"Kleine Aussichten"Alice Munroe erhält Literaturnobelpreis

Für die Autorin Alice Munro ist es nicht der erste Preis, aber zweifellos der wichtigste: Die Kanadierin bekommt in diesem Jahr den Literaturnobelpreis. Die Jury würdigt sie als "Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschichte".
Der Literaturnobelpreis 2013 geht an die Schriftstellerin Alice Munro aus Kanada. Das gab die Schwedische Akademie in Stockholm bekannt.
Die 82-jährige Munro ist vor allem bekannt für kurze Prosa. "Sie ist die Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschichte", sagte Peter Englund als Sprecher der Jury. "Sie hat diese spezielle Form zur Perfektion gebracht."
Munro ist im angelsächsischen Raum eine Bestsellerautorin. Gleich ihr erster Band wurde preisgekrönt, und auch die zwölf bislang erschienenen weiteren Kurzgeschichten-Sammlungen wurden mit Lob und Preisen überschüttet, unter anderem erhielt sie im Jahr 2009 den Man Booker International Prize. Sie gilt heute als eine der wichtigsten kanadischen Autorinnen.
Einen einzigen Roman ("Kleine Aussichten") hat die Kanadierin in ihrem langen Schriftstellerinnenleben veröffentlicht. Ansonsten hielt sie sich streng an das Genre der kleinen Erzählungen, das sie nach Ansicht vieler Kritiker und Kollegen meistert wie kaum ein anderer Autor. Ihre Kurzgeschichten siedeln meist im ländlichen Ontario, wo sie selbst unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen ist.
Schon vor Jahren habe ihr Verleger ihr gesagt, sie sei Favoritin für den Literaturnobelpreis, sagte Munro. "Und ich wusste, wenn ich gewinne, wäre ich für eine halbe Stunde wahnsinnig glücklich, und danach würde ich denken: Was für eine Qual." Denn Glück ist kein Preis, ist die überzeugte Calvinistin sicher: "Glück ist harte Arbeit".
"Sensationelle Wahl"
Literaturkritiker Denis Scheck nannte den Literaturnobelpreis für Munro eine "sensationelle Wahl". "Das ist nicht nur eine Entscheidung für die neben Margaret Atwood tollste kanadische Autorin, sondern auch eine Entscheidung für die Form der Erzählung", sagte Scheck vom Literaturmagazin "Druckfrisch". Munro habe die Erzählform der zeitgenössischen Kurzgeschichte ins 21. Jahrhundert hinübergerettet.
Die Arbeiten der 1931 geborenen Autorin erschienen in Sammelbänden, der bisher letzte 2012 unter dem Titel "Dear Life". In Deutschland brachten die Verlage Fischer, Dörlemann und Klett Cotta Munros Erzählungen heraus.
Der wichtigste Literaturpreis der Welt ist mit umgerechnet 930.000 Euro dotiert. Im vergangenen Jahr hatte der Chinese Mo Yan die Auszeichnung erhalten. Zu den deutschsprachigen Preisträgern zählen Günter Grass, Elfriede Jelinek, Herta Müller, Heinrich Böll, Hermann Hesse und Thomas Mann. Die Nobelpreise werden traditionsgemäß am 10. Dezember überreicht, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.