Countdown in der Formel 1 Nichts geht mehr
19.06.2009, 12:18 UhrDie Formel 1 steht vor der Wand und einen Rückwärtsgang scheint es nicht zu geben. Als Ultima Ratio hat die Vereinigung der Teams, die Fota, jetzt die Gründung einer eigenen Rennserie bekannt gegeben. Der Totalschaden scheint unausweichbar.
Im Grunde ist der Beschluss der Fota nur die logische Konsequenz eines seit Wochen dauernden Zwists um Macht und Geld. Beide Seiten haben hoch gepokert und die Fia scheint sich jetzt verzockt zu haben. Präsident Max Mosley scheint nicht wirklich geglaubt zu haben, dass die Teams ihre Drohung wahr machen. Doch die scheinen jetzt entschlossen ihre eigene Serie zu gründen. Schach matt für Mosley.
Den Motorsport-Fans ist eigentlich schon lange nicht mehr zu erklären, was da eigentlich läuft. Gut, wir haben eine Wirtschaftskrise und auch die Formel 1 muss den Gürtel enger schnallen. Das leuchtet noch jedem ein. Auch dass die Teams sich nicht unbedingt für eine strenge Kostengrenze erwärmen können, ist nachvollziehbar. Schließlich gehört es zum gewohnten Ritual in jeder Saison, dass hinterherfahrende Teams noch mal tief in die Schatzkiste greifen und für viel Geld das eine oder andere Zehntel erkaufen.
Machtspiele und Profilneurosen
Was es in den letzten Wochen und Monaten allerdings an Auseinandersetzungen gab, muss aufhören. So oder so. In der Öffentlichkeit verfestigt sich der Eindruck von eitlen, grau melierten Herren, die sich kindische Machtspiele liefern und ihre Profilneurosen verwirklichen. Dieser Konflikt macht den Sport kaputt und hat die Marke der Königsklasse bereits schwer beschädigt. Es ist Zeit, die Handbremse zu ziehen und Klarheit zu schaffen.
Was spricht eigentlich dagegen, eine neue Rennserie zu gründen? Es gibt nicht viele Argumente dagegen. Die Fans des Motorsport sind Anhänger von Teams und Fahrern. Nicht der Fia. Dieses Faktum hat der mächtige Motorsportverband wohl unterschätzt. Eine neue Rennserie mit Ferrari, Mercedes, Renault und Toyota würde bei den Motorsportbegeisterten sicher genauso Anklang finden wie die alte Formel 1 bisher. Sie wollen die Alonsos, Hamiltons und Buttons fahren sehen. Und zwar in schnellen Marken-Autos, die neue und spannende Technologie beinhalten.
Wo bleiben die Fans?
Was die Fia dagegen zu halten hat, ist bescheiden. Zwischen deren Präsident Mosley und dem F1-Guru Ecclestone gibt es seit Jahren ein Abkommen zur wundersamen Geldvermehrung. Streckenbetreiber und Hersteller werden ausgepresst, zweistellige Millionensummen verschwinden. Am Wochenende wird die Königsklasse ein letztes Mal in Silverstone fahren. Nach Magny-Cours, Imola und Montréal verabschiedet sich eine weitere Traditionsstrecke aus der Formel 1. Dafür wird in diesem Jahr mit Abu Dhabi bereits ein zweiter Grand Prix auf der arabischen Halbinsel ausgetragen.
Nichts gegen neue Rennstrecken, doch man fragt sich schon, wieweit sich die F1-Veranstalter inzwischen von den Fans entfernt haben. In der Türkei verloren sich während des Rennens gerade mal rund 20.000 Zuschauer an der Strecke. In Bahrein zählte man in diesem Jahr einen Zuschauerrekord von 93.000 über drei Tage. Nur mal zum Vergleich: Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans am vergangenen Wochenende säumten knapp 240.000 Zuschauer die Rennstrecke. Bei den deutschen Rennen der vergangenen Jahre waren es am Renntag stets weit über 100.000 Zuschauer.
Fota muss standhaft bleiben
Nein, der Kurs, den die Fia und Bernie Ecclestone eingeschlagen haben, ist falsch. Es kann nicht angehen, dass der Rennzirkus nur noch dem Geld hinterherreist. Man stelle sich vor, das Spitzenspiel der Bundesliga zwischen Bayern München und Werder Bremen würde in Katar stattfinden, weil ein paar Scheichs bereit sind, dafür eine Menge Geld zu zahlen. Zuschauerzahl: 5000. Aber Hauptsache, die Kasse stimmt, die Fans können es ja im Fernsehen verfolgen.
Die Fota muss jetzt allerdings ihren Kurs wahren. Ein kurzfristiger Rückzieher würde den Schaden noch mal gewaltig erhöhen. Fahrer, Teams und auch die Fans wollen endlich wissen, woran sie sind im nächsten Jahr. Es gibt die Rennserie A1 GP, die maßgeblich von Ferrari unterstützt wird. Da sind Verträge mit Rennstrecken auf der ganzen Welt vorhanden, es gibt die Logistik und Verträge mit TV-Anstalten. Jetzt sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Nur so kann endlich das wieder in den Vordergrund rücken, worum es eigentlich wirklich geht: Der Motorsport.
Quelle: ntv.de