Opus, Weather Girls und Vanilla Ice One Hit Wonder - Könige für ein paar Wochen
30.10.2015, 10:34 Uhr
Vanilla Ice wurde mit "Ice Ice Baby" weltberühmt - zuletzt wurde er wegen Einbruchs verhaftet und zu Sozialstunden verknackt.
(Foto: Carolin Löbbert / Avant-Verlag 2015)
"Ice Ice Baby", "It's Raining Men" und "Live is Life" haben etwas gemeinsam: Es sind Hits, die um die Welt gingen, deren Interpreten aber nie an diesen Erfolg anknüpfen konnten. Es sind One Hit Wonder - die Eintagsfliegen der Popgeschichte.
Manch ein Leser wird dieses Buch hassen. Weil es vollgestopft ist mit Ohrwürmern, die einfach nicht mehr aus dem Kopf verschwinden wollen. Mit Welthits, die unweigerlich zum Mitsingen animieren. Beispiele gefällig? "In the Summertime" von Mungo Jerry, "My Sharona" von The Knack, "It's Raining Men" von den Weather Girls, "I'm too Sexy" von Right Said Fred und "Barbie Girl" von Aqua.

Jeder Beitrag wird auf einer Doppelseite vorgestellt - mit interessanten Details.
(Foto: Carolin Löbbert / Avant-Verlag 2015)
All diese Songs haben etwas gemeinsam: Für ein paar Wochen bestimmten sie die Charts und waren in aller Munde. Doch die Bands gerieten danach wieder in Vergessenheit oder konnten nie wieder an diesen Erfolg anknüpfen. Sie wurden ein "One Hit Wonder", die Eintagsfliegen der Popgeschichte. Carolin Löbbert (Illustrationen) und Marcus Lucas (Texte) haben ein paar von ihnen in einem Buch versammelt, das passenderweise nach einem weiteren berühmten Beispiel benannt ist: "Ice Ice Baby" von Vanilla Ice.
Mehr als 70 Beispiele werden aufgeführt und jeweils auf einer Doppelseite gewürdigt: Es gibt ein von Löbbert gezeichnetes Porträt sowie recht knapp gehaltene deutsche und englische Texte zu den jeweiligen Songs und Künstlern. Darin erfährt man nicht nur, wie es zu den Hits kam - einige haben eine durchaus kuriose Entstehungsgeschichte -, sondern oft auch, was aus den Interpreten wurde, nachdem sie von der Öffentlichkeit vergessen wurden.
Superhit mit Babybauch
Wer dachte, dass One Hit Wonder eine Erscheinung der letzten Jahrzehnte wären, wird dabei eines Besseren belehrt: Ganz am Anfang steht Joan Weber. 1955 hatte sie einen Nummer-1-Hit: "Let me go, Lover!" Als sie den Song im Fernsehen präsentiert, hat sie bereits einen Babybauch. Nachdem das Kind geboren ist, zieht sich Weber zurück und gerät bald in Vergessenheit. Sie stirbt mit nur 45 Jahren.
Der Streifzug führt von dort durch die vergangenen 60 Jahre Musikgeschichte: Carl Perkins ist mit "Blue Suede Shoes" vertreten, der Italiener Domenico Modugno mit "Volare" und Jorgen Ingmann aus Dänemark mit "Apache". Die singende Nonne Jeanine Decker wurde mit "Dominique" bekannt, die Kingsmen mit dem ominösen "Louie Louie" und Bruce Channel mit "Hey! Baby", das man auch aus "Dirty Dancing" kennt. Der Sänger wurde durch den Song berühmt - die frühen Beatles waren seine Vorgruppe. Percy Sledge toppte gleich mit seiner ersten Single "When a Man Loves a Woman" die Charts - und danach nie wieder. Scott McKenzie besang einst "San Francisco" mit einer Blume im Haar, Zagger and Evans sahen schwarz für das Jahr "2525" und Carl Douglas übte sich im "Kung Fu Fighting". Wer könnte diese Songs nicht sofort mitpfeifen?
Und die Reihe lässt sich ewig fortführen - beim Blättern lässt fast jedes Lied sogleich eine Melodie oder einen Refrain im Kopf erklingen. Natürlich umso mehr, je näher man an die Gegenwart rückt. "Rapper's Delight" fehlt ebenso wenig wie "Live is Life", "Maniac" und "Don't Worry Be Happy". Vanilla Ice, die Crash Test Dummies und Lou Bega geben sich die Klinke in die Hand.
Nena ein One Hit Wonder?
Die Auswahl ist größtenteils nachvollziehbar. Bei einigen Künstlern muss man sich jedoch fragen, warum sie hier als One Hit Wonder aufgeführt werden. Klar, Serge Gainsbourg hatte zusammen mit Jane Birkin nur einen Hit. Doch er ist einer der bekanntesten Vertreter der französischen Popgeschichte und alles andere als eine Eintagsfliege. Das Gleiche gilt für Nena, die hier wegen "99 Luftballons" auftaucht. Es war zwar der einzige Welthit der Sängerin, aber ein One Hit Wonder ist sie bestimmt nicht. Selbst Künstler wie Percy Sledge und Carl Perkins mögen nur einen Superhit gelandet haben, hatten aber lange und erfolgreiche Karrieren.
Von dieser subjektiven und mitunter fragwürdigen Auswahl sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Das Buch macht Spaß, vor allem weil es nostalgische Gefühle weckt. Mit vielen dieser Songs dürften sentimentale Erinnerungen verbunden sein, an die eigene Jugend oder besondere Momente. Die gelungenen Illustrationen von Löbbert geben den Frauen und Männern hinter den Ohrwürmern zudem ein Gesicht.
Und noch etwas wird klar, wenn man durch das Buch blättert: Oft werden jene One Hit Wonder belächelt und als Verlierer angesehen. Weil sie im Vergleich zu den Superstars nur einen Hit hatten und danach wieder in der Versenkung verschwanden. Nur: Diesen einen Hit kann ihnen niemand nehmen. Diese Wochen im Rampenlicht bleiben unvergessen. Dieses eine Lied wurde einst weltweit mitgesungen und läuft immer noch im Radio. Das ist weit mehr, als die große Mehrheit der Musiker zu träumen wagt. Jene Eintagsfliegen sind in Wirklichkeit Dauerbrenner.
"Ice Ice Baby - One Hit Wonder 1955-2015" direkt bei Amazon bestellen. Zum Buch findet am heutigen Freitag eine Vernissage im Freien Museum Berlin statt. Die Ausstellung läuft bis Sonntag, 1. November. Mehr Infos hier.
Quelle: ntv.de