Maffay und der kleine Grüne "Ich mache Krach und hüpfe rum"
19.10.2011, 08:49 Uhr
Mit "Tabaluga" am Gipfel angekommen: Peter Maffay.
(Foto: Andreas Ortner / Sony Music)
Mit "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" bricht alle Rekorde. Schließlich ist es sein insgesamt 15. Nummer-1-Album in den deutschen Charts. Trotzdem soll der fünfte "Tabaluga"-Teil der letzte gewesen sein. Damit geht eine Erfolgsgeschichte zu Ende, die Maffay vor knapp 30 Jahren mit mehreren Mitstreitern begann und bei der es längst um mehr als "nur" ein Rock-Musical geht. Nicht zuletzt ist der kleine, grüne Drache Symbolfigur von Peter Maffays Stiftung, mit der er sich um benachteiligte, kranke und traumatisierte Kinder kümmert - in Deutschland, Rumänien und auf Mallorca, wo er auch selbst mit seiner Familie auf einem Öko-Bauernhof lebt. n-tv.de traf Deutschlands erfolgreichsten Sänger zu einem Gespräch über Gott, die Welt und die Zeichen der Zeit.
n-tv.de: Sage und schreibe 28 Jahre ist es inzwischen her, dass "Tabaluga" geboren wurde. Hätten Sie sich damals, 1983, denken können, dass Sie der kleine Kerl heute noch so beschäftigen würde?
Peter Maffay: Nein. Das hat sich niemand denken können. Das hat sich einfach entwickelt. Irgendwann nach der zweiten Scheibe haben wir gemerkt, dass da mehr drin ist als "nur" die Geschichte. Beim dritten Album haben wir festgestellt, dass man es auch auf die Bühne bringen kann. Und als wir das dann gemacht haben, haben wir das erste Mal erst richtig gespürt, welches Feedback das erzeugen kann und wie es anfing, vielen Menschen - Großen und Kleinen - etwas zu bedeuten. Das führte dann zur Stiftung, wodurch es noch mal an Substanz hinzugewonnen hat. Und jetzt ist es wie eine kleine Philosophie.
Das zentrale Thema des neuen, fünften Albums "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" ist, wie der Titel schon sagt, die Zeit. Auch 28 Jahre sind eine lange Zeit, in der sich die Welt komplett verändert hat - vom Zusammenbruch des Ostblocks bis hin zur digitalen Revolution durch Computer und Internet. Hat das auch Ihre Sicht auf "Tabaluga" verändert?
Natürlich. Alles, was uns betrifft - Begegnungen, Erlebnisse und so weiter -, hat irgendwo in die Arbeit Eingang gefunden. Manchmal unquantifizierbar. Manchmal gab es aber auch einen konkreten Anlass, auf den man sich bezog und etwas daraus machte. Das passierte bei den "Tabaluga"-Alben vielleicht sogar noch stärker, weil es da eigentlich immer ein übergeordnetes Thema gab. Die Geschichte mit der Zeit ist auf meinem Mist gewachsen. Ich habe mich gefragt: Was ist Zeit für mich? Und ich habe herausgefunden: Zeit ist ein ewiger Kampf. Neun Monate, bevor man auf die Welt kommt, geht das bereits los. Schon da hat man irgendwie schlechte Karten, wenn man die Zeit nicht richtig einhält. (lacht)
Wo ist da für Sie der Bezug zu den angesprochenen Veränderungen auf der Welt?
Diese Verschiebungen sind alle Zeichen der Zeit - egal, ob sie gesellschaftlich oder politisch sind, und egal, ob es um den Abbau von Rohstoffen oder die fehlende gerechte Umverteilung geht. Es sind Zeichen der Zeit, mit denen wir es zu tun haben. Und wenn nicht wir, dann die kommenden Generationen. Man muss es sich erarbeiten, sie zu erkennen, um den Hebel zur richtigen Zeit umzulegen. Das schützt einen vor allzu vielen Kollisionen. Das war schon immer so und wird immer so sein. Heute ist das aber noch stärker aufgezeigt, weil unsere Zeit abläuft. Wir sind irgendwann einmal in die Zeit gekommen - fünf Minuten vor zwölf in der Schöpfungsgeschichte. Unsere Perspektive reicht aber wahrscheinlich nicht über fünf nach zwölf hinaus.
Abgesehen von den Veränderungen auf der Welt ändert sich in 28 Jahren auch im persönlichen Leben viel. Sie haben heute einen achtjährigen Sohn. Haben Sie sich mit ihm das neue Album schon angehört?
Nein, im Ganzen noch nicht. Er kennt Fragmente und singt auch schon das eine oder andere Lied in Teilen nach. Aber ich hatte bisher noch keine Zeit, mich mit ihm hinzusetzen und es gemeinsam anzuhören. Das mache ich aber noch. Dann setze ich mich mit ihm ganz still in eine Ecke und höre mir an, wie er es so sieht.
Sie haben die Grundwerte von "Tabaluga" mal als humanistisch, pazifistisch und ökologisch beschrieben. "Tabaluga" ist ein Kindermärchen - das klingt aber zutiefst politisch …
Ja, wenn Sie diese Kette fortsetzen, führt das zu einer politischen Position, gar keine Frage. Und die Tatsache, dass "Tabaluga" grün ist, ist kein Zufall.
Politisch haben Sie aber doch eigentlich immer offen mit der SPD sympathisiert …
Aber ich habe kein Parteibuch. Und: Nothing lasts forever. Namen und Prädikate interessieren mich nicht, sondern der Inhalt. Wenn die SPD Inhalte vertritt, die relevant und konstruktiv sind, wird sie weiterhin die Partei sein, die ich wähle. Wenn es aber die Grünen, die Freien oder irgendwelche anderen sind, dann werde ich dem Inhalt folgen und zum Wechselwähler. Klar, es gibt einige Adressen, die für mich überhaupt nicht infrage kommen. Aber solange es sich um eine demokratische Partei mit einer klaren demokratischen Ausrichtung handelt, ist für mich alles legitim.

Mit dem neuen "Tabaluga"-Album stürmte Maffay soeben zum 15. Mal die Spitze der Charts.
(Foto: Andreas Ortner / Sony Music)
Das Lied des Löwen, "Zeit ist Geld", auf dem neuen "Tabaluga"-Album klingt sogar wie Kapitalismus-Kritik - ein Kommentar zur aktuellen Lage?
Ja, wir erleben es doch: Diese Form von Religion wird nicht mehr von allen angenommen. Und es sind wieder einmal die Jungen, die sagen: Ihr verbratet da, ohne mit der Wimper zu zucken, unsere Zukunft. Gott sei Dank gibt es jetzt diese Bewegung. Sie hätte schon viel früher einsetzen müssen. Und auch man selbst hätte, mit Verlaub gesagt, den Arsch viel früher hochkriegen müssen. Es ist höchste Zeit, dass das Diktat des Geldes durchbrochen wird und diese Form von Kapitalismus aufhört. Es muss ein Ende haben, dass immer nur einige wenige profitieren. Und vor allem muss die Politik endlich kapieren, wie sie vom Kapital gegängelt wird. Sonst wird selbst in den stabilsten Ländern eine Labilität eintreten, von der wir uns keine Vorstellung machen. Die Kritiker werden noch viel mehr werden.
Hat es dann überhaupt Sinn, dass ich Sie frage, was für Sie wichtiger ist - Zeit oder Geld?
Nun ja, ich tue mich natürlich sehr viel leichter als viele andere, mich in der Frage von Geld entspannt zu geben. In meinem Leben ist davon so viel da, dass ich mir nicht allzu große Sorgen machen muss - jetzt. Alles ist vergänglich, auch ein Haufen Geld kann zu Nichts zerfallen. Wir brauchen nur einen weltweiten Kollaps und eine Geldentwertung. Dann guckt man - egal wer - in die Röhre. Aber unter den jetzigen Voraussetzungen kann ich mir natürlich erlauben, zu sagen, dass Zeit wichtiger ist. Es gibt jedoch Leute, die haben nichts. Für die ist ein bisschen Geld alles, weil es ihre Situation erheblich verändert. Insofern muss man seine Aussagen in dieser Frage immer relativieren.
Wo Geld auf jeden Fall eine wichtige Rolle spielt, weil es ohne gar nicht ginge, ist bei Ihrer Stiftung …
Ja, das ist übrigens ein Grund, weswegen ich immer viel Geld verdienen will. Wirklich - weil ich dann zusammen mit meinen Freunden Geld in diese Stiftung geben kann, wie wir es jedes Jahr tun.
Die Stiftung liegt Ihnen sehr am Herzen. Hat sie für Sie mittlerweile möglicherweise sogar einen höheren Stellenwert als Ihr künstlerischer Ausdruck als Musiker?
Also, ich setze ja nicht wirklich etwas Riesiges künstlerisch um. Ich fahre mit einer Harley auf die Bühne, mache ein bisschen Krach und hüpfe rum. Und ich singe ein paar Lieder, die die Leute und mich beim Spielen erfreuen. Das ist ja keine riesengroße Erfindung. Das machen auch andere - und viele von ihnen besser, das ist mir auch klar. "Tabaluga" ist da schon eine andere Geschichte. Das hat eine andere Qualität. Damit ist uns, ohne dass wir es je in dieser Form beabsichtigt hätten, wirklich etwas inhaltlich Substanzielleres gelungen. Deswegen ist es wertvoll. Deswegen muss man es beschützen und vorsichtig damit umgehen. Und während wir uns bemühen, dem kleinen Grünen nicht das Rückgrat zu zerbrechen, gelingt es uns, uns zu positionieren. Und während wir uns positionieren, sind wir ein bisschen erkennbarer in der Gesellschaft.
Sie haben angekündigt, dass "Tabaluga und die Zeichen der Zeit", definitiv das letzte "Tabaluga"-Album sein soll. Warum eigentlich?
(Peter Maffay überlegt kurz) Es ist eigentlich alles gesagt. Ich wüsste nicht, wo man noch ansetzen sollte … Ich meine, wenn Sie auf den Nanga Parbat hinaufgestiegen und am Gipfel angekommen sind, dann geht es nicht mehr weiter. Jetzt ist es rund. Der kleine Kerl wurde geboren und ist durchs Leben gewandert. Er lebt ja immer noch, wir sagen ja nicht, dass er stirbt. Aber er hat jetzt die Berührung mit der Endlichkeit gehabt - und nun ist's gut. Mal abgesehen davon: Wenn wir den selben Rhythmus wie bisher einhalten würden, dann käme das nächste "Tabaluga"-Album in acht Jahren. Es entzieht sich meiner Kenntnis, was ich da machen werde - wenn der liebe Gott da überhaupt noch mitspielt.
Sie sprechen vom "lieben Gott". "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" endet mit dem Lied "Alles im Leben hat seine Zeit", in dem es heißt: "Denn er ist die Kraft und die Ewigkeit und nur er besiegt die Zeit." Das klingt alles sehr religiös …
Das ist es auch. Es gibt Menschen, die glauben nicht an Gott - akzeptiert. Es gibt aber auch viele, die an Gott glauben - in Ordnung. Ich tue das auch, auf meine Art und Weise. Ich bin aus der Kirche ausgetreten, aber das bedeutet für mich nicht, dass ich nicht von Gott als Instanz sprechen würde. Ganz im Gegenteil. Ich gehe in die Kirche und ich bete. Wenn es mir schlecht geht, geht es mir danach besser. Ich brauche das. Wir haben bei uns auf dem Grundstück eine wunderschöne Kapelle gebaut, in der die Urne von meiner Mama ist. In ihr ist auch Yaris (Peter Maffays Sohn, Anm. d. Red.) getauft worden. Das ist mir wichtig.

Den Song "Die Zeit hält nur in Träumen an" auf dem neuen "Tabaluga"-Album singt Maffay im Duett mit Ex-Monrose-Sängerin Mandy Capristo.
(Foto: Andreas Ortner / Sony Music)
War das schon immer so?
Nein, mit 14 etwa habe ich damit keine Berührung gehabt, das ist später entstanden. Ich glaube, weil ich einen Beruf habe, in dem ich sehr viel mit Menschen zu tun habe. Das fordert mich heraus, mich zu positionieren - auch in diesen Fragen. Mir tut das gut, sagen wir es so. Und ich merke, dass es anderen gut tut. Kinder, die zu uns kommen und an der Kapelle vorbeilaufen, fragen: Was ist das? Dann sage ich ihnen: Geht rein, setzt euch hin und hört zu. Sie antworten dann: Da hört man nichts. Und ich sage: Das stimmt nicht, ihr müsst nur lange genug hören. Manche meinen dann: Was erzählt der nur wieder für einen Schmarrn. (lacht) Aber andere kapieren das dann doch. Yaris kam mal aus der Kapelle und hat mich gefragt: Wohnt hier der liebe Gott? Was für ein Satz, da war er vier …
Und was haben Sie ihm geantwortet?
Ich habe gesagt: Ich weiß es nicht. Er wohnt überall, wahrscheinlich auch da drin. Aber bei dem Album spielt das auf jeden Fall eine Rolle. Das ist auch unsere und meine Sichtweise: Wir kommen aus der Zeit und wir verschwinden in der Zeit. In der Bibel sind wir Asche und werden zu welcher. Wir existieren innerhalb der Zeit ein bisschen - und dann sind wir weg. Die Zeit ist übermächtig. Nur eine Instanz überragt sie. Das ist die Schöpfung, denn von ihr ist die Zeit ein Teil.
Ist denn mit Ihrem Abschied von "Tabaluga" über kurz oder lang auch dessen Zeit abgelaufen - oder kann "Tabaluga" nicht auch ohne Peter Maffay weiter existieren?
Doch, auf jeden Fall, das ist das Ziel. Wenn wir es schaffen, unsere Stiftung auf solche Beine zu stellen, dass sie autark bestehen kann, dann wird "Tabaluga" mit all seinen Parametern und Werten weiterleben. Aber wir sind nicht Siemens oder VW. Wir sind kein Unternehmen mit etlichen Millionen an Stiftungskapital, das allein durch die Verzinsung so viel "Working Capital" erzeugt, dass man damit alles bewegen könnte. Wir gehen stattdessen hausieren und kriegen mal hier und mal dort Spenden. Damit tragen wir die eine Million Euro zusammen, die wir nebenher noch jedes Jahr brauchen, um die Stiftung am Leben zu erhalten. Eine Million - das ist für uns eine Menge Geld.
Kommen wir noch einmal zu Ihrer persönlichen Zeit. Sie sind 2010 mit dem Echo für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden. Wenn man so einen Preis erhält, denkt man wahrscheinlich …
… ans Abnippeln. (lacht)
Das wollte ich natürlich nicht sagen. Aber haben Sie sich in erster Linie geehrt gefühlt oder sind Sie erschrocken?

Der Rockmusiker Peter Maffay - "das ist keine riesengroße Erfindung".
(Foto: picture alliance / dpa)
Ich glaube, wenn man es locker genug betrachtet, dann kann man auch amüsiert sein. Aber man ist schon auch geehrt. Es war zauberhaft, wie Nena das rübergebracht hat (Nena hielt die Laudatio, Anm. d. Red.). Und es war überraschend für mich, zu sehen, wie viele junge Kollegen von mir im Publikum saßen, die uns das gegönnt haben. Das ist ja nicht immer der Fall. Aber ich glaube, wir haben uns da auch in Deutschland inzwischen zu einer lockereren Gemeinschaft entwickelt. Die meisten Kollegen von mir gehen über die - in Anführungszeichen - Grenzen von Stilistik locker miteinander um. Das ist Gott sei Dank nicht mehr so dumm wie vor zehn, fünfzehn Jahren.
Haben Sie dafür eine Erklärung?
Ich denke, das hängt unter anderem damit zusammen, dass es kein Diktat mehr gibt, das man nicht durchbrechen könnte. Wenn Medien oder Rundfunkanstalten sagen, was der gute Geschmack sein soll, kann man heute den Mittelfinger zücken, ins Internet gehen und dort veröffentlichen. Und wenn Plattenfirmen "No, no, no" sagen, kann man sein eigenes kleines Label machen. Damit sind schon viele extrem erfolgreich geworden. Weil sich das so verändert hat und für so viele Nischen auch ein Publikum da ist, geht man inzwischen anders miteinander um. Beim Echo war das für mich wirklich ein "warmer Regen".
Ist ein Beispiel dafür, dass man nicht mehr so extrem in stilistischen Grenzen denkt, auch Ihr Mitwirken am gemeinsamen Album von Sido und Bushido? Darauf befindet sich ja eine Rap-Version des vielleicht bekanntesten "Tabulaga"-Songs "Ich wollte nie erwachsen sein" mit Ihrem Gesang …
Ja, das ist ein lebendiges Beispiel. Vor Jahren hat das schon einmal Scooter gemacht - mit demselben Song. Jetzt taucht er schon wieder in einer anderen Verpackung auf. Das macht Spaß. Die Jungs sind ja nun mit dem Album draußen, sie werden damit sicher auf 1 gehen - und darauf ist ein Märchensong. (lacht) Daran sieht man aber auch, dass gewisse Prinzipien für alle gelten: Emotionen zu empfinden, ist keine Frage von Stilistik. Wir kommen auf die Welt mit zwei Armen, zwei Beinen, einem Herz und einem Kopf. Das bisschen Äußerlichkeit - ein Tattoo mehr oder weniger - macht da den Kohl nicht fett.
Nochmal zurück zu Ihrem Lebenswerk. Sie sind inzwischen 62. Haben Sie Angst vor dem Alter?
Nein, wenn ich Angst davor hätte, würde ich das nicht machen, was ich mache. Dann würde ich mich auf der Straße vielleicht verstecken und immer rechts und links gucken, dass mich bloß niemand entdeckt. Ich habe keine Angst vor dem Alter. Ich habe Angst vor Krieg, Krankheit und davor, dass meiner Familie etwas passiert. Ich hätte, wenn das passieren würde, Angst vor mir selbst, weil ich dann vielleicht Dinge machen würde, die ich nicht machen will. Und ich habe Angst davor, dass die Klugheit der Menschen, obwohl es sie gibt, wahrscheinlich nicht ausreichen wird, um unser Ende zu vermeiden. Das wird eine Zeit dauern. Wir erleben das wohl nicht mehr. Aber ich glaube leider, dass das unser Schicksal sein wird.
Sind Sie so ein pessimistischer Mensch?
Nein, eigentlich bin ich kein Schwarzmaler, sondern denke immer sehr positiv. Sagen wir es so: Ich kann nur hoffen, dass die Klugheit der Menschen ausreichend sein wird. Aber: I doubt it ("Ich bezweifele es", Anm. d. Red.). Nach dem, was ich sehe, hätten wir schon vor langer Zeit den Hebel umlegen, die Uhr anhalten und etwas tun müssen. Mein Gefühl ist: Unsere Chancen, die nötigen Korrekturen vorzunehmen, schwinden immer mehr.
Sie richten den Blick also weniger auf sich persönlich als auf das große Ganze …
Ja, alleine die 62 Jahre, die mir bisher vergönnt waren, sind so reichhaltig, dass ich nicht den leisesten Grund zu meckern oder zu klagen hätte. Wenn es noch ein paar Jahre mehr werden - fantastisch! Ich möchte gerne meinen kleinen Jungen zu einem Mann werden sehen. Mein Vater ist 85. Er hat das alles erleben können. Das war sehr schön. Und ich merke auch in unserem Verhältnis, dass uns das sehr zusammengeschweißt hat. Eine solch ähnliche Erfahrung wünschte ich mir. Dann ist's gut.

Das Album "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" ist seit 7. Oktober 2011 erhältlich.
(Foto: Sony Music)
In "Ich wollte nie erwachsen sein" aus dem ersten "Tabaluga"-Album von 1983 singen Sie ja die Textzeile "Irgendwo tief in mir bin ich ein Kind geblieben". Wenn ich richtig gerechnet habe, waren Sie damals 34. Wie viel Kind steckt heute noch in Peter Maffay?
Diese Klammer ist auch heute noch gültig. Sich Kindlichkeit zu bewahren und auch mal ein Kindskopf zu sein, gelingt auch noch im hohen Alter und ist wahnsinnig wertvoll. Wenn ich da noch einmal an meinen "alten Herren" denke: Er sitzt in seiner Werkstatt und bastelt mit einer unfassbaren Hingabe an Flugmodellen. Und nachher nimmt er die ganz liebevoll, geht auf irgendeine Wiese und versenkt sie im Acker. (lacht) Und er hat einen Riesenspaß dabei.
Kann ich mir vorstellen. Machen Sie da nicht mit?
Nein, ich versenke andere Dinge. (lacht) Aber ein bisschen Spielen, ein bisschen Sandkasten ist wichtig. Mir wird ja immer so eine große Ernsthaftigkeit angedichtet. Die ist manchmal auch da. Aber natürlich habe ich auch Lust auf Lachen, ein entspanntes Leben und darauf, nicht alles tierisch ernst zu nehmen. Das gelingt mir jetzt eigentlich besser als früher. Insofern kann es wirklich gar nicht so gut sein, vernünftig zu werden.
Mit Peter Maffay sprach Volker Probst
Peter Maffay geht mit der Bühnen-Show zu "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" von Oktober bis Dezember 2012 auf Tour: Hamburg (12. und 13.10.), Halle (16.10.), Frankfurt am Main (19. und 20.10.), Nürnberg (23.10.), Berlin (26. und 27.10.), Erfurt (30.10.), Stuttgart (2. und 3.11.), Mannheim (6.11.), Dortmund (9. und 10.11.), München (16. und 17.11.), Köln (23. und 24.11.), Leipzig (30.11. bis 2.12.), Oberhausen (8.12.), Bremen (13.12.), Rostock (18.12.)
Quelle: ntv.de