Fußball

"Nur Todesangst setzt Reserven frei" Felix Magath zweifelt in aller Ruhe

"Ich bin mit mir restlos im Reinen": Felix Magath.

"Ich bin mit mir restlos im Reinen": Felix Magath.

(Foto: picture alliance / dpa)

Felix Magath ist keiner, der öffentlich hadert. Er sei völlig mit sich im Reinen, sagt der Mann, der die Geschichte der Fußball-Bundesliga mitgeprägt hat. Als Spieler und als Trainer. Und als einer, der stets polarisiert hat. Anerkennung bekam er nur, wenn er den ganz großen Erfolg hatte. Und nun?

Zum Schluss war er nur noch einer, der Fußballspieler kauft und verkauft. Ohne Sinn und Verstand, wie es schien. Kaum einer erinnerte sich noch daran, dass er einer der erfolgreichsten Trainer der Bundesligageschichte ist. Irgendwann wurde es selbst dem VfL Wolfsburg zu viel. Seit Oktober vergangenen Jahres ist Felix Magath arbeitslos. Heute wird er 60 Jahre alt. Die Frage ist: Kommt er noch einmal zurück?

Er selbst zweifelt. "Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich das wirklich noch will", sagte er dem "Hamburger Abendblatt" im Interview. "Zurück in diese Mühle aus permanentem internen und öffentlichen Druck, zurück in diese zum Teil ohnmächtige Abhängigkeit von Zufälligkeiten, ob Spieler X an diesem Tag den Ball nun trifft oder nicht." Im Augenblick könne er es sich nicht vorstellen, noch einmal als Trainer zu arbeiten. Aber was heißt das schon im Fußball?

Knapp 40 Jahre, seit er 1974 seinen ersten Vertrag als Spieler beim 1. FC Saarbrücken unterschrieb, war er mittendrin. Mit der deutschen Nationalmannschaft wurde er 1980 Europameister, den Hamburger SV schoss er 1983 in Athen gegen Juventus Turin zum Triumph im Europapokal der Landesmeister. Dreimal wurde er mit dem HSV deutscher Meister. Seit 1995 arbeitet er als Trainer. Zunächst galt er als Feuerwehrmann, als einer, der rettet, was zu retten ist. Eintracht Frankfurt und den 1. FC Nürnberg bewahrte er vor dem Abstieg. Danach sorgte er mit den jungen Wilden vom VfB Stuttgart für Furore. 2005 und 2006 gewann er mit dem FC Bayern München das nationale Double. Sein größter Coup aber war die Meisterschaft 2009 mit dem VfL Wolfsburg.

"An die Schmerzgrenze gehen"

Spätestens seitdem galt Felix Magath als unantastbar. Vielleich hat er es auch selbst geglaubt. Er war der Macher, einer, dem alles gelingt und der sich seine Jobs aussuchen kann. Weil er Erfolg hatte, schwärmten alle von seiner Arbeit. Auch die, die ihn bis dahin kritisiert hatten. Denn polarisiert hat er stets, er war der, der die Spieler mit Medizinbällen quält. Seine Herangehensweise beschrieb er einst so: In seiner Ausbildung zum Fußball-Lehrer habe er gelernt, "dass der Mensch aus freien Stücken seine Höchstleistung nicht ausschöpfen kann. Nur in Todesangst können die sogenannten autonom geschützten Reserven von zehn bis 15 Prozent freigesetzt werden". Sein Spitzname Quälix hat ihn nicht gestört. Erfolg, so sein Credo "führt zur Bequemlichkeit. Wir aber müssen für unsere Ziele an die Schmerzgrenze gehen".

Die Sehnsucht nach einem großen Erfolg mit einem Traditionsverein trieb ihn im Juli 2009 zum FC Schalke 04. Und weil er wusste, dass er in Wolfsburg nicht mehr erreichen konnte als ohnehin schon. In Gelsenkirchen warten sie seit 1958 auf die Deutsche Meisterschaft. Eine Aufgabe, wie gemacht für Felix Magath, der wie zuvor in Wolfsburg als Alleinherrscher antrat - als Trainer und Manager gleichzeitig. Im ersten Jahr belegten die Schalker Platz zwei, wieder einmal. In der Saison 2010/2011 war im März Schluss, auch wenn der Verein letztlich das Viertelfinale in der Champions League und das Endspiel des DFB-Pokals erreichte.

Sein Heldenstatus war endgültig zerstört

Aber es hat nicht mehr gepasst. Er hatte mit seiner Transferpolitik die Fans gegen sich aufgebracht, die um die Identität ihrer Lieblingsmannschaft fürchteten - bei 40 neuen Spielern in 21 Monaten. Sie hängten ein Plakat im Stadion auf: "Unser Verein ist keine Diktatur." Vom unmenschlichen System Magath war die Rede. Klubchef Clemens Tönnies sagte hinterher: "Es hat einen Riss durch unseren Verein gegeben. Das darf nie wieder vorkommen." Es war eine Demontage. Nur zwei Tage nach der Trennung heuerte Felix Magath am 18. März 2011 erneut in Wolfsburg an, schaffte auch dort den Klassenerhalt. Zurück zu den Wurzeln.

In Wolfsburg lief's zuletzt auch nicht mehr so gut.

In Wolfsburg lief's zuletzt auch nicht mehr so gut.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach Platz acht in der Saison drauf war am 25. Oktober 2012 Schluss. Er hinterließ einen aufgeblähten Kader mit 34 Angestellten. In 19 Monaten hatte Felix Magath 28 Spieler verpflichtet, 43 abgegeben. Das kostete den VfL und seinen Sponsor VW insgesamt 71 Millionen Euro - bei Einnahmen von 30 Millionen Euro, wie die "Welt" seinerzeit bilanzierte. Nur ein Konzept erkannten seine Chefs dabei nicht. Im Meisterjahr 2009 hatte sich niemand daran gestört, nun verwendeten sie es gegen ihn. Ein unwürdiges Ende. Sein Heldenstatus war endgültig zerstört. Und nun?

Sagt Felix Magath das, was viele erfolgreiche Männer im Ruhestand sagen. Er will sich mehr um seine Familie, seine Frau und seine drei Kinder kümmern, "was lange Zeit viel zu kurz gekommen ist". Er geht in die Berge, er nimmt Tennisstunden. "Ich lasse es mir gut gehen." Vor allem aber gelte: "Ich bin mit mir restlos im Reinen, auch was die Diskussion über meine Trainingsmethoden betrifft oder wie ich Mannschaften zusammengestellt habe", sagte er der "Welt". Er habe "immer prompt geliefert". Es gebe Gründe, warum es in seiner zweiten Wolfsburger Amtszeit nicht so lief, wie er sich das vorgestellt hatte. Reden will er darüber nicht. Und ganz für immer ist mit dem Fußball wohl nicht Schluss. Trotz aller Vorbehalte. "Grundsätzlich kann ich mir vorstellen, einen Klub zu führen."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen