Panorama

Schäden systematisch "übersehen" Defekte S-Bahnen eingesetzt

Die Verstöße gegen die Wartungsfristen bei der Berliner S-Bahn waren wohl kein Einzelfall. Das geht aus einem internen Bahnbericht hervor, aus dem die "Berliner Morgenpost" zitiert. Demnach soll die S-Bahn systematisch Wartungsfristen für die Züge missachtet haben. Bis zur Ablösung der alten Geschäftsführung am 2. Juli seien Triebwagen selbst dann in den regulären Einsatz geschickt worden, wenn Schäden und Abweichungen von den Toleranzwerten festgestellt wurden.

Arbeiter in der S-Bahn-Werkstatt Wannsee bei Berlin ersetzen einen Laufradsatz.

Arbeiter in der S-Bahn-Werkstatt Wannsee bei Berlin ersetzen einen Laufradsatz.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Eine Bahnsprecherin wollte zu dem Bericht keine Stellung nehmen. "Es wird nicht toleriert, das gegen Sicherheitsauflagen verstoßen wird", sagte sie lediglich. Das sei vor dem Wechsel in der Geschäftsführung der S-Bahn nicht anders gewesen. "Auch gibt es kein Optimierungsprogramm, das zulasten der Sicherheit geht", betonte sie.

Fristverlängerungen erteilt

Dem Bericht zufolge war es besonders beliebt, die Laufleistung der Fahrzeuge über die vorgesehenen Fristen hinaus für die Wartung und die Hauptuntersuchung zu verlängern. So müssen normalerweise Triebwagen der modernsten S-Bahn-Baureihe 481 nach 1,1 Millionen Kilometern geprüft werden. Der Leiter der Fahrzeuginstandhaltung habe jedoch für zahlreiche Triebwagen Fristverlängerungen für bis zu 1,4 Millionen Kilometer erteilt.

Weil nur noch ein Drittel der S-Bahn-Züge für den Verkehr zugelassen ist, sind zahlreiche Strecken komplett gesperrt.

Weil nur noch ein Drittel der S-Bahn-Züge für den Verkehr zugelassen ist, sind zahlreiche Strecken komplett gesperrt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die neue Geschäftsführung hat laut "Berliner Morgenpost" diese Praktiken sofort gestoppt. Seit dem 3. Juli müssten sich alle Mitarbeiter schriftlich verpflichten, nur Fahrzeuge in den laufenden Betrieb zu übergeben, die auch die Sicherheitsauflagen erfüllen. Wegen der Überprüfungen von Rädern ist der S-Bahn-Betrieb seit dem 30. Juni erheblich eingeschränkt. Derzeit fährt nur noch ein Drittel der Züge.

Schwarzfahren wird strenger bestraft

Bei der Überprüfung der Fahrscheine lässt die Bahn unterdessen bald keine Toleranz mehr walten. Künftig droht schon beim ersten Mal eine Anzeige. Die Deutsche Bahn habe bereits damit begonnen, sofort Strafanzeige wegen Leistungserschleichung zu erstatten, wenn ein Fahrgast ohne gültiges Ticket erwischt wird, sagte ein Konzernsprecher. Bislang habe es erst beim dritten Fall einer sogenannten Fahrgeldnacherhebung eine Strafanzeige gegeben.

Er bestätigte damit einen Bericht des Magazins "Der Spiegel". Die neue Regelung gilt auch für die S-Bahn Berlin. Im vergangenen Jahr stellte die Bahn dem Bericht zufolge bundesweit 50 000 Strafanzeigen. Dass die Zahl der Strafanzeigen auf mehr 600 000 Fälle ansteigen werde, wie der "Spiegel" berichtete, wollte der Bahnsprecher nicht bestätigen.

 

Quelle: ntv.de, dpa

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