Drei Frauen nach zehn Jahren in Cleveland befreit "Hallo, Polizei, helfen Sie mir"
07.05.2013, 17:23 Uhr
Die FBI-Suchbilder von Gina DeJesus.
(Foto: dpa)
Drei junge Frauen werden rund zehn Jahre lang in einem Haus in Cleveland gefangen gehalten, eine von ihnen hat ein sechs Jahre altes Kind. Sie ist es, die am Ende die Nachbarn auf sich aufmerksam machen kann. Drei Männer werden festgenommen: der Bewohner des Hauses und seine Brüder.
"Hallo, Polizei, helfen Sie mir, ich bin Amanda Berry. Ich wurde entführt und werde seit zehn Jahren vermisst", rief die Anruferin aufgeregt ins Telefon, nachdem sie den amerikanischen Polizeinotruf 911 gewählt hatte. "Und ich bin hier. Ich bin jetzt frei."
Die heute 27-jährige Amanda Berry war im April 2003 in der Stadt Cleveland im US-Bundesstaat Ohio verschwunden, einen Tag vor ihrem 17. Geburtstag. Gina DeJesus verschwand ein Jahr später, als sie auf dem Heimweg von der Schule war. Sie war damals 14 Jahre alt. Bereits im August 2002 war Michelle Knight im Alter von 21 Jahren entführt worden.
Alle drei Frauen wurden offenbar vom selben Mann verschleppt: dem 52 Jahre alten Ariel Castro. Er sowie seine beiden 50 und 54 Jahre alten Brüder wurden nach der Befreiung der Frauen verhaftet. Castro, ein ehemaliger Schulbusfahrer, hatte die drei Frauen in seinem Haus eingesperrt.
Ganz in der Nähe der Eltern
Wie ihr Entführer kommen die Frauen aus Cleveland - Castros Haus ist weniger als einen Kilometer vom Zuhause von Berry und DeJesus entfernt. Im Haus des Entführers war auch ein sechs Jahre altes Mädchen gefangen gehalten worden. Es ist die Tochter von Amanda Berry.
Befreit wurden die Frauen von Nachbarn, die Hilferufe gehört hatten. Ein Nachbar, Charles Ramsey, erzählte dem Lokalsender WEWS-TV, er sei zum Haus von Ariel Castro gegangen und habe dort durch einen Riss in der Tür ein verzweifeltes Mädchen gesehen. Er habe gesagt: "Was ist dein Problem? Wenn du feststeckst, mach doch einfach die Tür auf." Sie antwortete, es sei abgeschlossen.
Ramsey und ein weiterer Nachbar traten daraufhin die Tür ein. Berry sei mit ihrer Tochter durch die kaputte Tür geklettert. "Sie ging in mein Haus, und wir riefen 911 an."
"Wir sind sehr glücklich, sehr glücklich"
Den eintreffenden Polizisten sagte Amanda Berry, dass noch weitere Frauen im Haus seien. Mit gezückten Pistolen gingen die Beamten in das Gebäude und kamen zusammen mit Gina DeJesus und Michelle Knight wieder heraus. Nach Angaben von Ramsey sahen die Frauen unterernährt aus.
Die drei Frauen wurden kurzzeitig zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht. Ein Krankenhaussprecher sagte, den Frauen gehe es gut. "Dies ist nicht das Ende, das wir normalerweise (bei Entführungen) haben", sagte er. "Wir sind sehr glücklich, sehr glücklich."
Nachbarn stehen unter Schock
Nach der Befreiung der Frauen versammelten sich hunderte jubelnde Menschen in der normalerweise ruhigen Wohnstraße. Die Fälle der entführten Frauen waren in Cleveland seit Jahren präsent, laut ABC News hängen noch immer Poster von ihnen in der Stadt.
Viele Nachbarn dagegen stehen unter Schock. Sie beschreiben Castro als freundlichen Schulbusfahrer und Musiker. Seine Tochter sei häufig mit ihren Kindern zu Besuch gekommen. Berrys Befreier Ramsey erzählte Reportern, dass er häufig mit Castro Salsa-Musik gehört und mit ihm gegrillt habe. Auch Nachbar Charlie Czorb kann es nicht fassen: "Diese Mädchen waren buchstäblich in unserem Hinterhof eingesperrt."
Für Berrys Mutter kommt die glückliche Nachricht zu spät. Louwanna Miller sei im März 2006 "an gebrochenem Herzen" gestorben, sagte eine Freundin der Familie dem Sender CNN. Berrys Cousine Tasheena Mitchell berichtete, sie habe sich im Krankenhaus persönlich von der Befreiung überzeugen müssen. "Sie war meine beste Freundin", sagte die 26-Jährige der Lokalzeitung "Plain Dealer". Eine Freundin unterbrach sie: "Sie ist deine beste Freundin. Sie lebt."
Quelle: ntv.de, hvo/AFP