Frage & Antwort

Frage & Antwort, Nr. 79 Schwächt ein Windrad den Wind ab?

Ist der Wind hinter einem oder gar mehreren Windrädern schwächer als vor ihnen - wird er also durch die Windräder abgeschwächt? Und wenn ja, wie stark? (fragt Ralf Reimers aus Delbrück)

Susi hat drei Äpfel. Max klaut ihr zwei Äpfel: Jetzt hat Susi nur noch einen Apfel. Eine simple Rechnung, die jeder Erstklässler mit Leichtigkeit meistern sollte. Verhält es sich so – freilich etwas abstrakter - auch mit der Windstärke? Der Wind hat Kraft, das Windrad nimmt dem Wind Kraft, jetzt hat der Wind weniger davon. Eigentlich wäre das nur logisch – denn wenn durch das Windrad Energie gewonnen wird, muss diese ja an anderer Stelle verloren gehen. Oder?

Ein einsames Windrad: Was ist los mit dem Wind dahinter?

Ein einsames Windrad: Was ist los mit dem Wind dahinter?

(Foto: REUTERS)

Diese Frage beantwortet uns Professor Ewald Krämer vom Institut für Aerodynamik und Gasdynamik an der Universität Stuttgart schon im ersten Satz: "Es ist in der Tat so, dass eine Windenergieanlage die Windgeschwindigkeit reduziert. Der Wind wird hinter dem Windrad schwächer." Es gilt hier der Energieerhaltungssatz; dieser besagt, dass die Gesamtenergie in einem geschlossenen System konstant bleibt. Gewinnt also das Kraftwerk die Energie, verliert sie der Wind. Wie mit Susis Äpfeln.

Entscheidend: Der Betzsche Faktor

Der Wind weht also schwächer, nachdem er das Windrad passiert hat. Aber um wie viel schwächer? Bei der zweiten Frage wird's komplizierter, versuchen wir es darum so einfach wie möglich. Der Spezialist für Aerodynamik erklärt uns zunächst, dass ein Windrad dem Wind nie seine gesamte Energie entziehen kann. In der Theorie kann ein Maximum von 59,3 Prozent erreicht werden – die Berechnung dieses so genannten "Betzschen Faktors" bleibt etwas für Fachleute. Eine Effizienz von 100 Prozent bedeutet also eine Ausbeute von knapp zwei Drittel der Windkraft.

Und damit hätte Professor Krämer auch die zweite Frage beantwortet: "Wenn man in der Praxis in die Nähe dieses Faktors kommt, dann wäre es so, dass die Windgeschwindigkeit hinter dem Windrad etwa ein Drittel der Geschwindigkeit vor dem Windrad wäre".

Das ist allerdings der Idealfall, der nur in der Theorie erreicht wird; Faktoren wie ein schräg auftreffender Wind und Energieverluste bei der Umsetzung der mechanischen in elektrische Energie sorgen dafür, dass die meisten modernen Windanlagen eine Effizienz von etwa 90 Prozent aufweisen.

Der "Windparkeffekt"

Wenn mehrere Windkraftanlagen hintereinander stehen, leiden die hinteren unter dem Kraftverlust des Windes, bestätigt der Aerodynamik-Experte. Bei Windparks stehen die Räder deswegen in der Regel versetzt - und sie haben einen Mindestabstand, der von der Größe der Rotorblätter abhängt. Denn nach einer gewissen Strecke gewinnt der Wind hinter dem Windrad wieder an Geschwindigkeit. Nichtsdestotrotz werden die hinteren Windräder in einem Windpark immer eine geringere Leistung haben als die vorderen. Dieses Problem nennt man den "Windparkeffekt".

Quelle: ntv.de

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