Panorama

Vulkanasche sorgt europaweit für Chaos Erste deutsche Flughäfen schließen

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Auch in Deutschland werden erste Flughäfen geschlossen.

(Foto: dpa)

Die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjalla bringt den Flugverkehr in Teilen Europas zum Erliegen. Ein Viertel aller Flüge wird gestrichen, acht Länder sperren ihren Luftraum vollständig. Auch in Deutschland schließen die ersten Flughäfen, schrittweise soll ein Großteil des Luftverkehrs eingestellt werden.

Der Vulkanausbruch in Island stürzt den Flugverkehr in Europa ins Chaos. In Deutschland wurden als erstes die Flughäfen in Hamburg und Berlin geschlossen, der Luftraum über die Hauptstadt ist inzwischen aber wieder offen. Schrittweise sollten in der Nacht große Teile des deutschen Luftraums für den Flugbetrieb gesperrt werden.

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Vor allem die Passagiere und Skandinavien sind von den Flugausfällen betroffen.

(Foto: AP)

Ob der Flugbetrieb am Freitag normal weiterlaufe war zunächst unklar, sagte ein Flughafensprecher. In Hamburg werde der Betrieb vor acht Uhr morgens auf keinen Fall wieder starten, sagte eine Sprecherin des Flughafens. Das hänge davon ab, in welche Richtung und mit welchem Tempo sich die Aschewolke aus dem isländischen Vulkan bewege. Auch in Bremen wurde der Flugverkehr vorübergehend eingestellt.

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"Das ist sehr gefährlich": Piloten warnen vor den Folgen von Asche in der Luft.

(Foto: REUTERS)

Das Bundesverkehrsministerium teilte mit, es werde keine festen Zeiten für die Schließung anderer deutscher Flughäfen geben. Zum Schutz vor der aus Island näherziehenden Aschewolke werde es vielmehr in den jeweilig betroffenen Gefährdungsgebieten flexible Start- und Landeverbote geben, teilte ein Sprecher mit. Das Ministerium habe die Deutsche Flugsicherung (DFS) entsprechend angewiesen. Die DFS erhalte die Informationen über die jeweils betroffenen Gefährdungszeiten aktuell vom Deutschen Wetterdienst.

Die gefährliche Aschewolke vom Vulkan Eyjafjalla breitete sich immer weiter aus und wird den Luftverkehr vermutlich noch tagelang stören. Europaweit fielen tausende Flüge aus. Acht Länder hatten nach und nach ihren Luftraum komplett gesperrt: Großbritannien und Irland, die Niederlande und Belgien sowie Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. In Frankreich war ein Großteil des Luftraums betroffen, auch die beiden Pariser Großflughäfen sollten ab 23 Uhr geschlossen werden.

Lavaasche ist gefährlich für Düsentriebwerke und die Außenhaut der Flieger. Außerdem ist die Sicht beeinträchtigt. Fluggesellschaften mussten rund ein Viertel der täglich etwa 28 000 Verbindungen absagen, wie die Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol in Brüssel mitteilte.

Einmaliger Vorgang

"Es ist das erste Mal in der europäischen Luftfahrtgeschichte, dass wir mit einem solchen Phänomen umgehen müssen", sagte einer der Leiter der Behörde. Auch am Freitag sei mit ähnlich vielen Ausfällen zu rechnen. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas nannte die Aschewolke "eine große Bedrohung für die Sicherheit der Luftfahrt".

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Der Vulkan streut seine Asche- und Raucwolken über halb Europa.

(Foto: AP)

"Das ist sehr gefährlich", sagte auch der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg. Wenn ein Pilot versehentlich in eine solche Wolke gerate, "heißt es um 180 Grad wenden und nichts wie raus", sagte Handwerg, der selbst eine Boeing 737 steuert. Die Asche könne zu Triebwerksausfällen, Ausfällen der Messgeräte für Höhe und Geschwindigkeit und zerkratzen Fenstern führen.

Aschewolke zieht ins Rhein-Main-Gebiet

Meteorologen zufolge kann sich der Vulkanausbruch in Island bis zum Wochenende auch auf den Luftverkehr über Deutschland auswirken. Bis Donnerstagabend soll eine Aschewolke von Bremen nach Frankfurt ziehen und dort bis zu einen Tag bleiben, sagte der Meteorologe Andreas Beck von der Luftfahrtberatungszentrale Nord des Deutschen Wetterdienstes. Die südliche Grenze liege vermutlich im Rhein-Main-Gebiet, München werde wohl nicht mehr betroffen sein. Die Aschewolke ziehe nach Osten, die Feinstaub-Konzentration nehme dabei immer weiter ab.

Seit dem Ausbruch am Mittwoch treibt Wind die Aschewolke von Island aus zum europäischen Festland. Sie habe sich dabei gespalten, ein Teil sei nach Skandinavien gezogen, sagte Beck. In der Nacht zum Freitag lägen die Wolken über Deutschland, Schweden, Finnland, Norwegen, Polen, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden und Nordfrankreich. "Die betroffenen Lufträume werden dann zur Sicherheit geschlossen", erklärte Beck. Die Sperrung könne 12 bis 24 Stunden dauern.

Erstmals gesamter britischer Luftraum dicht

In London Heathrow, der wichtigsten Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs und einem der wichtigsten Flughäfen der Welt mit täglich 1300 Flügen und 180.000 Passagieren, lief gar nichts mehr: Zehntausende saßen fest. Und niemand konnte ihnen sagen, wann es Entwarnung gibt.

Der Luftraum über Großbritannien bleibt wegen der Aschewolke bis mindestens 14 Uhr deutscher Zeit am Freitagnachmittag gesperrt. Außer Notfall-Flügen dürften keine Maschinen starten und landen, teilte die Flugaufsichtsbehörde NATS mit. Auch in Irland verhängten die Behörden bis zum Abend ein Flugverbot.

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Der Vulkan unter dem Gletscher Eyjafjalla.

(Foto: dpa)

Schon am Morgen hatten alle Flughäfen in Schottland dicht gemacht, zahlreiche Flüge an anderen Airports fielen aus, an den Flughäfen bildeten sich lange Schlagen. Nach Angaben der NATS ist es das erste Mal, dass der gesamte Luftraum gesperrt wurde.

Die Fluglinie British Airways strich bis Freitag alle Flüge. Ob es dann normal weitergehe, stehe noch nicht fest. Passagiere würden die Kosten für ihr Ticket zurückerstattet bekommen oder könnten umbuchen.

Experten erklärten derweil, dass die Aschewolke kein Gesundheitsrisiko sei. Umweltwissenschaftler betonten zudem, dass die Wolke von der Erde aus wohl nicht zu sehen sei. Allerdings berichtet der Sender BBC, dass Menschen in Schottland schon Schwefel gerochen hätten.

Skandinavische Flughäfen geschlossen

In Norwegen und Schweden wurden nach Behördenangaben fast alle Flughäfen geschlossen. In Dänemark sollte der gesamte Luftverkehr ab 18.00 Uhr MESZ bis auf weiteres eingestellt werden. In Finnland teilte der Flughafenbetreiber Finavia mit, dass der Luftraum des Landes bis Freitagnachmittag 14.00 Uhr MESZ gesperrt bleibe. Auch die Geburtstagsfeier der dänischen Königin ist von den Flugausfällen betroffen: Weil nicht alle Gäste kommen können, wird die Feier etwas kleiner ausfallen. Darunter waren Spaniens Königin Juan Carlos und die niederländische Königin Beatrix.

In Frankreich wurden nach Angaben der Luftfahrtbehörde sämtliche Flüge nach Großbritannien, Irland und Skandinavien gestrichen. Zudem wurden die ersten Flughäfen geschlossen. Die Airports im Norden des Landes hätten um 17.00 Uhr ihren Betrieb eingestellt, teilte die französische Luftfahrtaufsichtsbehörde DGAC mit. Die Pariser Flughäfen sowie Airports im Westen und Osten des Landes würden spätestens ab 23.00 Uhr keine Flüge mehr abfertigen. In Spanien wurden mindestens 40 Starts in Richtung Großbritannien und Irland abgesagt.

In bis zu elf Kilometern Höhe

Nach dem Ausbruch des Vulkans unter dem Gletscher Eyjafjallajökull am Mittwochmorgen war eine gewaltige Aschewolke von Island ostwärts gezogen. Die Wolke erreichte eine Höhe von elf Kilometern und bewegte sich mit rund 35 Kilometern pro Stunde in südöstliche Richtung. Der Vulkan spuckte nach seinem Ausbruch am Mittwoch noch mehr Asche aus. Es gebe kein Anzeichen, dass sich die Aktivität unter dem Gletscher Eyjafjalla abschwäche, sagte der Vulkanforscher Armann Hoskuldsson von der Universität von Island. "Es wird noch stärker, aber Lava wird es nicht geben - es ist eine rein explosive Eruption", erklärte der Wissenschaftler.

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Der schmelzende Gletscher hat in Island für schwere Überschwemmungen gesorgt.

(Foto: dpa)

Östlich des Vulkans waren tausende Hektar Land von einer dicken Ascheschicht bedeckt. An der Südostküste des Landes verdunkelte die Aschewolke den Himmel. Heißer Dampf brachte große Mengen Gletschereis zum Schmelzen. Nach Angaben von Hoskuldsson gingen die Überschwemmungen aber zurück, nachdem die Wassermassen am Mittwoch noch Straßen und Brücken blockiert hatten.

Ausbruch kann andauern

Auf Island mussten die Behörden bis zu 800 Menschen in Sicherheit bringen, nachdem Lava Teile des Gletschers zum Abschmelzen gebracht hatte. Das Schmelzen des Eyjafjallajökull habe zwei schwere Überschwemmungen ausgelöst, sagte ein Polizeisprecher.

Islands Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir sagte im Fernsehen: "Wir können nur hoffen, dass sich die Lage beruhigt, tun können wir aber nichts. Der Schaden ist schon jetzt erheblich."

Wie lange die gegenwärtigen Eruptionen andauern, ist nach Einschätzung des isländischen Geophysikers Magnus Tumi Gudmundsson schwer vorherzusagen. Die Dauer der Eruptionen schwanke zwischen einigen Tagen und "mehr als einem Jahr", sagte Gudmundsson. Angesichts der Heftigkeit des jüngsten Ausbruches rechne er jedoch mit einer "langen Zeit. Vulkanexperten in Reykjavik erklärten, dass der letzte Ausbruch am Eyjafjalla-Gletscher im Jahr 1821 erst nach zwei Jahren endete.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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