Musik

Nena und ihre MusiktruheOldschool, Baby, one more time!

27.02.2015, 08:57 Uhr
imageVon Ingo Scheel

Casio-Sounds, Bowie-Gitarren, eine Prise Punkrock: "Lieder von früher" singt Nena auf ihrem neuen Album und klingt beim nostalgischen Blick zurück moderner als ihre jugendlichen Zeitgenossinnen. Und bringt die Zuhörer ganz schön zum Schwärmen.

Wer weiß, wie alles gekommen wäre, wenn Vater Kerner seiner Tochter Nena dereinst nicht die Musiktruhe überlassen hätte? Die sägte kurzerhand die Beine des guten Stücks ab, postierte sie in ihrem Zimmer und tauchte fortan ab in ihre eigene musikalische Welt. Wenige Jahre später konnten Musikladen-Zuschauer sich ein Bild davon machen, wohin das alles geführt hatte. Die Älteren unter uns werden sich erinnern. Über drei Dekaden später nun nennt sie ihr Album "Old School", was so ein bisschen impliziert, als würde sie Rückführung in jene Pionierzeit betreiben.

Das mag zum Teil stimmen, auch menn sie anno 1984 in "Fragezeichen" eigentlich schon vom "Gestern" sang, "das ihr nicht liegt": NDW-Zitate durchziehen die Platte da und dort, zudem klingt Nenas Stimme - wo hängt denn nun das Bild, das statt ihrer altert? - immer noch so frisch wie zu Zeiten von Aerobic und Zauberwürfel. Dennoch ist "Old School" - nicht verwandt oder verschwägert mit ihrer gleichnamigen Westbam-Koop von 2002 - geradezu dreist postmodern. Einen Partner in Crime gab es auch diesmal. Doch wo mit Westbam nur kurz musikalisch geflirtet wurde, war jetzt Samy Deluxe der Mann für die ganze Strecke, das ganze Album. Und die Chemie zwischen den beiden, das merkt man nicht nur, wenn man sie so zusammen auf dem Sofa sitzen sieht, scheint im Studio tatsächlich gestimmt zu haben. Nach dem legendären Tandem Jan Delay/ Udo Lindenberg also ein weiterer Beweis dafür, wie gut Hip-Hop-Helden und Pop-Legenden hierzulande miteinander ticken können.

Mit dem Titelsong als Opener hievt sie die unvergessenen Trio aus dem Da-da-da ins Hier und Jetzt, lässt dabei den ollen Casio herrlich pluckern. "Lieder von früher" ist sehr charmant um ein kleines, unwiderstehliches Riff herumgebaut und "Betonblock" vermählt Neue Deutsche Welle mit Autotune. Das programmatische "Berufsjugendlich" fußt auf einem punkverwandten Riff, das auch den Beatsteaks gefallen könnte und in "Sonnemond" lässt Nena gleich beides scheinen und klingt dabei so skandinavisch-verweht wie ihre Kollegin von den Cardigans, Nina Persson. An anderer Stelle klingt es, als würde Daliah Lavi bei Ideal singen ("Jeden Tag") und "Kreis" macht mit seinen Bowie-meets-Alternative-Rock-Anklängen ziemlich lässig auf dicke Hose.

Gern spricht man bei solchen Alben davon, dass Künstler sich selbst neu erfinden. Und klar, so eine Frischzellen-Kur hat man aus dem Hause Kerner selten bis nie gehört. Spätestens aber, wenn sie zum Abschluss der Platte mit dem an ihren verstorbenen Sohn Christopher erinnernden Song "Bruder" und dem resümierenden "Schicksal" auf einem verhaltenem Schlussakkord in Moll endet, ist klar: Auch bei "Old School" ist Nena drin, wo Nena draufsteht. Wie heißt es so schön im Song "Ja das war's"? Manchmal war alles für'n Arsch, manchmal war's phänomenal - "Oldschool" ist fast durchweg in der Nähe von Letzterem.

"Oldschool" erscheint am 27. Februar auf CD, Vinyl und digital - bei Amazon bestellen

Nena auf Tour:

04.3. Berlin – SO 36

06.3. Luxemburg – Atelier Club

07.3. Hagen – Pelmke Kulturhaus

09.3. Braunschweig – Music Hall

10.3. Bremen – Modernes

11.3. Frankfurt – Batschkapp

13.3. Basel – Rhypark Club

14.3. Zürich – Kaufleuten Club

15.3. München – Technikum

17.3. Wolfhagen – Kulturstadthalle

18.3. Würzburg – Postbahnhof

20.3. Stuttgart – Wagenhallen

21.3. Erfurt – Stadtgarten

22.3. Wien – Arena Club

24.3. Hamburg – Mojo

Quelle: ntv.de