Panorama

Karlsruher Urteil Grenzen für verdeckte Ermittler

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Einsatz verdeckt ermittelnder Polizisten Grenzen gesetzt und ein Urteil des Landgerichts Wuppertal gekippt. Dort muss nun der Prozess um den gewaltsamen Tod eines 15-jährigen Mädchens auf Mallorca neu aufgerollt werden. Ein getarnter Beamter hatte dem Verdächtigen ein Geständnis entlockt, obwohl dieser zuvor gegenüber der Polizei deutlich gemacht hatte, er wolle von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Die Strafverfolger hätten dieses grundlegende Recht des Angeklagten "massiv verletzt", befand das Karlsruher Gericht.

Die Richten machten deutlich, dass grundsätzlich nichts gegen den Einsatz verdeckter Ermittler einzuwenden sei. Allerdings gehöre die Freiheit, sich selbst vor Gericht nicht belasten zu müssen, zu den fundamentalen Rechten im Strafprozess. Wenn ein Beschuldigter sich auf dieses Schweigerecht berufe, dürfe die Polizei die Vernehmung nicht verdeckt fortführen (Az: 3 StR 104/07 vom 26. Juli 2007).

Erneute Verurteilung schwierig

Der Gelegenheitsarbeiter war wegen Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gesprochen und - unter Einbeziehung anderer Taten - zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er soll die 15-Jährige aus dem Sauerland in seiner Wohnung auf der Ferieninsel mit Chloroform betäubt haben, was ihren Tod verursacht habe. Das Urteil stützte sich im Wesentlichen auf den Einsatz des verdeckten Ermittlers. Im jetzt anstehenden neuen Prozess darf das Landgericht weder das anfängliche Geständnis des Angeklagten verwerten noch dessen spätere Aussagen gegenüber der Polizei. Weil die Strafverfolger damals kaum weitere Beweise in der Hand hatten, dürfte eine neuerliche Verurteilung schwierig werden.

Der verdeckt arbeitende Beamte hatte als Häftling getarnt zu dem 41-Jährigen während eines Gefangenen-Transports Kontakt aufgenommen und sein Vertrauen gewonnen. In einem Hafturlaub hatte der Verdächtige sich dann mit dem verdeckten Ermittler in einer eigens von der Polizei angemieteten Wohnung getroffen. Dort hatte der 41-Jährige gesagt, er habe das Mädchen lediglich geschlagen. Sie sei dann unglücklich gegen einen Türrahmen gefallen. Dies war von den Ermittlern mitgeschnitten und vom Landgericht als Geständnis gewertet worden.

Das Gericht hatte den zunächst wegen Mordes angeklagten Mann daraufhin wegen Körperverletzung mit Todesfolge und anderer Delikte schuldig gesprochen. Er habe das Mädchen nicht umbringen, sondern nur mit Chloroform betäuben wollen, befand das Gericht. Die Verteidiger des 41-Jährigen hatten einen Freispruch beantragt. Die Tat sei ihrem Mandanten nicht nachzuweisen.

Das Mädchen aus dem sauerländischen Lüdenscheid war am 1. August 2002 auf Mallorca verschwunden, am 20. September wurde seine stark verweste, halb nackte Leiche in einem Gebüsch entdeckt. Der Angeklagte hatte damals als Untermieter im Haus der Mutter des Mädchens gewohnt. Bei seiner Festnahme in Wuppertal hatten Ermittler in seinem Wagen Chloroform, einen Elektroschocker, Kabelbinder sowie Porno-Hefte entdeckt.

Quelle: ntv.de

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