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The Byrds, Bernstein und Gould Reclam macht Lust auf mehr

Reclam ist unverwüstlich: Nicht nur die heuer leuchtend gelben Büchlein machen uns den Zugang zu anspruchsvoller Literatur leicht. Auch die Reclam Musik Edition müht sich unverdrossen, uns gute Musik nahezubringen. Diesmal geht es um Folkrock, Countryrock und Klassik.

Die Reclam Musik Edition hat sich zu einem immer beliebteren Mittel für all jene gemausert, die musikalische Stilrichtungen kennenlernen wollen, ohne tief ins Portemonnaie greifen zu müssen. Grad so, wie damals in der Schulzeit, als die Bändchen in beiden Teilen Deutschlands ein preiswerter Weg zu Bildung waren. Nun wird also endlich eine Band mit einer Ausgabe gewürdigt, die nachgerade archetypisch für den Folkrock steht. Jenes Genre, das Bob Dylan 1963 aus der Taufe gehoben hatte, als er auf dem Newport Folk Festival seine Gitarre an einen Verstärker anstöpselte.

Dies war für Gitarrist und Sänger Roger McGuinn, die 1991 respektive 1993 viel zu früh verstorbenen Sänger und Gitarristen Gene Clark und Michael Clarke, den damaligen Bassisten David Crosby sowie den Schlagzeuger Chris Hillman das Zeichen zum Aufbruch. Ihre bis dahin veröffentlichten Songs kann man auf der LP "Preflite Byrds" nachhören.

Der Unterschied zum darauffolgenden Sound ist frappierend: McGuinns zwölfsaitige Rickenbacker, von denen eine im Berliner Hard Rock Café an der Wand hängt, und der dreistimmige Harmoniegesang machten das Quintett zur führenden Gruppe der neuen Stilrichtung. Der Durchbruch kam folgerichtig, als die Byrds 1965 den Dylan-Song "Mr. Tambourine Man" einspielten und in der US-amerikanischen Heimat und Britannien auf Platz 1 der Charts landeten, wo sie sich zehn beziehungsweise 15 Wochen hielten.

Dem verfemten Kommunisten Pete Seeger verhalfen McGuinn, Clark & Co. mit ihrer Interpretation seiner Komposition "Turn, Turn, Turn" zu verdienter Anerkennung und ein paar Greenbacks für die Tantiemen. Trotz erheblicher Anfeindungen durch die Mainstreampresse landete der Seeger-Song auf dem obersten Treppchen. Man bedenke: Es war das Jahr, in dem der schwarze Bürgerrechtler Malcolm X ermordet wurde, weiße Unordnungshüter antirassistische Demonstration niederknüppelten und sich die Befreiungsfront FNL die erste offene Schlacht mit der Armee Südvietnams und den dort stationierten US-Truppen lieferte.

Neue Musikrichtung erfunden

Natürlich blieben die Byrds von zeitgeistlichen Phänomenen wie der Hippiebewegung und deren drogenfreundlicher Befreiungsidiotie nicht verschont: "Eight Miles High", zu Recht oder Unrecht als LSD-Hymne klassifiziert, ist gleichwohl ein Stück, das den folkrockigen Avantgardismus der Truppe nur allzu gut bestätigte. Man mag dies wie die Hinwendung der Band zur Countrymusik als Kotau vor dem Publikumsgeschmack interpretieren.

Doch die Byrds kreierten, so en passant, auch noch gleich eine neue Richtung, den Countryrock. "Hickory Wind" und "You're Still On My Mind" sind eklatante Exempel einer Musik, die Rock and Roll und Country gelungen vereinigte. Schade, dass der Song vom "Drugstore Truck Drivin' Man" aus dem Long Player "Dr. Byrds And Mr. Hyde" keinen Eingang in die vorliegende Anthologie gefunden hat. Der Song war dem reaktionären Countrymoderator Ralph Emery aus Tennessee gewidmet, der den Byrds ihren Auftritt in der Gran Ole Opry, dem Petersdom der Countrymusik in Nashville, neidete. Die Rache folgte auf der Gitarrensaite: Die Byrds machten Emery in ihrem Lied gleich zum Kopf des örtlichen Ku Klux Klan. Aber vielleicht macht das Leck in der Edition ja Appetit auf mehr Byrds. Das war ja auch das Anliegen von Reclam, als der Verlag in Stuttgart und Leipzig uns mit Goethes Faust I quälte und uns so zum Erwerb des zweiten Teils bewog.

Neben den Byrds seien hier noch weitere CDs aus der gelben Reihe erwähnt. Wer Leonard Bernstein, den genialen Komponisten und Dirigenten, zweifellos einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Klassik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, noch nicht kennt, dem sei das "All Time Best" des Meisters anempfohlen.Und Glenn Gould, das kanadische Pianogenie, das sich unter anderem mit seinen eigenwilligen Interpretationen von Bach, Beethoven, Sibelius und Brahms einen Platz im Olymp der klassischen Musik gesichert hat.

Quelle: ntv.de

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