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Vor 60 Jahren erfüllte sich ein lange gehegter europäischer Traum.
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Der Mont Blanc, die höchste Erhebung der Alpen an der französisch-italienischen Grenze, bekam einen Tunnel.
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Feierlich durchschnitten Italiens Präsident Giuseppe Saragat und sein französischer Amtskollege Charles de Gaulle am 16. Juli 1965 das Band des fertiggestellten Tunnels.
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Drei Tage später durchfuhren die ersten Autos das monumentale Bauwerk - damals der längste Straßentunnel der Welt und ein technisches Meisterwerk.
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Die Idee reicht lange zurück. "Es wird der Tag kommen, an dem man unter dem Mont Blanc eine befahrbare Straße errichten wird, um die beiden Täler, das Tal von Chamonix und das Aosta-Tal, miteinander zu verbinden", ...
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... hielt der Genfer Naturforscher Horace Bénédict de Saussure in einem Bericht zu einer Alpen-Expedition fest. Das war 1787 - zwei Jahre vor der Französischen Revolution.
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Es dauerte bis zum Jahr 1959, als nach zähen Verhandlungen zwischen Frankreich, Italien und der Schweiz die ersten Bohrtrupps anrückten.
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Beide Seiten spornten ihre Arbeiter zu einem Wettkampf an: Das Team, das als erstes die Bergmitte erreichen sollte, sicherte seinem Land die späteren Durchfahrtgebühren für den mittleren Kilometer.
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Die Franzosen waren zwar technisch überlegen, wurden aber durch Streiks ausgebremst. Am Ende gewannen die Italiener.
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Doch der Tunnel forderte auch seine Opfer. Während der Bauarbeiten verloren bei Unfällen rund zwei Dutzend Menschen ihr Leben.
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1962 wurden schließlich die letzten Meter Fels weggesprengt. Rund 3000 Meter unter den mächtigsten Bergspitzen Europas trafen Arbeiter aus Italien und Frankreich aufeinander und feierten den Durchbruch.
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Nach seiner Eröffnung, rund drei Jahre nach dem Durchstich am 14. August 1962, war der Mont-Blanc-Tunnel aber erst einmal jahrelang eine reine Attraktion.
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Die Röhre zwischen Chamonix auf der französischen und dem Aosta-Tal auf der italienischen Seite war mit 11,6 Kilometern die bislang größte ihrer Art.
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Sie verkürzte die Fahrtstrecke und die Reisezeit zwischen Städten wie Genf und Mailand um zahlreiche Kilometer und Stunden.
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Statt Serpentinen und großer Höhenunterschiede gibt es im Berg gerade einmal 2,5 Prozent Steigung zu bewältigen.
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Pro Tag passieren durchschnittlich 3600 Autos ...
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... und 1700 Lastwagen den Tunnel - bei einer Fahrtzeit von lediglich einer Viertelstunde.
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Fußgänger können den Tunnel im Autobus durchqueren.
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1999 wurde die Röhre Schauplatz einer der verheerendsten Tunnelkatastrophen überhaupt.
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Am 24. März 1999 geriet im Tunnel der Motor eines belgischen LKW in Brand.
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Als wahrscheinlichste Ursache gilt eine Zigarettenkippe, die den Luftfilter des LKW vom Typ Volvo FH12 entzündet haben soll.
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Die Ladung begünstigte das Feuer. Diese bestand aus Margarine und Mehl. Durch die Lüftung in der Röhre weitete sich das Feuer schnell zu einem Inferno aus.
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Erschwerend kam hinzu, dass der Fahrer des Lasters sein Fahrzeug verließ, obwohl er es möglicherweise noch aus dem Tunnel hätte fahren und damit die tödlichen Folgen des Unglücks hätte verhindern können.
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Er selbst entkam den Flammen. Nicht aber die Insassen vieler nachfolgender Fahrzeuge. Anstatt die Autos zu verlassen und zu Fuß zu flüchten, blieben sie in ihren Wagen sitzen.
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Insgesamt kostete der Brand 39 Menschen das Leben. Die Rettungskräfte benötigten 53 Stunden, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen.
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Das Unglück legte den Tunnel rund drei Jahre komplett lahm und löste weltweit eine Diskussion über die Sicherheitsvorkehrungen aus. Eine neue EU-Richtlinie zur Tunnelsicherheit war die Folge.
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Denn die Brandschutzvorkehrungen erwiesen sich bei dem Großbrand als völlig unzureichend. Zum Beispiel konnte das Belüftungssystem die giftigen Rauchgase nicht schnell genug aus dem Tunnel befördern.
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Etliche der Opfer starben also nicht in den Flammen, sondern an einer Rauchvergiftung.
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Auch die Brandschutzräume waren für einen Großbrand dieser Art nicht ausgelegt. Maximal zwei Stunden hielten die Zellen einem Feuer stand.
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Unter den Opfern des Infernos war auch Pierlucio Tinazzi. Er war der Sicherheitswart des Tunnels.
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Unter Einsatz seines Lebens soll er zehn Menschen vor dem Flammentod bewahrt haben.
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Er selbst starb in einem der Brandschutzräume.
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Sein Motorrad soll aufgrund der Hitze regelrecht in den Asphalt des Tunnels eingeschmolzen sein.
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Heute erinnert nur noch ein steinernes Mahnmal in der Nähe des Tunneleingangs an die Katastrophe.
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Nach dem Unglück wurde der Tunnel für 380 Millionen Euro gründlich modernisiert.
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Besonderes Augenmerk wurde jetzt auf die Sicherheitsstandards gelegt.
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Mit der Neueröffnung des Tunnels im Jahr 2002 wurden auch die neuen Brandschutzräume und Fluchtwege präsentiert.
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Zwei Feuerwehrstationen, auf der französischen und italienischen Seite, sollen ein schnelles Eingreifen bei ähnlichen Situationen garantieren.
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Den Titel "längster Straßentunnel der Welt" trägt mittlerweile jedoch der Laerdal-Tunnel in Norwegen.
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Derzeit wird der Mont-Blanc-Tunnel grundlegend saniert. Dafür wird er mehrmals für mehrere Monate komplett gesperrt.
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Nach ersten Arbeiten im Herbst 2023 und 2024 folgt vom September bis voraussichtlich Dezember 2025 die nächste Schließung.
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Insgesamt sollen die Sanierungen 18 Jahre dauern. (hpr/mdi/dpa)
Eröffnung vor 60 Jahren Der Mont-Blanc-Tunnel: Ein Meisterwerk, das zur Todesfalle wurde
Der Tunnel unter dem Mont Blanc verbindet Italien und Frankreich. Die Feierlichkeiten zur Eröffnung im Juli 1965 sind auch eine Demonstration europäischer Ingenieurskunst. Doch 1999 kommt es zu einer Feuer-Katastrophe, die alles verändert.
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