Sex vor dem Weltuntergang Slash - Archetyp des Rockstars
05.06.2012, 12:01 Uhr
"Ich bin einer von diesen Freaks": Slash.
(Foto: Travis Shinn / Warner Music Group)
Zylinder, schwarze Mähne und Sonnenbrille sind als Markenzeichen geblieben. Zigaretten, Alkohol und Drogen indes hat Kultgitarrist Slash inzwischen abgeschworen. Die Ansagen des Managements vor dem Interview mit ihm sind deutlich: Keine Fragen zu seiner Beziehung zu Axl Rose, erst recht keine Fragen zu einer möglichen Reunion von Guns N’ Roses und keine Fragen zu seiner Frau und den Kindern. Trotzdem liefert der Ausnahmegitarrist genug Inhalt für ein interessantes Gespräch - über Robbie, Lemmy, Knut und natürlich sein neues Album "Apocalyptic Love". Und auch zu Axl äußert Slash sich dann doch noch.
n-tv.de: Slash, der englische Ort Stoke on Trent scheint so etwas wie die Keimzelle des Rock'n'Roll zu sein.
Slash: So, wirklich? Warum?
Weil es der Geburtsort von Ihnen, Robbie Williams und Motörhead-Sänger Lemmy ist.
Oh ja, stimmt. Das ist ein angenehmer Ort, meine Familie kommt von dort, und ich habe da noch viele Verwandte.
Robbie Williams ist auch Ihr Nachbar in Los Angeles. Sehen Sie sich öfters?
Nicht so oft. Er und ich sind oft unterwegs. Und wenn wir beide mal in L.A. sind, bleiben wir meistens zu Hause. Ab und zu spielen wir Poker. Ich bin allerdings ein ganz lausiger Pokerspieler.
Und Robbie Williams?
Robbie spielt sehr gut. Ich verliere fast immer gegen ihn.

Die Begleitband des Rockers hört auf den Namen "Myles Kennedy and the Conspirators".
(Foto: Travis Shinn / Warner Music Group)
Lemmy kennen Sie auch ziemlich gut. Sie haben bereits mehrfach mit ihm zusammengearbeitet.
Ja, Lemmy ist ein guter Kumpel von mir.
Kumpel oder richtiger Freund? Gibt es im Rock'n'Roll-Business überhaupt richtige Freundschaften?
Das ist eine interessante Frage. Wir sind gute Freunde, obwohl wir uns nur noch selten sehen. Die meisten Freunde sehe ich eh nur einmal im Jahr. Doch wenn Lemmy und ich uns treffen, haben wir immer viel Spaß zusammen. Früher waren wir oft zusammen im Rainbow (bekannte Kneipe auf dem Sunset Boulevard in L.A., Anm. d. Red.).
Wie kann ich mir das vorstellen? Lemmy trinkt Jack Daniels und Sie trinken Milch?
Ich war mit Lemmy nicht mehr im Rainbow, seitdem ich trocken bin. Ich trinke allerdings auch keine Milch …
Sondern?
Eher schon Wasser.
Ist es für Sie als trockener Alkoholiker nicht sehr schwer, mit den alten Kumpels auszugehen und nüchtern zu bleiben?
Oh nein, ich habe in meinem Leben genug gesoffen, um eine ganze Armee damit zu töten. Das interessiert mich nicht mehr. Ich hänge zwar immer noch mit den gleichen Leuten von früher ab, und jeder macht das, worauf er Bock hat. Mich reizt das ganze Thema aber nicht mehr. Ich habe das exzessive Leben ausgereizt. Obwohl ich sagen muss, dass so eine Flasche Jack Daniels schon verlockend ist. Ich verspüre aber keine Lust mehr, mir eine Dröhnung zu verpassen.
Wie lange sind Sie schon trocken?
Seit sieben Jahren. Doch es ist verdammt einfach, wieder rückfällig zu werden. Vor allem im Rock'n'Roll-Business, weil der Alkohol und die Drogen dort immer präsent sind.

Im Juni touren Slash und seine Band auch durch Deutschland.
(Foto: Travis Shinn / Warner Music Group)
Sie haben Sex, Drugs and Rock'n'Roll wohl wie kein Anderer er- und gelebt und bestimmt auch genug Geld verdient. Jetzt spielen Sie mehrere Gigs mit Mötley Crüe und Ozzy Osbourne. Was reizt Sie daran, immer noch auf Tour zu gehen?
Geld war nie meine Motivation. Dieses Stigma Sex, Drugs and Rock'n'Roll werde ich auch nicht mehr los. Natürlich ist es auch faszinierend, doch es ist komplexer als das. Sex, Drogen und Geld haben mich kaum angetrieben, auf die Bühne zu gehen. Es ist vielmehr die Musik. Das war schon immer so. Ich bin einer von diesen Freaks, die lieben, was sie tun.
Früher sind Sie von den Touren nach Hause gekommen und in ein Loch gefallen. Sie haben sich mit Heroin vollgepumpt und Jack Daniels in sich hineingeschüttet. Wie gehen Sie heute mit diesem Post-Tour-Trauma um?
Es ist immer noch hart für mich. Wenn ich früher nach einem Jahr auf Tour nach Hause gekommen bin, habe ich mich regelrecht betäubt, um runter zu kommen. Jetzt setzte ich mich hin, spiele Gitarre und schreibe neue Songs. Und natürlich habe ich jetzt auch eine Familie, um die ich mich kümmern muss (seit zwölf Jahren ist Slash mit Perla Ferrar verheiratet, mit der er zwei Söhne hat, Anm. d. Red.).
Außerdem sind Sie im Vorstand des Zoos von Los Angeles.
Das bin ich schon lange. Ich engagiere mich auch im Tierschutz. Doch früher hat das die Leute nie besonders interessiert. Für viele war ich der Archetyp des Rockstars. Das öffentliche Bild, das von mir existiert hat, war sehr eindimensional und oberflächlich.
Haben Sie auch schon einmal den Berliner Zoo besucht?
Ja, das muss vor zehn Jahren oder so gewesen sein.
Kennen Sie den berühmten Eisbären Knut, der im Berliner Zoo gelebt hat?
Nein, ich glaube nicht.
Knut wurde von seiner Mutter verstoßen und daraufhin von einem Pfleger aufgezogen. Hunderttausende von Menschen sind extra nach Berlin gekommen, um den kleinen, süßen Eisbären zu sehen. Allerdings ist der Pfleger gestorben - und kurz danach auch Knut.
Oh, das ist eine traurige Geschichte. Ich kenne das von Tieren. Knut hat sicherlich sehr an seinem Pfleger gehangen. Ich denke, ich sollte mich mal ein bisschen über Knut informieren.
Vor Kurzem ist Ihr neues Album "Apocalyptic Love" erschienen. Was bedeutet der Album-Titel?
Es geht darum, dass am Vorabend der Apokalypse zum letzten Mal die Chance besteht, Sex zu haben. Stellen Sie sich das mal vor, das könnte ein interessantes Thema sein. Auf dem Cover, für das ich die Vorlage gezeichnet habe, sind zwei Frauen abgebildet. Die eine ist der Engel und die andere ist der Teufel. Ich spiele gerne mit diesen Doppeldeutigkeiten. Diese Frauen stehen auch für die Gegensätze wie Himmel und Hölle. In meiner verdrehten Vorstellung sind es die Frauen, die am Vorabend des Weltunterganges in eine Bar gehen, sich betrinken und einen Mann aufreißen wollen.
Sie sollen demnächst einen Stern auf dem berühmten "Walk of Fame" in Hollywood bekommen. Wie sehr erfüllt Sie das mit Stolz?
Das ist wie ein Ritterschlag - wenn auch ein seltsamer. Charlie Sheen und der Filmproduzent Robert Evans, mit denen ich auch befreundet bin, präsentieren das Ganze. In Hollywood habe ich meine Karriere gestartet. Davor bin ich hier zur Schule gegangen. Dort habe ich Steven Adler, den früheren Schlagzeuger von Guns N'Roses, getroffen und in diesen Kifferläden abgehangen. Es ist eine lange Geschichte, die mich mit Hollywood verbindet. Deswegen ist es schön, dass ich von Hollywood anerkannt werde und dort einen Stern erhalte.
Der Zylinder ist Ihr Markenzeichen. Haben Sie Ihren ersten Hut auch in Los Angeles gekauft?
Ich habe meinen ersten Zylinder nicht gekauft, sondern gestohlen. Das war 1986 tatsächlich in L.A. Ich bin an einem Laden vorbeigegangen und habe ihn im Schaufenster gesehen. Der sah cool aus, und ich wollte ihn unbedingt auf dem Konzert aufsetzen, das am Abend auf dem Plan stand. Ich bin also in den Laden gegangen und habe ihn anprobiert. Er hat mir gefallen, und ich bin mit dem Zylinder auf dem Kopf aus dem Laden gegangen. Das ist ganz automatisch geschehen.
Sammeln Sie Hüte oder Zylinder?
Nein, ich bin kein Sammler. Ich besitze nur drei alte Hüte. Lemmy hat mir übrigens mal einen Zylinderhut geschenkt. Es ist der neueste, den ich besitze. Ich fand das ganz süß von ihm.
Demnächst spielen Sie auf dem "Gods of Metal"-Festival in Mailand. Guns N' Roses werden auch dort spielen. Tangiert Sie das in irgendeiner Weise?
Sie sind der Erste, der mich das fragt. Wir spielen allerdings nicht am selben Tag. Wenn wir am selben Tag dort spielen würden, könnte es interessant werden.
Vielleicht laufen Sie Axl Rose über den Weg?
Nein, das wird nicht passieren, weil ich früher als er dort bin.
Mit Slash sprach Matthias Bossaller
Slash befindet sich im Juni 2012 gemeinsam mit Mötley Crüe auf Tour: Mönchengladbach (11.06.), Berlin (12.06.), Bamberg (20.06.)
Quelle: ntv.de