Turbulenter Wahltag Ex-Vize-Regierungssprecherin Demmer ist RBB-Intendantin
16.06.2023, 19:00 Uhr Artikel anhören
Die neue RBB-Intendantin muss ein 49-Millionen-Einsparprogramm umsetzen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der RBB hat eine neue Spitze. Doch der Weg dorthin war bis zum letzten Meter steinig. Kurz vor der Wahl zogen zwei Bewerber zurück. Noch am Tag der Abstimmung gibt es Rufe nach einer Neuauflage des Verfahrens. Nun soll Ulrike Demmer als neue Intendantin die Sendeanstalt befrieden und reformieren.
Die frühere Vize-Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, wird neue Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Sie sei mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit von 24 anwesenden Rundfunkratsmitgliedern gewählt worden, teilte der RBB mit. Der insgesamt 30-köpfige Rundfunkrat ist eines der beiden Kontrollorgane des Senders. Die 50-Jährige folgt auf Katrin Vernau, die das Amt im September interimsmäßig von Patricia Schlesinger übernommen hatte. Diese war nach vielen gegen sie erhobenen Vorwürfen hinsichtlich ihrer Amtsführung zuerst zurückgetreten und später fristlos entlassen worden.
Demmer, die für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt wurde, muss ein 49-Millionen-Einsparprogramm umsetzen und die Folgen des fast ein Jahr alten Skandals um Vetternwirtschaftsvorwürfe gegen Ex-Intendantin Schlesinger weiter aufarbeiten. Es gilt, das angekratzte Image des Senders wieder zu stärken. Demmer war von 2016 bis 2021 stellvertretende Sprecherin der vergangenen schwarz-roten Bundesregierung von Angela Merkel.
Mitbewerberin gibt nach zwei Wahlgängen auf
Ursprünglich hatte es vier offizielle Kandidaten für den Posten gegeben, zu Beginn der außerordentlichen Sitzung des Rundfunkrates waren es nur noch zwei: Demmer und Heide Baumann, die zuletzt Mitglied der Geschäftsführung von Vodafone Deutschland war. Diese zog laut RBB aber nach dem zweiten Wahlgang ihre Kandidatur zurück.
Bereits zuvor hatten sich der Programmdirektor von Radio Bremen, Jan Weyrauch, und die Chefredakteurin Digitales von ARD aktuell, Juliane Leopold, aus dem Bewerberfeld zurückgezogen. Eigentlich ebenfalls ins Rennen gehen wollte Interims-Intendantin Vernau. Ihre Bewerbung erfolgte aber nicht fristgerecht und wurde deshalb nicht zugelassen.
"Lassen Sie uns die Wahl anständig durchführen"
Vor der Wahl hatte der Rundfunkrat eine Aussprache über das bisherige Bewerbungsverfahren geführt. Nach dem Rückzug von zwei der vier Kandidaten hatte es Kritik von Sender-Personalvertretern gegeben - bis hin zur Forderung nach einem neuen Bewerbungsverfahren. Rundfunkratschef Oliver Bürgel hatte noch zu Sitzungsbeginn appelliert: "Lassen Sie uns diese Wahl heute fair, anständig und mit viel Respekt durchführen." In einem späteren Schritt habe man die Aufgabe, den Bewerbungsprozess zu evaluieren und zu hinterfragen - aber nicht vor der Abstimmung.
Zu Sitzungsbeginn saßen die Bewerberinnen nebeneinander und stellten sich in einer kurzen Rede vor - zunächst Demmer, dann Baumann. Der Rundfunkrat schloss danach die Öffentlichkeit aus, weil eine Aussprache folgen sollte. Hintergrund des Ärgers war Uneinigkeit in der Wahlkommission, die für das Bewerbungsverfahren zuständig war und in Vorgesprächen mit Bewerbern eine Debatte um das künftige Gehalt des Intendanten oder der Intendantin aufbrachte, das deutlich reduziert werden könnte. Die Personalvertretungen kritisierten die beiden Vorsitzenden der Aufsichtsgremien.
Die Intendantenwahl ist notwendig geworden, weil der RBB im Sommer 2022 in eine tiefe Krise gestürzt war. Es waren Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung gegen die damalige Intendantin Schlesinger und den Senderchefaufseher Wolf-Dieter Wolf aufgekommen. Schlesinger wurde fristlos entlassen. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, es gilt so lange die Unschuldsvermutung.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa