"Wie Hunde beschossen" Anschlag auf Togos Nationalelf
09.01.2010, 10:22 UhrZu dem Angriff auf die togolesische Fußball-Nationalmannschaft mit zwei Toten bekennt sich eine separatistische Bewegung, die während des Afrika-Cups weitere Attentate ankündigt. Gastgeber Angola wirft Togo vor, mit der Anreise per Bus gegen die Regeln verstoßen zu haben. Die FIFA fordert eine lückenlose Aufklärung.
Zwei Tage vor Beginn des Afrika-Cups in Angola sind bei einem Anschlag auf die Fußball-Nationalmannschaft Togos zwei Menschen getötet worden. Bei den Toten handelt es sich um den Assistenztrainer des Teams und den Pressesprecher. Das erklärte ein Mitglied der afrikanischen Fußball-Konföderation CAF. Vorherige Berichte, wonach ein Busfahrer getötet wurde, seien falsch.

Spieler Togos nach dem Angriff - ob die Elf bei dem Turnier antritt, ist noch offen.
(Foto: AP)
Zudem wurden mehrere Menschen verletzt, als Rebellen an der nördlichen Grenze des Landes mit Maschinengewehren das Feuer auf die Mannschaftsbusse der anreisenden Fußballspieler eröffneten. Zu den Verletzten gehört dem Vizepräsidenten des togolesischen Verbandes, Gabriel Ameyi, zufolge unter anderem die Spieler Obilale Kossi (Torhüter vom französischen Amateurclub GSI Pontivy) und Verteidiger Serge Akakpo vom rumänischen Club FC Vaslui. Außerdem seien auch Togos Fußball-Vizepräsident Gabriel Ameyi sowie ein Mannschaftsarzt und ein Journalist getroffen worden. Togos Star Emmanuel Adebayor (Manchester City) blieb nach Angaben des englischen Clubs unversehrt.
"Terroristischer Akt"
Die Regierung Angolas verurteilte den Angriff als "terroristischen Akt". Zu dem Anschlag bekannte sich der bewaffnete Arm der separatistischen Bewegung FLEC (Front für die Befreiung der Enklave Cabinda), wie die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa berichtete. Die Gruppe habe weitere Angriffe während des Fußballturniers angedroht. Die angolanische Regierung garantierte die Sicherheit aller Teilnehmer am Afrika-Cup. Sportminister Goncalves Muandumba erklärte, die Sicherheitsvorkehrungen würden nach dem Vorfall drastisch verschärft.
"Wir garantieren, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Schutz und Unversehrtheit aller Mannschaften, Fans, Betreuer und Touristen zu gewährleisten", sagte Muandumba.
Blatter fordert "genauen Bericht"
Das Organisationskomitee des Afrika-Cups (COCAN) erhob schwere Vorwürfe gegen die togolesische Delegation. "Die Regeln waren eindeutig: Kein Team sollte mit dem Bus anreisen. Ich weiß nicht, was Togo bewogen hat, es trotzdem zu tun", sagte Virgilio Santos, Mitglied des COCAN: "In der Stadt hätte es diesen Vorfall niemals gegeben." "Wir haben alle Delegationen aufgefordert, uns über den Zeitpunkt ihrer Ankunft zu informieren und die Nummern der Personalausweise aller Spieler vorzulegen. Togo ist die einzige Mannschaft, die dieser Bitte nicht nachgekommen ist", sagte Santos: "Das COCAN wusste nicht, dass Togo mit dem Bus anreisen würde."

Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter auch Spieler.
(Foto: Reuters)
Joseph S. Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA, erwartet vom afrikanischen Verband CAF einen "genauen Bericht" über den Anschlag. Die FIFA erklärte in einer Stellungnahme, dass sie mit dem CAF-Präsidenten Issa Hayatou in engem Kontakt stehe und einen genauen Bericht über die Situation haben wolle. "Die FIFA und ihr Präsident Joseph S. Blatter sind zutiefst ergriffen von den heutigen Geschehnissen, mit denen die Nationalmannschaft Togos konfrontiert wurde, und drückt ihr ihre tiefe Anteilnahme aus", schrieb die FIFA.
Der Start des Afrika-Cups mit 16 Nationalmannschaften des Kontinents ist für Sonntag geplant. In fünf Monaten soll im Nachbarland Südafrika die erste Fußballweltmeisterschaft auf afrikanischem Boden stattfinden. Die angolanische Regierung wollte nach Angaben des afrikanischen Fußballverbands CAF mit dem CAF-Präsidenten Issa Hayatou über mögliche neue Sicherheitsmaßnahmen für das Turnier beraten, das bis zum 30. Januar dauern sollen.
"Unter unseren Sitzen versteckt"
"Wir hatten gerade die Grenze überquert, um uns herum waren Polizeibusse. Alles sah gut aus, als plötzlich das Feuer auf uns eröffnet wurde", berichtete Togos Stürmer Thomas Dossevi dem Sender Radio Monte Carlo. "Wir wurden mit automatischen Waffen wie Hunde beschossen und haben uns 20 Minuten lang unter unseren Sitzen versteckt", sagte der Profi des FC Nantes.
Möglicherweise wird Togo auf einen Start bei dem Turnier verzichten. In der ersten Partie des Turniers sollte das Team am Montag auf den westafrikanischen Nachbarn Ghana treffen. "Wir wollen nicht bei diesem Afrika-Cup spielen. Wir denken an unsere Teamkollegen. Von Kugeln getroffen zu werden, wenn man zum Fußballspielen kommt, ist widerlich", sagte Dossevi. "Ich kann nur an eines denken, den Wettbewerb abzublasen und nach Hause zu fahren", meinte Alaixys Romao vom französischen Club Grenoble Foot. Stürmerstar Adebayor erklärte, das Team werde nur bleiben, wenn die Sicherheit der Mannschaft gewährleistet sei. "Wenn wir uns weiterhin nicht darauf verlassen können, dass unsere Sicherheit garantiert ist, werden wir abreisen", sagte Adebayor gegenüber BBC Afrique.
Togos Spieler hatten sich im Kongo auf das Turnier vorbereitet. Nach Angaben des togolesischen Verbandes war mit der Mannschaft vereinbart worden, dass sie fliegen und nicht per Bus nach Angola reisen sollte. In der ölreichen angolanischen Region Cabinda kommt es seit der Unabhängigkeit der ehemaligen portugiesischen Kolonie 1975 immer wieder zu bewaffneten Konflikten.
Fans schockiert
Die afrikanische Fußballfans haben mit Entsetzen auf die Nachricht vom Anschlag reagiert. Viele kritisierten in Diskussionsbeiträgen in Blogs und Internetforen die Entscheidung des Afrikanischen Fußballverbandes (CAF), am Sonntag wie geplant den Afrika Cup zu starten. "Oh Afrika, was für eine Schande. Ich finde, das Turnier hätte ausgesetzt werden müssen", schrieb ein ghanaischer Fan bei "ghanasoccernet". "Das ist ein trauriger Tag für Afrika. Das Turnier muss woanders abgehalten werden", stimmte ein "stolzer Ghanaer" zu.
"Warum schießen die Rebellen auf Fußballer? Das sind doch Sportler, keine Politiker!", klagte ein Fan. Ein anderer verteidigte die CAF-Entscheidung, trotz der Bluttat am Turnier festzuhalten. "Andernfalls hätten die Terroristen gewonnen. Aber die Spiele müssen aus Cabinda verlegt werden!"
Wie viele hatte ein Fan wenig Verständnis dafür, dass unter anderem die für Montag geplante Begegnung Togos und Ghanas in Cabinda, einer noch immer unruhigen Provinz, geplant wurde. "Wenn die Offiziellen noch ein Gefühl für Scham in ihren Köpfen haben, legen sie ihre Posten nieder. Warum Cabinda?", fragte er und fürchtete mit Blick auf die Fußball-WM: "Das wird sicher auch das Bild Südafrikas beeinflussen. Sie haben soviel getan, um die Skeptiker zu überzeugen - und nun das!"
Quelle: ntv.de, dpa/sid