"Wir weichen der Gewalt" Mit dem Tacheles ist es aus
04.09.2012, 11:16 Uhr
Friedlich, aber unter Protest: Männer demonstrieren vor dem Kunsthaus Tacheles gegen die Räumung.
(Foto: dpa)
Eine Ära geht zu Ende: Das berühmte Berliner Kunsthaus Tacheles wird geräumt, nun hat der Gerichtsvollzieher die Schlüssel. Noch etwa 80 Maler, Bildhauer und andere Künstler hatten zuletzt dort gearbeitet, nun geben sie den jahrelangen Kampf verloren.

Martin Reiter, Sprecher des Kunsthauses Tacheles, gibt vor Journalisten noch einmal ein Statement ab.
(Foto: dpa)
Die berühmte Kunstruine Tacheles in Berlin-Mitte ist nach jahrelangen Auseinandersetzungen friedlich geräumt worden. Die verbliebenen Künstler übergaben dem Gerichtsvollzieher freiwillig die Schlüssel, die Räume wurden versiegelt. "Wir weichen der Gewalt", sagte Sprecherin Linda Cerna.
Gerichtsvollzieher und Polizei kamen wie angekündigt um 8 Uhr zum Tacheles und forderten die rund 80 dort arbeitenden Maler, Bildhauer und anderen Künstler auf, das Haus zu verlassen. "Berlin hat heute einen großen Verlust erlitten", sagte die Tacheles-Sprecherin und wiederholte die Forderung der Tacheles-Nutzer, dass Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und der für Kunst zuständige Staatssekretär André Schmitz zurücktreten sollten. "Sie allein sind verantwortlich für diese Räumung", sagte die Sprecherin.
Durch Besetzung vor Abriss gerettet
Mit dem endgültigen Aus für das Kunsthaus geht eine Ära zu Ende. Die heruntergekommene Kaufhausruine in Berlin-Mitte war nach dem Fall der Mauer von deutschen und ausländischen Künstlern besetzt und so vor dem Abriss gerettet worden. Ein späterer Investor geriet in finanzielle Schieflage, das Haus stand deshalb unter Zwangsverwaltung. Nach langem juristischen Tauziehen war nun der letzte Räumungstermin angesetzt.
Die fünfstöckige Ruine wird von der HSH Nordbank verwaltet. Es ist das letzte verbliebene Gebäude eines Kaufhauskomplexes, der Anfang des vergangenen Jahrhunderts entstanden war. Im Zweiten Weltkrieg wurde er schwer zerstört, in den 1980er Jahren ließ die Ostberliner Stadtverwaltung große Teile abreißen. Nur der Kopfbau an der Oranienburger Straße blieb erhalten.
Anziehungspunkt für Touristen
Nach dem Fall der Mauer schufen die Besetzer eine künstlerische Freifläche ganz im Sinne der auf- und umbrechenden Stadt. Das Haus wurde zu einem Anziehungspunkt für Touristen. 1998 hatte die Fundus-Gruppe das Gelände, auf dem das Tacheles steht, vom Land Berlin für rund 2,7 Millionen Euro erworben und wollte dort Wohn- und Geschäftshäuser bauen. Aus den Bauplänen wurde nichts, und die Fundus-Tochtergesellschaft, die das Gelände besaß, ging in die Insolvenz.
Quelle: ntv.de, abe/dpa/AFP