Melaminverseuchte Milch 50.000 Kinder erkrankt
22.09.2008, 10:52 UhrIn China sind nach neuesten Angaben der Behörden insgesamt mehr als 50.000 Babys durch chemisch verseuchte Milchprodukte erkrankt. Die Zahl der erkrankten Kinder ist damit drastisch höher als bisher dargestellt. Bis zum Sonntag hatten die chinesischen Behörden nur von 6200 Fällen berichtet.
Fast 13.000 Kleinkinder mussten in Kliniken behandelt werden, nachdem sie mit der giftigen Chemikalie Melamin versetzte Milchprodukte zu sich genommen hatten, teilte das Gesundheitsministerium in Peking mit. 104 von ihnen zeigten demnach schwere Krankheitssymptome. 1579 der bislang landesweit 12.892 stationär behandelten Babys hätten die Kliniken inzwischen wieder als geheilt verlassen können.
Außerdem seien 39.965 Kinder ambulant behandelt worden. Bislang sind den Angaben zufolge vier Babys an Nierensteinen gestorben, die sich durch das beigemischte Melamin gebildet hatten.
Sch ärfere Kontrollen in Deutschland
Unterdessen sind am größten deutschen Flughafen in Frankfurt bislang keine Verstöße gegen das Importverbot festgestellt worden. Am Freitag waren die Lebensmittelkontrolleure angewiesen worden, bei den regulären Kontrollen besonders auf Milch und Milchprodukte zu achten, wie das hessische Verbraucherschutzministerium mitteilte.
Bei Frachtmaschinen würden die Begleitpapiere geprüft und in Stichproben die Ladungen untersucht. Auch Passagiere dürfen aus China keine tierischen Produkte im Handgepäck einführen. Dies gelte wegen verschiedener Seuchen wie der Vogelgrippe bereits sei längerem und unabhängig vom aktuellen Milchskandal.
Mehr illegale Einfuhren
Nach Ansicht von Thilo Bode von der Organisation "Foodwatch" ist der Lebensmittelskandal ein rein "chinesisches Problem". So sei der Import chinesischer Milchprodukte nach Europa verboten, sagte Bode im ZDF. Allerdings gebe es seit der Erweiterung der EU eine erhöhte Rate von illegalen Einfuhren über die Schwarzmeerhäfen.
Die chinesischen Verbraucher sind in heller Aufregung, seit die Industriechemikalie Melamin zunächst in Milchpulver für Babynahrung und schließlich auch in Milch, Joghurt und Eis der drei größten Milchproduzenten des Landes entdeckt worden war. Durch den Stoff soll ein höherer Eiweißgehalt vorgetäuscht werden.
22 Hersteller in Skandal verwickelt
Der Skandal hatte mit der Entdeckung der giftigen Chemikalie in Baby-Milchpulver des chinesischen Herstellers Sanlu begonnen. Eine von den Behörden in der vergangenen Woche veranlasste Massenuntersuchung hatte ergeben, dass Proben von 22 Herstellern Melamin enthielten. Am Wochenende waren geringe Spuren des Stoffs in Hongkong in einem Produkt des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns Nestl nachgewiesen worden. Jedoch sei die Konzentration so gering, dass der normale Konsum der in China hergestellten "Dairy Farm Pure Milk" unbedenklich sei, teilten die Behörden in Hongkong mit.
Ein Sprecher des Zentrums für Nahrungsmittelsicherheit in Hongkong erklärte, der Anteil des Giftes in der "Dairy Farm Pure Milk" sei so niedrig, dass ein einjähriges Kind mit einem Gewicht von 7,5 Kilogramm drei Packungen oder 3,38 Liter pro Tag trinken müsste, um eine gefährliche Dosis zu erreichen. Der normale Konsum sei ungefährlich. Trotzdem sei es nicht ratsam, kleine Kinder mit dem Milchprodukt zu füttern. Der Handel sei von dem Testergebnis unterrichtet und gebeten worden, das Produkt in Hongkong vom Markt zu nehmen.
Keine Melamin-Grenzwerte in Hongkong
Der Konzernsprecher betonte, dass das Produkt "Neslac Gold 1+", über dessen angebliche Verseuchung Hongkonger Medien berichtet hatten, von den Behörden als unbedenklich eingestuft worden sei. Darin sei kein Melamin festgestellt worden. Der Sprecher verwies darauf, dass es in Hongkong keine Grenzwerte für die giftige Chemikalie gebe. "Spuren davon findet man aber praktisch immer, wenn auch in so geringen Mengen, dass sie nicht schädlich sind."
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Peking sind alle bislang untersuchten Krankheitsfälle auf Milchpulverprodukte und nicht auf flüssige Milch zurückzuführen. Die meisten Kinder, die in den Krankenhäusern behandelt werden mussten, seien mit verunreinigten Milchpulverprodukten der Firma Sanlu versorgt worden.
Quelle: ntv.de