Ungestörtes Lesen am FeiertagGöteborger brechen aus Versehen in Bibliothek ein

Die Stadtbibliothek im schwedischen Göteborg ist an Allerheiligen gut besucht. Menschen sitzen in der Zeitungsecke, schlendern durch die Regalreihen. Dabei ist die Bücherei eigentlich geschlossen. Das fällt aber lange Zeit nicht wirklich auf.
Es ist kalt an diesem Samstagnachmittag in Göteborg. Nicht besonders kalt, aber kalt genug, dass ein kurzer Spaziergang in die warme Stadtbibliothek attraktiv erscheint. Arvid Jadenius und seine Frau machen sich mit ihrem zweijährigen Sohn auf den Weg. Sie wollen ein bisschen Zeit in der Kinderabteilung verbringen, den Kleinen herumtollen lassen, den freien Tag genießen.
In der Bibliothek ist alles wie immer: Die Leute blättern in den Zeitungen, stöbern durch die Regale, leihen Bücher aus, Familien mit Kindern gehen ein und aus. Ganz normaler Büchereialltag eben. Ein kleines Detail hätte Arvid Jadenius stutzig machen können, aber es fällt ihm nicht wirklich auf: In der Göteborger Stadtbibliothek sind an diesem Tag keine Bibliothekare.
So erzählte es Jadenius der Lokalzeitung Göteborgs-Posten im Nachhinein: "Es war wie immer. Wir dachten nicht darüber nach, dass kein Personal da war." Er erklärte weiter: "Es waren ziemlich viele Menschen in der Bibliothek."
Tür nicht abgeschlossen
Am Samstag, den 4. November besuchten übereinstimmenden Medienberichten zufolge 446 Menschen die Stadtbibliothek am Göteborger Götaplatsen. Die Bibliothek sollte demnach eigentlich zu Allerheiligen geschlossen sein. Aber das Bibliothekspersonal hatte offenbar vergessen, eine Tür zu schließen. Die Leute kamen wohl herein und dachten, die Bibliothek sei geöffnet. Einige Besucher stellten fest, dass die Bibliothek zumindest in der Theorie geschlossen war und gingen nach Hause. Andere jedoch sahen die Sache von der praktischen Seite und ließen sich vom fehlenden Personal nicht weiter stören.
Die unbetreute Lesestunde wurde nach der Darstellung der Bibliothekarin Anna Carin Elf erst beendet, nachdem sie zufällig an der Bücherei vorbeigekommen war und sich über das rege Treiben dort gewundert hatte. Dem schwedischen Radiosender P4 erzählte Elf, sie habe dann gemeinsam mit ihrem Vorgesetzten, den Menschen erklärt, dass die Bibliothek geschlossen sei. Die hätten daraufhin ihre Bücher in Ruhe zugeklappt und seien gegangen.
"Danke für den letzten Samstag, liebes Göteborg"
"Es ist absolut fantastisch, dass man als Göteborger in eine leere Bibliothek kommt und so liebevoll damit umgeht", sagte Elf im schwedischen Radio. Demnach wurde nichts zerstört, nichts entwendet. 246 Bücher seien ausgeliehen worden, alle wurden mittlerweile zurückgegeben.
Die Stadtbibliothek veröffentlichte auf Instagram einen Beitrag mit den Worten "Danke für den letzten Samstag, liebes Göteborg". Alle hätten die Bibliothek - und damit das Eigentum aller anderen - mit Liebe behandelt: "Genau so, wie es sein sollte."
Arvid Jadenius sieht das offenbar genau so. Der Zeitung Göteborg-Posten sagte er: "Es ist erstaunlich, dass die Bibliothek so offen sein kann und dass die Göteborger sich um ihre Bibliothek kümmern. Es besteht offensichtlich der Wunsch, dort zu sein", sagt Arvid Jadenius. Diesem Wunsch will die Bücherei nachkommen. Auf Instagram schrieb sie am Ende ihres Posts: "P.S. Nächsten Samstag sind wir wieder für Sie da!"