Frage & Antwort, Nr. 287 Sind Linkshänder auch Linksfüßer?
13.08.2013, 07:22 Uhr
Linker oder rechter Fuß? Die Mehrzahl der Linkshänder stößt sich beim Rollerfahren mit dem linken Fuß ab.
(Foto: picture alliance / dpa)
Stimmt es, dass bei Linkshändern nicht nur die linke Hand, sondern die gesamte linke Seite dominant und leistungsfähiger ist? Wenn ja, ist das dann bei Rechtshändern auch so? (fragt Liselotte K. aus Mannheim)
"Wenn sich ein Kind, das Linkshänder ist, optimal entwickeln konnte, dann wird es auch linksäugig, linksfüßig und linkshörig sein", erklärt Frank Steinkopf, Pädagoge, Autor und Linkshänderberater. Das bedeutet, dass die linke Seite bei Linkshändern bei anspruchsvollen Tätigkeiten die bevo rzugte und dementsprechend auch leistungsfähigere ist. Forscher haben sogar feststellen können, dass die Knochen der dominanten Hand ein wenig länger sind als die der nichtdominanten.
"Ein Linkshänder wird beispielsweise ohne nachzudenken mit dem linken Auge durch ein Fernrohr, Schlüsselloch oder den Sucher eines Fotoapparates schauen", erklärt der Experte weiter. Aber nicht nur das linke Auge, sondern auch das linke Ohr soll bei mindestens 80 Prozent aller Linkshänder das dominante sein. Linkshänder halten das Telefon bevorzugt an das linke Ohr oder richten bei akustischen Verständigungsschwierigkeiten die linke Seite zur Geräuschquelle.
Die ganze Seite ist dominant

Mit welcher Seite jemand besser hören kann, ist ein Hinweis auf die dominante Seite, aber nur wenn beide Ohren gesund sind.
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Was für Ohr und Auge gilt, trifft auch für die Beine zu. "Linkshänder sind im Normalfall auch Linksfüßer", so Steinkopf. Allerdings sei unsere Rechtshänderwelt auch eine Welt der Rechtsfüßer. Sowohl im Sportunterricht als auch beim Fußballtraining werden Techniken rechtsfüßig gelehrt und das gleichwertige Training mit dem linken Bein wird einfach "vergessen". Nur einige wenige Trainer oder Lehrer vermitteln und trainieren die Techniken für Links- und Rechtshänder. "Das bedeutet, dass bis heute nicht nur Linkshänder, sondern auch Linksfüßer umerzogen werden", bedauert Steinkopf.
Vor allem durch Ballsportarten kann die Bevorzugung einer Seite verwischen. So wird beim Handball während eines Sprungwurfs aufs Tor beispielsweise mit der rechten Hand geworfen und mit dem linken Bein abgesprungen. Das ist die Folge des normalen Bewegungsablaufs beim Laufen, der auch als alternierend bezeichnet wird. Häufiges Trainieren solcher Abläufe kann auch die Dominanz der Beine vermindern.
Es gibt individuelle Ausnahmen
"Es kommt bei Tests oft vor, dass nicht alle vier Teile, also Hand, Bein, Ohr und Auge der linken Seite bevorzugt werden. Das kann entweder das Ergebnis von Umerziehung durch sich selbst und andere oder eine individuelle Besonderheit sein", erklärt der Experte weiter. Das ist übrigens auch bei Rechtshändern so. Aus diesem Grund sollten Eltern und andere betreuenden Personen sehr genau darauf achten, wie ein Kind agiert. Eine gute Methode, um die bevorzugte Seite festzustellen, ist das Rollerfahren. Wenn ein Kind als Rechtshänder sich mit dem linken Bein abstößt, sollte das ein Achtungszeichen für Eltern sein. Eventuell gibt es weitere linkshändertypische Bewegungsabläufe. "Sie sollten in diesem Falle mit ihrem Kind zu einer Beratungsstelle für Linkshänder gehen und die Händigkeit vom Experten testen lassen", rät Steinkopf.
Aber auch rechtshändige Erwachsene, die sich schon oft gefragt haben, weshalb sie bei bestimmten Tätigkeiten schnell ermüden oder warum feinmotorische Dinge nicht so recht von der Hand gehen, sollten den Ursachen auf den Grund gehen, indem sie sich beraten und testen lassen. "Es gibt viel mehr umerzogene Linkshänder, als die meisten vermuten", betont Steinkopf, der die Ansicht vertritt, dass die Hälfte der Bevölkerung als Linkshänder zur Welt kommt. Einige von ihnen wünschen eine Rückschulung auf die dominante linke Körperseite. "Manche rückgeschulte Linkshänder fühlen sich wie neugeboren", erzählt der Experte, der selbst eine "Rückgeschulter" ist, aus seiner Praxis. Allerdings warnt er davor, eine Rückschulung in Eigenregie und ohne fachkompetente Begleitung durchzuführen, da die Auswirkungen ansonsten nicht nur körperlich, sondern auch psychisch heftig sein können.
Übrigens: Die Vorurteile gegenüber Linkshändern sind in vielen Kulturen uralt. Im Mittelalter beispielsweise reichte es aus, Linkshänder zu sein, um als Hexe oder Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, denn die Linkshändigkeit wurde dem Teufel zugeschrieben. Im alten Japan durfte sich ein Mann scheiden lassen, wenn er herausfand, dass seine Frau Linkshänderin war.
Quelle: ntv.de