Angela Merkel hat es geschafft. Vier Jahre nach einer Bundestagswahl, bei der ihr erklärtes Wunschbündnis mit der FDP nicht zustande kam, ist sie nun die Bundeskanzlerin einer Koalition aus Union und FDP.Bild 1 von 59 | Foto: AP
Doch Merkel ist nicht mehr dieselbe. Vier Jahre Zusammenarbeit mit der SPD haben ihre Spuren hinterlassen. Obwohl Merkel im Wahlkampf immer klar sagte, sie strebe eine schwarz-gelbe Koalition an, gibt es viele, die glauben, eine Fortsetzung der Großen Koalition wäre ihr lieber gewesen.Bild 2 von 59 | Foto: AP
Auf die Frage, ob sie eine andere sei als 2005 sagt sie: "Ich bin wahrscheinlich älter und reifer geworden, aber der Spaß hat nicht nachgelassen. Mir geht's gut."Bild 3 von 59 | Foto: AP
Für Merkel, so glauben viele, wird das Bündnis mit der FDP eine Fortsetzung der Großen Koalition mit anderen Mitteln. Es ist die erste schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene seit Helmut Kohl - nicht zuletzt deshalb wird sie jetzt häufig mit dem Altkanzler verglichen.Bild 4 von 59 | Foto: dpa
Es gibt noch andere Parallelen. Kohl war ein Patriarch, Merkel ist eine "Mutter". Ihre "neoliberalen" Positionen hat sie aufgegeben. Auch Kohl war kein Marktradikaler. Kritiker werfen Merkel schon jetzt exzessives Schuldenmachen vor: Wie einst Kohl versuche sie, die Stimmen der Wähler zu "kaufen".Bild 5 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Und wie Kohl ist Merkel lange unterschätzt worden: Parteifreunde haben sie belächelt. Sie lächelte zurück und obsiegte. Auch die Medien haben lange nicht gemerkt, dass sie eine Meisterin der Inszenierung ist - darin besser als ihr Vorgänger Gerhard Schröder.Bild 6 von 59 | Foto: dpa
Merkel werden schwarz-grüne Ambitionen nachgesagt. "Es hätte ihr großen Spaß gemacht, Künast und Trittin in einem Bundeskabinett zu domestizieren", sagt ihr Biograf Gerd Langguth der "taz".Bild 7 von 59 | Foto: AP
Dieser Unterschied sorgt für eine weitere Kohl-Parallele: Sie kann mit FDP und SPD regieren, vielleicht gar mit den Grünen. Das gibt ihr das Potenzial einer langen Kanzlerschaft. Langguth meint, Merkel habe "gute Chancen, insgesamt sechzehn Jahre Kanzlerin zu bleiben".Bild 8 von 59 | Foto: REUTERS
Der Parteienforscher Elmar Wiesendahl nannte Merkel einmal "eine Meisterin der politischen Sprechblase".Bild 9 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Sie lässt vieles im Ungefähren: Wofür steht Angela Merkel?Bild 10 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Das Fehlen eines roten Fadens macht sich auch im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP bemerkbar: "Die Formulierungen des 124 Seiten starken Konvoluts sind stellenweise so verschwurbelt, dass jede der beteiligten Seiten sie als ihre Handschrift interpretieren kann", schreibt Manfred Bleskin bei n-tv.de.Bild 11 von 59 | Foto: REUTERS
Sie selbst hatte im März über sich gesagt: "Ich bin mal liberal, mal christlich-sozial, mal konservativ." Je nach Standpunkt klingt das beliebig oder unideologisch. Bild 12 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Es sind allerdings genau jene Adjektive, mit denen die Union gemeinhin ihre Wurzeln beschreibt.Bild 13 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Noch Ende 2003, beim legendären Leipziger Parteitag, hatte die CDU dem Land einen "Reformvertrag" angeboten: "Wohlstand und Sicherheit für Veränderungsbereitschaft und Leistung", brachte Merkel das Angebot auf den Punkt.Bild 14 von 59 | Foto: REUTERS
Der Parteitag forderte radikale Reformen bei Steuern, Sozialsystemen, Krankenversicherung. "Wollen wir uns mit halbherzigen Schritten begnügen ...Bild 15 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb
... oder wagen wir das, was Friedrich Merz vorgeschlagen hat, nämlich einen wirklichen Systemwechsel?", rief Merkel ihrem Publikum zu. Das Protokoll vermerkt an dieser Stelle nur "vereinzelt Beifall". Ihre Gegner schimpften, Merkel sei eine Neoliberale.Bild 16 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb
Dann kam die Wahl, die der Union ein enttäuschendes Ergebnis und Merkel die Kanzlerschaft bescherte. Als Neoliberale ist Merkel seither nicht mehr aufgetreten. Bild 17 von 59 | Foto: AP
In der Zeit der Großen Koalition wetterte Guido Westerwelle regelmäßig, Merkel mache sozialdemokratische Politik: "Wir haben im Bundestag inzwischen vier sozialdemokratische Parteien", schimpfte Westerwelle etwa im November 2007.Bild 18 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Privat gilt Merkel als überaus charmant und klug: Bild 19 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
"Sie ist hochintelligent, lernfähig, von preußischem Arbeitsethos geleitet und völlig unprätentiös. Hinzu kommt ein knochentrockener Humor", sagt ihr Klimaberater Hans Joachim Schellnhuber.Bild 20 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Selbst erklärte Merkel-Anhänger geben zu, dass dies nicht unbedingt für öffentliche Auftritte gilt.Bild 21 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Gelegentlich wirkt Merkel leicht neben der Spur (hier ein Bild von 1997) - ...Bild 22 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
... und eine Meisterin der Rede ist sie ebenfalls nicht.Bild 23 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb
Und doch: Kann ein Gesichtsausdruck nicht auch eine Botschaft sein?Bild 24 von 59 | Foto: AP
Ihre DDR-Herkunft betont Merkel nur selten. Wenn sie es tut - vor allem bei Begegnungen mit amerikanischen Präsidenten - geht es um die "Freiheit", ...Bild 25 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
... seit Adenauer eine der zentralen Botschaften der Union. Ihr aktueller Claim lautet "Freiheit und Sicherheit", 1990, als Merkel in die CDU wechselte, war es "Freiheit, Wohlstand, Sicherheit".Bild 26 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa
Ende 1989 war Merkel in den Demokratischen Aufbruch eingetreten, eine Partei, die zunächst sozial-ökologisch orientiert war, sich später ins konservative Lager bewegt und schließlich im Februar 1990 der CDU-geführten "Allianz für Deutschland" beitritt. Das Bild zeigt DA-Mitbegründer Rainer Eppelmann.Bild 27 von 59 | Foto: Bundesarchiv
Kollegen aus der Akademie der Wissenschaften der DDR, bei der sie seit 1978 als Physikerin beschäftigt ist, sagen später, sie hätten sich Merkel damals auch bei den Grünen vorstellen können.Bild 28 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb
Sie ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Merkel übernimmt die Pressearbeit des DA. Nach der Volkskammerwahl vom 18. März 1990 - bei der ihre Partei katastrophale 0,9 Prozent einfährt - macht Ministerpräsident Lothar de Maizière sie zur stellvertretenden Regierungssprecherin.Bild 29 von 59 | Foto: Bundesarchiv
Ein Glück für Merkel, denn die Akademie der Wissenschaften wird im Einigungsvertrag in Teilen aufgelöst.Bild 30 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Im August 1990 tritt der Demokratische Aufbruch der CDU bei. Merkel erhält einen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern, den sie bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 klar gewinnt. Seither sitzt sie im Bundestag.Bild 31 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Außerdem erhält sie die Planstelle einer Ministerialrätin im Bundespresse- und Informationsamt der Bundesregierung. Im Januar 1991 geht es weiter bergauf: Bundeskanzler Helmut Kohl macht Merkel zur Bundesministerin für Frauen und Jugend.Bild 32 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Im November 1991 wählt sie der CDU-Parteitag in Dresden zur stellvertretenden Parteivorsitzenden, im Juni 1993 erbt sie den Landesvorsitz der mecklenburg-vorpommerschen CDU von Günther Krause.Bild 33 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Nach der Bundestagswahl 1994 übernimmt Merkel das Umweltressort. Bild 34 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Sie tritt vehement für die Kernenergie ein ...Bild 35 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
... und ist Gastgeberin der ersten UN-Klimakonferenz "COP-1" in Berlin. Dass diese Konferenz, die das Kyoto-Protokoll vorbereitet, erfolgreich ist, wird nicht zuletzt Merkel zugeschrieben. Bild 36 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Nach der Abwahl Kohls im September 1998 ist Merkel eine der Zukunftshoffnungen ihrer Partei. Wolfgang Schäuble wird Parteichef und macht sie zur Generalsekretärin. Bild 37 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Als solche organisiert sie das Comeback der Union als Angriff auf Rot-Grün - und den radikalen Bruch mit dem "System Kohl".Bild 38 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa
Doch sie macht auch Zugeständnisse: Ende 1998 heiratet sie ihren Lebensgefährten Joachim Sauer - einen renommierten Chemiker, der an der Humboldt-Uni lehrt. In "wilder Eher" kann eine Frau in der Union nicht Karriere machen.Bild 39 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa
In der CDU-Spendenaffäre wagt sie viel: Die CDU müsse "laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen", schreibt Merkel am 22. Dezember 1999 in der FAZ.Bild 40 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa
Sie schafft es, die Spitze der CDU hinter sich zu bringen. Als Schäuble über eine Spende des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber stolpert, ist sie die nahezu natürliche Nachfolgerin. Bild 41 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa
Am 10. April 2000 wird Merkel Vorsitzende der CDU.Bild 42 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa
Fraktionschef im Bundestag wird zunächst Friedrich Merz. Die folgenden Jahre sind für die Union von Machtkämpfen und Nachwehen der Parteispendenaffäre geprägt. Die "K-Frage" zeigt, wie schwach ihr Rückhalt in der CDU ist:Bild 43 von 59 | Foto: ASSOCIATED PRESS
Beim legendären "Wolfratshausener Frühstück" am 11. Januar 2002 muss sie Edmund Stoiber den Vortritt lassen.Bild 44 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb
Im Wahlkampf 2002 kritisiert sie das klare Nein der Bundesregierung zu einem Krieg gegen den Irak - was ihrem Ruf nachhaltig schadet. Das Bild ist vom Mainzer Rosenmontagszug 2005.Bild 45 von 59 | Foto: REUTERS
Bei den folgenden Bundestagswahlen unterliegt die Union. Stoiber bleibt in München, Merkel in Berlin.Bild 46 von 59 | Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb
Dort schiebt sie Merz in die zweite Reihe und übernimmt den Vorsitz der Unionsfraktion.Bild 47 von 59 | Foto: REUTERS
Ihr Ruf ist nun der einer "Haifischdompteuse", die skrupellos Parteifreunde aus dem Weg räumt. Gleichzeitig gilt ihr politischer Kurs als unklar: "Irgendwie blockieren, irgendwie mitmachen ...Bild 48 von 59 | Foto: REUTERS
... und dabei Regierung und Wähler möglichst über die wahren Absichten im Unklaren lassen", schreibt der "Spiegel" im Mai 2004 über die Oppositionsführerin. Bild 49 von 59 | Foto: REUTERS
Im Sommer 2004 mokiert sich Stoiber über die "Leichtmatrosen" Merkel und Westerwelle, die "Schröder und Fischer nicht das Wasser reichen" können.Bild 50 von 59 | Foto: REUTERS
Entsprechend knapp ist der Wahlausgang im September 2005. Gegen eine zerbröckelnde und krisengeschüttelte Regierungskoalition schafft die Union lediglich 35,2 Prozent. Merkel wird Kanzlerin einer Großen Koalition ...Bild 51 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb
... und damit zur ersten Moderatorin der Bundesrepublik Deutschland. Für Merkels Image ist das die Wende. Eigentlich erst seit dieser Wahl darf sie sich in ihrer Partei weitgehend unumstritten fühlen.Bild 52 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Im Vergleich zur Vorgängerregierung arbeitet das Kabinett überraschend harmonisch - in strittigen Fragen wie dem Atomausstieg zeigt Merkel sich vertragstreu ...Bild 53 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
... oder - wie bei der Gesundheitsreform - kompromissbereit.Bild 54 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Sie repariert das deutsch-amerikanische Verhältnis, ...Bild 55 von 59 | Foto: REUTERS
... kümmert sich ein bisschen um den Klimawandel, ...Bild 56 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
... und verwaltet ansonsten mehr als zu regieren.Bild 57 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Dieses Image versucht sie in der Finanzkrise abzustreifen. Der Staat müsse jetzt "als Hüter der Ordnung eingreifen", sagt sie in einem Interview. In Leipzig hatte sie noch in Richtung SPD gespottet: "Immer das gleiche Muster: In der Not soll es überall der Staat richten."Bild 58 von 59 | Foto: picture-alliance/ dpa
Merkels präsidialer Stil ist ihr Erfolgsrezept. Ihn wird sie weiter pflegen - auch in einer schwarz-gelben Koalition. (Text: Hubertus Volmer)Bild 59 von 59 | Foto: REUTERS