Uri Geller war gesternEhrlich-Brüder verbiegen Schienen wie Knete

Vor 40 Jahren verblüfft Uri Geller ganz Fernseh-Deutschland als er scheinbar mühelos Besteckteile verbiegt. Nun machen sich zwei Brüder aus Westfalen daran, seine Nachfolge anzutreten. Mit verbogenen Löffeln begnügen sich die beiden bei weitem nicht.
Auf der Bühne zerflexen zwei junge Typen eine Eisenbahnschiene. Bombastische Musik von Rammstein ertönt, Funken stieben, das Publikum ist elektrisiert und überzeugt, dass hier wirklich Stahl bearbeitet wird. Damit wird das Staunen, wenn die beiden Jungs nach dem Flexen ein krummes Ding zaubern, umso größer: Andreas und Chris Ehrlich verbiegen die Schiene.
Die beiden Magier nennen sich Ehrlich-Brothers und stammen aus Bünde in Westfalen. Mühelos verformen sie die geraden Stränge zu einer Kurve, über die sonst ICE und Güterzüge donnern. Um zu beweisen, dass die Schienen original sind - die Deutsche Bahn stellt sie zur Verfügung - ist nach dem Zersägen ein Blick auf blanken Stahl gestattet.
Löffelbiegen hat ausgedient
Metallbiegen, wenn auch in viel kleinerer Dosis, das stellte die Welt vor genau 40 Jahren schon einmal vor Rätsel. Damals richtete der israelische Illusionist Uri Geller in der Wim-Thoelke-Sendung "Drei mal Neun" seine angeblich übersinnlichen Kräfte auf Löffel und Gabeln und krümmte sie, bis sie am Ende sogar zerbrachen.
Das toppen die Ehrlich-Brothers mit ihren massiven Schienen. Sie haben Geller schon in England besucht und die Nummer in seinem Garten vorgeführt. Geller ist begeistert: "Für mich sind die Brüder legitime Nachfolger von Siegfried und Roy", sagt er. Und auch sonst ernten die beiden viel Lob. Für ihr Gesamtwerk von 150 eigenen Tricks hat ihnen die Zauberer-Vereinigung Magischer Zirkel den Titel "Magier des Jahres 2013" verliehen.
Der Verband hat knapp 3000 Mitglieder, von denen aber nur ein Bruchteil hauptberuflich von der Zauberei lebt. Manche spezialisieren sich auf Kindergeburtstage und Jubiläen, andere auf Messen oder Galas. "So hat jeder seinen eigenen Bereich", sagt Johannes Klesper vom Magischen Zirkel Bielefeld. Nur wenige gestalten eine komplette eigene Show: "Das ist sehr aufwendig, man muss gut sein, ein eigenes Konzept haben und auch die nötigen Investitionen aufbringen", sagt Klesper.
Eigene Show über Jahre erarbeitet
Das haben die Ehrlichs geschafft. Schon als Kinder wollten sie Magier sein, traten dem Ortszirkel Bielefeld bei. Übten Karten- und Taschenspielertricks. Mit dem Vater bauten sie Requisiten - motiviert von der Vision, eines Tages auf der großen Bühne zu stehen und von der Kunst zu leben. 13 Jahre ließen sie sich Zeit für die Entwicklung ihrer Performance und machten für den Broterwerb andere Jobs.
Mittlerweile arbeiten die Brüder mit einem Werkstattteam von Mechanikern und Elektrikern in ihrer Heimat Bünde an immer neuen Ideen. Meist unter üppigem Einsatz von Funkenregen und Knalleffekten. Chris, der Jüngere, ist gelernter Pyrotechniker.
Als Zuschauer mittendrin sein
Ergebnis der Tüfteleien: Die Ehrlich-Brothers verwandeln kochendes Wasser binnen Sekunden in einen Eisblock, aus einem Orangenkern wächst ein Bäumchen. Aus einem iPad fährt ein Motorrad, aus einer Papierblume erblüht eine duftende rote Rose. Völlig unerklärlich.
Vieles davon passiert auf einer Bühne mitten im Publikum. "Da können die Leute rundum verfolgen, was wir machen - oder eben nicht machen", sagt Chris Ehrlich verschwörerisch. Die Illusion sehen und doch nicht verstehen. Die Masche füllt die Säle, viele Shows sind ausverkauft.
Ihre Magie funktioniert ohne Frack und Zylinder. In ihrer Show sind sie Jungs in Jeans und Hemd. "Hokuspokus" und "Simsalabim" finden Andreas und Chris ebenso antiquiert wie weiße Kaninchen und Zauberstäbe. Ob die krummen Schienen tatsächlich eines Tages nach Las Vegas führen, ist aber noch offen.