Grafiken zum ESC-Voting 2021 Fans rocken (wieder) an der Jury vorbei
23.05.2021, 15:26 UhrSeit 2016 wird das Voting beim Eurovision Song Contest inzwischen separat veröffentlicht. Ergebnis sind überraschende Abstürze und Aufholjagden, weil Experten- und Fanwertungen oft gehörig auseinandergehen. Das bleibt auch 2021 so, wie der Siegertitel zeigt. Der "Differenz-Rekord" wird aber nicht einmal annähernd erreicht.
Vor fünf Jahren wurde das Voting beim Eurovision Song Contest "radikal" geändert, wie es auf der offiziellen deutschen ESC-Homepage heißt. Seitdem, also seit 2016, werden die beiden Wertungskategorien nicht mehr zusammen veröffentlicht, sondern nacheinander. Erst gibt es die Punkte der Jurys, dann die der Fans. Das erhöht wie von den Veranstaltern erhofft tatsächlich die Spannung, was beim gestrigen ESC-Finale und dem großen Zittern des Schweizer Jury-Lieblings Gjon's Tears und der italienischen Glamrock-Sieger-Band Måneskin erneut zu sehen war.
Das legt aber auch die immer wieder großen Unterschiede zwischen Experten- und Zuschauerbewertungen offen und erklärt zumindest teilweise, warum der von einer Jury gekürte deutschen Teilnehmer Jendrik mit indiskutablen drei Punkten Vorletzter wurde - unterboten nur vom Briten James Newman, der mit seiner doppelten Nullnummer immerhin als einziger Finalist 2021 von Jury und Publikum die exakt gleiche Punktzahl erhielt.
In der Tabelle können Sie durch Umschalten zwischen "Gesamt", "Jury" und "Publikum" das jeweilige Ranking für die gewählte Kategorie anzeigen lassen.
Die Auswertung von Jury- und Publikumswertungen 2021 zeigt, dass Italien seinen insgesamt dritten Triumph beim ESC nach 1964 und 1990 den Zuschauern zu verdanken hat. Die vergaben an Måneskin den Höchstwert von insgesamt 318 Punkten - und damit 112 Punkte mehr an die Italiener als die Expertengremien der 39 Teilnehmer-Jurys. In deren Ranking hätte Italien sogar die Top 3 verpasst.
Auffällig: Größer als bei Italien war die Diskrepanz zwischen Fan- und Expertenvoting nur bei der Ukraine (+170) und Finnland (+135) - und natürlich bei Malta, das allerdings von den Jurys sagenhafte 161 Punkte mehr erhielt als vom Publikum. Konsequenz für die maltesische Künstlerin Destiny und ihren Song ("Je me casse"): Der Absturz von Top-Rang 3 nach Bekanntgabe des Jury-Votings auf Gesamtplatz 7, da Malta im Zuschauervoting nur den bescheidenen 14. Rang belegt hatte.
Einen dreistelligen Punkte-Jury-Bonus im Vergleich zum Fanvotum gab es auch für Victoria aus Bulgarien - und besagten Schweizer Beitrag. Ähnlich synchron wie beim britischen Beitrag tickten Jurys und Zuschauer hingegen bei der letztlich Zweitplatzierten Barbara Pravi aus Frankreich, deren Chanson-Beitrag "Voilà" in beiden Kategorien fast identische Punktzahlen erhielt.
Auffällig auch: Die etwas großzügigere Punktevergabe der Jurys im Vergleich zum Publikum. Bei den Jurys blieb einzig der britische Beitrag als komplett punkteunwürdig, während es für den deutschen Starter Jendrik immerhin zwei Jury-Trostpunkte aus Österreich und einen aus Rumänien gab. Die Kartendarstellung aller Publikumspunkte für Jendrik fällt entsprechend übersichtlich aus. Einziger deutscher Trostpunkt hier: Neben Großbritannien und Deutschland gingen auch noch Spanien und Gastgeber Niederlande komplett leer aus.
Historisch betrachtet reichen die 170 Punkte Differenz der Ukraine zwischen Publikums- und Juryvotum in diesem Jahr zwar für die Top 10 der größten Punktabstände - aber nicht für einen echten Top-Platz. Den belegt seit 2019 der Norweger KEiiNO, dessen Song "Spirit in the Sky" damals 291 von den Zuschauern erhielt - aber nur 40 von den Jurys. Zumindest platztechnisch noch etwas krasser fiel der Unterschied 2016 beim Polen Michał Szpak ("Color Of Your Life") aus. Er erhielt von den Experten lediglich 7 Punkte, was den vorletzten Platz im Jury-Ranking bedeutete. Von den Zuschauern wurde Szpak hingegen mit 222 Punkten überschüttet, dem zweitbesten Publikumswert in diesem Jahr.
Größter "Jury-Liebling" der jüngeren ESC-Geschichte bleibt derweil der Schwede Benjamin Ingros. Dessen Song "Dance you off" würdigten die Jurys 2018 mit 253 Punkten, einem absoluten Topwert. Bei den Zuschauer kam Ingros hingegen gar nicht an - und stürzte mit mickrigen 21 Zählern noch auf Gesamtrang 7 ab.
Quelle: ntv.de, cwo