen. Der Nettogewinn schrumpfte auf 266 Mio. Dollar, nachdem im Vorjahreszeitraum noch 2,72 Mrd. Dollar zu Buche standen. Pfizer führte dies auf hohe Aufwendungen für die Beilegung gerichtlicher Auseinandersetzungen sowie auf eine höhere Steuerrate zurück. Zudem musste der Konzern für Sparprogramme tief in die Tasche greifen. Der Umsatz sank wegen des Patentverlusts einiger Medikamente um vier Prozent auf 12,3 Milliarden Dollar.
Wyeth setzte im Schlussquartal 5,3 Mrd. Dollar sogar sieben Prozent weniger um als vor Jahresfrist. Ohne Wechselkurseffekte hätte das Minus jedoch nur bei einem Prozent gelegen.
Quelle: ntv.de