Panorama

Immunologe Förster bei ntv Dritte Impfung wird im Spätherbst nötig

Reinhold Förster ist Professor für Immunologie an der Uni Hannover - hier im Gespräch mit ntv-Moderatorin Nele Balgo.

Reinhold Förster ist Professor für Immunologie an der Uni Hannover - hier im Gespräch mit ntv-Moderatorin Nele Balgo.

Die Immunantwort bei doppelt Geimpften nimmt ab, dritte Impfungen werden bald fällig. Immunologe Reinhold Förster sieht die ersten Patienten schon in wenigen Wochen an der Reihe. Ob es dann alle betrifft, ist in seinen Augen noch nicht ausgemachte Sache.

ntv: Das Impftempo in Deutschland sinkt weiter, aber von der Herdenimmunität sind wir noch ziemlich weit entfernt. Welche Maßnahmen sind nötig, um Impfskeptiker zu überzeugen?

Reinhold Förster: Ich denke, es muss auf mehr Ebenen geschehen. Das eine ist, wir müssen unterschwellig Impfanreize schaffen, dass Menschen einfach sehr leicht Zugang zu Impfstoffen bekommen. Wir dürfen nicht vergessen, bis vor wenigen Wochen war es ja so, dass es für die Menschen extrem schwer war, zum einen einen Termin zu bekommen und zum anderen einen Termin zu ändern. Die Situation hat sich jetzt in kürzester Zeit grundlegend geändert und dadurch, dass jetzt mehr Impfstoff da ist, müssen wir Anreize schaffen, wie der Impfstoff zu den Menschen kommen kann. Die nächste Stufe ist schon schwieriger: Wie überzeugt man Impfskeptiker? Aber das wird sich jetzt geben, wenn die Pandemie so weitergeht, wie es ja zu befürchten ist, wenn wir nach Spanien, nach Katalonien oder auch nach England und den Niederlanden schauen, wo die Fallzahlen wieder massiv hochgehen. Das wird dazu beitragen, dass dann der ein oder andere doch sagt, ich lass mich doch impfen, weil mir doch das Risiko im Moment einfach zu groß ist, mich anzustecken und schwer zu erkranken.

Brauchen wir für die Herdenimmunität geimpfte Kinder und Jugendliche? Ist es falsch zu sagen, wir impfen die jetzt einfach auch, damit wir andere schützen können?

Das ist eine ganz schwierige Entscheidung und das was Sie sagen, Kinder zu impfen und die anderen zu schützen, das würden wir altruistisches Impfen nennen. Das ist natürlich schon sehr schwierig zu sagen, Kinder und Jugendliche müssen sich impfen lassen, damit die anderen sich nicht impfen lassen müssen. Ich denke, es müssen sich die impfen lassen, die auch das hohe Risiko tragen. Und für Kinder gibt es noch gar keinen zugelassenen Impfstoff, also, die Diskussion stellt sich überhaupt nicht. Und für Jugendliche ist es eine Entscheidung der Jugendlichen und ihrer Eltern, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht. Dabei müssen wir es momentan auch belassen.

Mittlerweile wissen wir auch, dass vollständig Geimpfte sich auch noch anstecken können. Was sind das für Menschen, die sich da anstecken, und wie geschieht die Ansteckung?

Wir wissen aus ganz vielen Untersuchungen, dass nicht alle Menschen zu hundert Prozent geschützt sind nach einer Impfung. Manche haben ganz viele Antikörper, eine hohe Anzahl an T-Zellen, während andere ganz wenige Antikörper und T-Zellen haben, die spezifisch für dieses Virus sind. Und beides nimmt im Laufe der Zeit ab.

Die ersten Menschen wurden ja schon im Frühjahr doppelt geimpft. Kann es sein, dass auf dem Höhepunkt der Delta-Variante der Impfschutz bei den ersten wieder ausläuft?

Genau, das passiert momentan. Das sieht man in Israel. Ungefähr die Hälfte derer, die sich momentan mit der Delta-Variante infizieren, sind oder waren bereits zweimal geimpft. Das ist das erste Zeichen dafür, dass der Impfschutz in einer Bevölkerung abnimmt, und dass Auffrischungsimpfungen notwendig werden.

Ab wann rechnen Sie genau mit Auffrischungsimpfungen?

Ich denke, dass es im Spätherbst so weit sein wird, dass hier auch eine dritte Sars-Cov-2-Impfung notwendig sein wird. Bei den Menschen, die im Januar und Februar geimpft wurden, liegt die Impfung dann acht, neun, zehn Monate zurück, und wir wissen von anderen Impfungen, dass dann der Impfschutz nachlässt.

Betrifft das dann alle oder nur die vorerkrankten oder älteren Menschen?

Das hängt alles vom Pandemiegeschehen ab. Wir werden irgendwann mal eine Situation haben, in der 85 Prozent immunisiert sind, dann kann man das deutlich reduzieren, aber solange wir die Herdenimmunität nicht erreicht haben, wird das Virus nicht aus der Population verschwinden und es wird immer wieder zu neuen Ansteckungen und zu neuen Ausbrüchen kommen.

Mit Reinhold Förster sprach Nele Balgo

Quelle: ntv.de

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