Panorama

So will der Bayern-Präsident das Schlimmste verhindern Hoeneß' Verteidiger greift auch an

Hanns Feigen, Uli Hoeneß und Markus Gotzens im Gerichtssaal.

Hanns Feigen, Uli Hoeneß und Markus Gotzens im Gerichtssaal.

(Foto: imago/Future Image)

Vor dem Landgericht München zeigt sich Uli Hoeneß reumütig und überfordert. Er will zeigen: Ohne mein Geständnis gäbe es das Verfahren nicht. In seiner Darstellung war die Angst nur der letzte Anstoß zur Umkehr.

Die zentrale Frage bleibt nach dem ersten Verhandlungstag im Fall des reuigen Steuerbetrügers Uli Hoeneß naturgemäß unbeantwortet: Wie wird das Urteil lauten? Immerhin: Mit seinen bohrenden Fragen hat Richter Rupert Heindl klargestellt, dass er die Aktenlage bis ins Detail überblickt und dass er im Zweifel keinen Spaß versteht.

Allerdings ist auch klar, dass es diesem Richter nicht um Oberflächlichkeiten und leere Formeln geht. Als der Anwalt eines Zeugen ihn fragte, ob er die Robe anlegen solle, antwortete Heindl: "Das ist mir völlig wurscht."

Staatsanwalt Achim von Engel hat unterdessen, ebenfalls wenig überraschend, signalisiert, dass er der Argumentation der Verteidigung keinen Glauben schenkt. Er kritisierte, dass die Verteidigung erst Ende Februar, also erst kurz vor Beginn des Prozesses, alle Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Aber er machte auch deutlich, dass er trotz der spektakulären Enthüllung des Angeklagten kein Interesse an einer dramatischen Zuspitzung hat. 3,5 Millionen Euro hat Hoeneß nach Berechnungen der Staatsanwaltschaft hinterzogen. Sein Anwalt sprach am Montag überraschend von "deutlich über 15 Millionen", die noch dazukommen. Damit liegt sein Mandant bei einer hinterzogenen Steuerschuld von mehr als 18,5 Millionen Euro. Den späten Zeitpunkt begründete Hoeneß mit den zahlreichen Unterlagen, die seine Zürcher Bank Vontobel erst Ende Februar dieses Jahres habe liefern können.

Anträgen der Verteidigung hat von Engel nicht widersprochen, laute Einwürfe gab es von ihm nicht. Überhaupt verlief der erste Prozesstag erstaunlich harmonisch. Richter Heindl legte es weder darauf an, Hoeneß in die Pfanne zu hauen, noch suchte er krampfhaft nach Entlastungsgründen. Heindl fragte und fragte und fragte - und trieb Hoeneß so in die Defensive.

Mal Anführer, mal Schulbub

Denn der Präsident des FC Bayern München hat sich bislang - mit tatkräftiger Unterstützung seines Anwalts Hanns Feigen - als ziemlich unbedarfter Zocker dargestellt. Als jemand, der seine Börsengeschäfte nicht vollständig überblickte, der jetzt erleichtert ist, weil er "reinen Tisch" gemacht hat, und der im Übrigen nicht für einen schlechten Kerl gehalten werden sollte. Vielleicht war das eine Inszenierung. Vor allem Feigens dezente Ausbrüche in Richtung Hoeneß dürften kalkuliert gewesen sein, schließlich ist der Mann ein Star in seinem Metier. Das heißt jedoch nicht, dass diese Darstellung frei erfunden wäre.

Vielfach ist über die verschiedenen Gesichter des Uli Hoeneß spekuliert worden: Manager, Wohltäter, Zocker. Auch als Angeklagter tritt Hoeneß in unterschiedlichen Rollen auf. Solange Kameras im Gerichtssaal waren, gab er sich locker, auch wenn es für ein dauerhaftes Lächeln nicht reichte. Als Heindl die Personalien verlas, war zu spüren, wie angespannt Hoeneß war. Nach der ersten Sitzungspause kam er jedoch - ganz lässige Führungsfigur - vor seinen Anwälten in den Saal. Bei der Standardfrage des Richters, ob er erlaubte oder unerlaubte Drogen konsumiere, gestattete Hoeneß sich gar einen Witz. "Noch nicht", sagte er.

Doch bald war ihm vermutlich nicht mehr nach Scherzen zumute. Als es um seine Spekulationsgeschäfte ging, hakte Heindl so detailliert nach, dass Hoeneß ins Schwimmen geriet. Hat er seine Geschäfte in der Regel mit einer Laufzeit von einem Jahr abgeschlossen oder waren das kürzere Transaktionen? Hoeneß sagte, meist sei es ein Jahr gewesen. Wie es dann mit Futures sei, die hätten doch gar keine so lange Laufzeit? Hoeneß schien die Frage nicht zu verstehen. Warum einzelne Futures verlängert wurden und andere nicht, konnte er nicht wirklich erklären. Es habe vermutlich für die nicht verlängerten Futures keine Sicherheiten gegeben. Hoeneß wirkte hier fast wie ein Schulbub.

"Erzählen Sie doch keinen vom Pferd!"

Nach dieser Befragung ist zumindest plausibel, dass Hoeneß nie einen Kontoauszug seiner Schweizer Bank gesehen haben will. Er vertraute seinem Kontaktmann dort nicht nur "hundertprozentig". Er hätte mit den Auszügen wohl auch gar nichts anfangen können. Wegen der Verluste, die er eingefahren habe, sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er "ein so großes Problem" habe. Der Volksmund sagt, dass Dummheit nicht vor Strafe schützt. Naivität kann jedoch strafmildernd wirken.

Dies ist die Kerbe, in die Anwalt Feigen mehrfach schlug. Er widersprach Hoeneß ausdrücklich, als dieser sagte, die "Stern"-Recherche habe bei seiner Selbstanzeige im Januar keine Rolle gespielt. "Doch, sie hat eine entscheidende Rolle gespielt, erzählen Sie doch keinen vom Pferd! Eine ganz große Rolle hat's gespielt! Da sind Sie gerannt wie ein Verrückter!" In solchen Momenten übernahm Feigen die Abteilung Attacke so gut, dass dem Staatsanwalt gar keine Angriffsflächen blieben.

Für Hoeneß wird es teuer

Die Selbstanzeige vom 16. Januar 2013 steht im Zentrum des Prozesses. War sie gültig, muss Hoeneß zwar eine horrende Summe an Steuern nachzahlen, bleibt aber straffrei. War sie nur teilweise gültig, kann er mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Sieht das Gericht sie jedoch als ungültig an, wird es eng, sehr eng. Dann droht Hoeneß Gefängnis.

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Soll Uli Hoeneß ins Gefängnis?

Das zentrale Argument der Verteidigung hatte Feigen bereits zu Beginn des Tages genannt: "Wir alle sitzen hier, weil Uli Hoeneß ... eine Selbstanzeige eingereicht hat." Mehrfach verwiesen Feigen und seine Co-Verteidiger, Markus Gotzens und Bernd Groß, auf einen Aktenvermerk des Staatsanwalts vom 25. Februar 2013, in dem dieser bestätigte, dass die Ermittlungen der Behörden ohne die Selbstanzeige "ergebnislos" geblieben wären.

Hoeneß sagte, sein Geständnis werde zu einer Steuernachzahlung im zweistelligen Millionenbereich führen, "was meinen wirtschaftlichen Schaden aus diesen Geschäften weiter erhöhen wird". Denn Hoeneß hat mit seinen Spekulationen unterm Strich wohl Verluste gemacht. Steuern hätte er dennoch zahlen müssen.

Zeuge Z. verweigert die Aussage

Die Frage, ob Hoeneß die Selbstanzeige aus freien Stücken oder in Angst vor Recherchen des "Stern" einreichte, war am Montag im Gerichtssaal weitaus wichtiger als die Offenlegung weiterer Millionen. Drei Zeugen wurden am ersten Prozesstag verhört, deren Aussagen Hoeneß tendenziell helfen dürften. Ein Steuerfahnder aus Stuttgart, der bereits im Spätsommer 2012 von "Stern"-Reporter Johannes Röhrig kontaktiert worden war, bestätigte, dass der Journalist den Namen Hoeneß nie erwähnt habe. Bei einem späteren Telefonat im Januar 2013 ging Röhrig davon aus, dass es ein Konto des FC Bayern München gebe, das für Devisenspekulationen benutzt wurde. Der Stuttgarter verwies ihn daher an einen Kollegen aus München.

Im Telefonat mit dem Münchner Steuerfahnder brachte der Reporter zwar den Aufsichtsratsvorsitzenden des FC Bayern ins Spiel, ohne den Namen Hoeneß zu nennen. Allerdings fand dieses Telefonat erst am 17. Januar statt. Am Morgen dieses Tages hatte Hoeneß seine Selbstanzeige bereits abgegeben.

Der dritte Zeuge war der mittlerweile pensionierte Finanzbeamte Z., der Hoeneß bei der Erstellung seiner Selbstanzeige geholfen hatte und dafür jetzt ein Disziplinarverfahren am Hals hat. Unter anderem mit Blick auf dieses Verfahren verweigerte Z. die Aussage. Richter Heindl akzeptierte diese Begründung nicht. Die Aussage blieb Z. dennoch erspart. Heindl begnügte sich damit, eine Aussage vorzulesen, die Z. am 20. März 2013 gemacht hatte. Neue Erkenntnisse brachte auch dies nicht. So erklärte Z. darin, Hoeneß habe ihm seinerzeit gesagt, er habe schon länger eine Selbstanzeige machen wollen, aber jetzt sei es dringlich. Wenn das Gericht diese Darstellung glaubt, ist Hoeneß einen großen Schritt weiter.

An diesen Dienstag wird die vierte und voraussichtlich letzte Zeugin gehört, eine Steuerfahnderin aus dem für Hoeneß zuständigen Finanzamt Rosenheim. Das Urteil wollte Heindl am Donnerstag sprechen, die neuen Angaben von Hoeneß müssen aber noch geprüft werden und könnten darum zusätzliche Verhandlungstage erfordern.

Quelle: ntv.de

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