Schweden attackiert IOC nach positivem Dopingtest "Justizmord" überschattet Eishockey-Finale
23.02.2014, 20:41 Uhr
		                      Die Schweden sind verärgert. Ihr bester Mann Nicklas Bäckström wurde kurz vor dem Beginn des Olympia-Finales gesperrt. Grund ist eine positive Dopingprobe.
(Foto: AP)
Schwedens Eishockey-Nationalmannschaft verliert im Olympia-Finale von Sotschi klar gegen Kanada. Superstar Nicklas Bäckström fehlt dabei wegen eines positiven Dopingtests. Zu Unrecht, sagt sein Trainer und greift das IOC heftig an. Ein Skandal droht.
Es sollte der sportliche Höhepunkt der Olympischen Winterspiele werden, stattdessen überschattete ein Dopingskandal mit unabsehbaren Folgen das Eishockey-Finale von Sotschi. Während die Kanadier nach dem 3:0-Sieg gegen Schweden noch auf dem Eis wie losgelöst ihr historisches Olympiagold feierten, stand Per Märts, Trainer des unterlegenen Weltmeisters, in den Katakomben des Bolschoi Palastes. Wütend und frustriert erklärte er das Fehlen seines Superstars Nicklas Bäckström. Er sprach von "Justizmord" und richtete schwere Vorwürfe an das IOC.
Beim Warm-up hatten die Schweden erfahren, dass NHL-Star Bäckström, Center der Washington Capitals, wegen eines positiven Tests auf Ephedrin nicht spielen durfte. "Das ist Mist, das ist Kindergarten", fluchte Coach Pär Marts - und bezog dies nicht auf Bäckström. "Das IOC hat hier Dinge verbockt", sagte Marts: "Das ist Justizmord."
Schwere Vorwürfe gegen IOC
  Nicklas Bäckström überragte im Halbfinale gegen Finnland. Anschließend wurde er bei einer Dopingkontrolle positiv getestet.
(Foto: AP)
Das Internationale Olympische Komitee kannte angeblich 36 Stunden vor dem Finale das Ergebnis der Probe, aber erst drei Stunden vor dem Spiel wurden die Schweden informiert. Die B-Probe wird noch geöffnet. Der Spieler war schon in der Halle - und musste mit dem Fahrrad zur Anhörung der IOC-Diziplinarkomission fahren. "Ich habe mit den Spielern und Trainern gesprochen. Wir sind alle sehr aufgebracht. Unsere Meinung ist, dass das IOC einen der größten Eishockeytage Schwedens ruiniert hat", sagte der schwedische Sportdirektor Tommy Boustedt. Seine Delegation behielt sich ausdrücklich rechtliche Schritte vor.
"Das ist einer der härtesten Tage in der schwedischen Eishockey-Geschichte, und alles wegen des IOC", sagte Boustedt und entwarf eine Verschwörungstheorie: "Der Zeitpunkt war verheerend, das ist kein Doping. Das ist etwas anderes. Das ist eine politische Sache. Wir werden über diese Dinge sprechen müssen." Bäckström selbst gab kurz nach Spielende in den Katakomben der Arena eine Pressekonferenz - und rang sichtlich um Fassung.
Allergiemittel sollen schuld sein
"Ich habe nichts zu verstecken. Ich leide seit sieben Jahren an einer Allergie und nehme Medikamente. Ich war schockiert. Ich muss damit klar kommen, aber ich habe das Gefühl, nichts anders gemacht zu haben als in den vergangenen sieben Jahren. So etwas habe ich noch nie erlebt." Er erklärte, dass er in intensiver Abstimmung mit dem Arzt eine Pille pro Tag nähme.
Mark Aubry, der Chefmediziner des Eishockey-Weltverbandes, nahm Bäckström ausdrücklich in Schutz. "Meiner Meinung nach handelt es sich hier nicht um Doping. Er ist ein unschuldiges Opfer", sagte er.
Laut Marts ist der 26 Jahre alte Center bereits nach dem Viertelfinale gegen Slowenien (5:0) positiv getestet worden - ob Finnland einen Einspruch gegen die Wertung des Halbfinals erwägt, war zunächst unklar. Beim 2:1-Sieg der Schweden hatte Bäckström eine überragende Leistung gezeigt.
Kanada sichert sich Rekord
Im Finale fehlte er - und "Tre Kronor" knüpfte nicht mehr an die starken Auftritte aus dem Turnierverlauf an. Nicht umsonst begründete Marts die Niederlage direkt auch mit dem Fehlen seines Schlüsselspielers. "Um Kanada zu schlagen, braucht man alle seine besten Spieler", sagte der Coach, "die Sache mit Bäckström hat uns mehr beeinflusst, als man denken mag". Bäckström selbst war am Boden zerstört. "Ich habe das Spiel im Olympischen Dorf gesehen. Das waren in Sotschi die lustigsten und tollsten zwei Wochen meines Lebens. Das wäre das wichtigste Spiel meiner bisherigen Karriere gewesen, und ich wurde daran gehindert. Das ist sehr traurig."
Der Fall könnte sich zum sechsten Dopingfall der Spiele und zu einem gewaltigen Skandal ausweiten - doch das war den Kanadiern völlig egal. Mit der Schlusssirene saß Superstar Sidney Crosby auf der Bande und strahlte vor Stolz und Glück: Die historische Gold-Mission ist erfüllt, Team Canada ist mit nun neun Olympiasiegen alleiniger Rekord-Gewinner bei Winterspielen - und ließ damit ausgerechnet Russland hinter sich. Die Sbornaja war bei ihren "Heimspielen" im Viertelfinale sang- und klanglos mit 1:3 ausgeschieden.
Quelle: ntv.de, Nicolas Reimer/Emanuel Reinke, sid