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"Die zwei Gesichter des Januars"Geld zieht Leute an

28.05.2014, 09:50 Uhr
imageVon Markus Lippold
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"Die zwei Gesichter des Januars": Die Flucht treibt das Trio bis ins karge Hinterland der Insel Kreta. (Foto: Studiocanal 2013)

Die griechische Sonne ist unbarmherzig. Sie bringt Rydal und das Ehepaar MacFarland, die vor der Polizei fliehen, ins Schwitzen. Dabei entwickelt sich nicht nur eine fatale Dreiecksbeziehung, auch dunkle Abgründe kommen ans Tageslicht.

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Nur harmlose Touristen? Chester und Colette MacFarland besuchen die Akropolis. (Foto: STUDIOCANAL 2014/ Jack English)

Griechenland, Sommer 1962. Rydal (Oscar Isaac, "Inside Llewyn Davis"), ein US-Amerikaner, schlägt sich in Athen als Stadtführer durch. Er strotzt nicht gerade vor Enthusiasmus, deshalb geht er mit einer Tochter aus reichem Hause aus, auf deren Geld er es abgesehen hat. Dann erblickt er Colette MacFarland (Kirsten Dunst, "Melancholia") und ist sofort hingerissen. Nur dass sie mit ihrem wohlhabenden Mann Chester (Viggo Mortensen) unterwegs ist.

Doch Herkunft verbindet, man lernt sich etwas kennen, Rydal zeigt dem amerikanischen Ehepaar einen beliebten Flohmarkt und man geht gemeinsam Essen. Bei einem Besuch im Luxushotel der beiden gerät Rydal jedoch unversehens in einen Strudel aus Verbrechen, Lügen und einer Ménage-à-trois. Denn nicht nur hilft er Chester - ohne es zu wissen -, einen Totschlag zu vertuschen, er kommt auch langsam hinter das dunkle Geheimnis des so sorgenfrei scheinenden Paares.

Ein gelungenes Regiedebüt

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Rydal drängt sich zwischen das Ehepaar, ... (Foto: STUDIOCANAL 2014)

Sonne, Verbrechen und falsche Identitäten: Diese Rezeptur kennt man aus "Der talentierte Mr. Ripley" mit Matt Damon, Gwyneth Paltrow und Jude Law. Sowohl die Vorlage dieses Films als auch jene für "Die zwei Gesichter des Januars" stammen aus der Feder der US-amerikanischen Krimiautorin Patricia Highsmith. Ihre Stoffe sind bei Filmemachern schon seit Jahrzehnten beliebt. "Nur die Sonne war Zeuge" mit Alain Delon war eine frühe Ripley-Adaption, Wim Wenders verfilmte mit "Der amerikanische Freund" eine weitere Geschichte um den Serienmörder.

Mit "Die zwei Gesichter des Januars" macht sich nun Regisseur Hossein Amini an einen weiteren Highsmith-Film, wenn auch nicht aus der Ripley-Reihe. Für den iranisch-britischen Filmemacher ist es zudem das Regiedebüt - und es ist überaus gelungen. Schon mit seinem Drehbuch zum Thriller "Drive" mit Ryan Gosling hat Amini bewiesen, dass er ein Gespür für Stimmungen hat, dass er eine Atmosphäre aufbauen kann, die die Figurenzeichnung unterstützt und die Zuschauer in ihren Bann schlägt.

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... worauf Chester zunehmend mit Eifersucht und Gewalt reagiert. (Foto: Studiocanal 2013)

Sein Regie-Erstling steht dem in nichts nach. Die griechische Hitze dringt im Film noch durch jede Ritze und wird für die Zuschauer nahezu physisch spürbar. Auch die Protagonisten kommen ins Schwitzen, nicht nur weil die Polizei ihnen auf der Spur ist, sondern auch weil dunkle Abgründe aus der Vergangenheit ans Tageslicht kommen. Das Trio flieht immer weiter und landet schließlich im Hinterland auf Kreta. Es beginnt ein psychologisches Duell der beiden Männer, nicht nur um Colette, die beide begehren, sondern auch um die Wahrheit.

Details und Atmosphäre

Dieser dichten Atmosphäre entspricht die nostalgische Detailverliebtheit des Films, die die beginnenden 60er-Jahre, als Reisen tatsächlich noch mit Anstrengungen verbunden waren, heraufbeschwört. Das beginnt schon bei den Kostümen, die die Eleganz der Zeit spiegeln. Für die Kleidung von Rydal spürte man etwa Anzüge griechischer Labels dieser Zeit auf. Hinzu kommt die Ausstattung von Hotels, griechischen Kaschemmen und billigen Absteigen. Daneben fängt die Kamera aber auch beeindruckende Bilder der Altstädte und der Ruinen von Knossos ein.

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Rydal versucht, für die drei einen Fluchtweg aufzutun. (Foto: STUDIOCANAL 2014 / Jack English)

Das Ensemble, das in diese Welt geworfen wird, überzeugt ebenfalls. Mit dem stark spielenden Viggo Mortensen hat Amini einen Hauptdarsteller gefunden, der die Schattierungen zwischen Leichtigkeit und Abgrund gekonnt trifft. Der Schauspieler, der durch die "Herr der Ringe"-Filme weltberühmt wurde, hat sich in den letzten Jahren geschickt von diesem Helden-Image gelöst. Mit Filmen wie "A History of Violence", "Eastern Promises" (beide von David Cronenberg) und "The Road" hat er sich neue Genres erschlossen, denen er nun konsequent - und erfolgreich - folgt.

Oscar Isaac, der zuletzt für die Coen-Brüder vor der Kamera stand, bietet dem allerdings als junger Lebemann, der von Geld und Reichtum angelockt wird, gekonnt Paroli. Angesichts solcher Darbietungen kann man es fast bedauern, dass der US-amerikanische Schauspieler demnächst auch in "Star Wars Episode VII" auftreten wird - man kann nur hoffen, dass ihm der Hype um die Reihe nicht schadet.

Dunst bleibt dagegen leider nicht mehr als die Rolle der Ehefrau, die zu spät den wahren Charakter ihres Mannes erkennt, auch wenn ihre Rolle als Femme fatale immer wieder aufscheint. Womit auch schon das Problem des Films angesprochen wäre: Die Figuren hätten etwas mehr Hintergrund vertragen, vor allem Isaacs Figur wird nicht auserzählt. Zudem offenbart die Handlung die eine oder andere Lücke. Doch das stört nicht den Rausch, den die sonnendurchtränkten Bilder auf der Leinwand lostreten.

"Die zwei Gesichter des Januars" startet am 29. Mai in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de