Panorama

Millionen Deutschen im Ohr Ingrid Metz-Neun

Ihren Namen kennen wohl nur die wenigsten. Aber Millionen Deutsche haben sie schon gehört: Ingrid Metz-Neun sagt seit Jahren die Haltestellen in Bus und Bahn an - und bekommt zeitweise Konkurrenz.

Ende der 70er Jahre bei einem Casting als Ansagerin entdeckt: Ingrid Metz-Neun.

Ende der 70er Jahre bei einem Casting als Ansagerin entdeckt: Ingrid Metz-Neun.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In der Fußgängerzone dreht sich niemand nach ihr um, und mit ihrem Namen können die Wenigsten etwas anfangen. Und doch haben Millionen Deutsche Ingrid Metz-Neun schon einmal gehört. Sie ist die Frau, die seit Jahrzehnten in mehr als 40 Regionen die Haltestellen von Bussen und Bahnen ansagt und in Flughafen-Shuttles ertönt. Neuerdings bekommen ihre Ansagen inzwischen Konkurrenz. In Köln werden Fahrgäste singend begrüßt, in München demnächst mit bayerischem Dialekt und in Hamburg machen Grundschüler Durchsagen.

Ingrid Metz-Neun hat längst den Überblick verloren: Sie tönt in Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf und Frankfurt aus dem Lautsprecher - ist im Rheinland, Ruhrpott und Rhein-Main-Gebiet genauso zu hören wie rund um Stuttgart, Rostock und Magdeburg. An den Flughäfen in München und Frankfurt warnt die Sprecherin aus Offenbach vor sich schließenden Türen, und auf dem Rhein stellt sie Schiffsausflüglern die Loreley vor.

Auch Monroe Stimme geliehen

"Nächste Haltestelle Hauptbahnhof!" Akkurat kommt das rüber. Aber auch locker-leicht. Der Trick: Ingrid Metz-Neun lächelt, wenn sie die Ansagen einspricht. "Morgens um sieben in der Straßenbahn von einer muffeligen Stimme begrüßt zu werden - das hat niemand verdient", sagt die 58-Jährige, die auch Hollywoodstars wie Marilyn Monroe auf DVD ihre Stimme lieh.

Für ihre Heimatstadt hat die ausgebildete Schauspielerin neulich an einem Tag an die 800 Haltestellen gesprochen. Damit die digitalen Fragmente auch mal neu kombiniert werden können, muss Ingrid Metz-Neun immer den gleichen Tonfall treffen. "Das ist die ganze Konzentration dabei. Auch nach 500 Haltestellen noch im gleichen Duktus zu sprechen", erzählt sie.

Und dann sind da noch regionale Raffinessen. Da gibt es etwa die Hamburger Haltestelle "Kiekut", die sich vom Ausguck ableitet und daher "Kiek Ut" ausgesprochen werden will. Bei Unklarheiten greift die Sprecherin zum Telefonhörer und fragt beim zuständigen Touristenbüro nach.

Urgesteine in Köln, Kinder in Hamburg – nur Ausnahme

Metz-Neun muss immer den gleichen Tonfall treffen, damit die Ansagen auch mal kombiniert werden können.

Metz-Neun muss immer den gleichen Tonfall treffen, damit die Ansagen auch mal kombiniert werden können.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Auch nach über 30 Jahren als Ansagerin ist die warme Stimme von Ingrid Metz-Neun begehrt. Mancherorts probiert man aber auch Neues. Am Kölner Hauptbahnhof etwa werden Fahrgäste zeitweise von den Kölner Urgesteinen "Die Höhner" begrüßt. "Wir wünschen eine schöne Zeit und gute Fahrt mit der S-Bahn Köln. Musik verbindet und wir verbinden Köln mit dem Rest der Welt", schmettert die Band aus dem Lautsprecher. Die Reaktionen von Einheimischen und Touristen seien positiv, beteuert die zuständige Marketingleiterin. "Manche schunkeln, andere schmunzeln."

In München sollen die S-Bahn-Durchsagen bis Ende des Jahres mehr nach Bayern klingen. Viele Fahrgäste hatten sich für ihre Bahnfahrten eine heimische Stimme gewünscht. Bei der Hamburger Hochbahn wiederum sagen Grundschüler die Haltestellen der Innenstadt an. Eigentlich wollten Marketing-Strategen damit die WM-Gäste 2006 überraschen. Doch als die Kinderstimmen nach der Fußball-WM wieder abgeschafft werden sollten, hagelte es Proteste. Nun ertönt "Nächste Haltestelle Jungfernstieg!" weiter aus Kindermund.

Karriere begann mit purem Zufall

Doch solche Aktionen sind die Ausnahme. Ingrid Metz-Neun, die Hörspiele und Werbespots spricht, Synchronisationen in ihrem eigenen Studio managt und Nachwuchssprecher unterrichtet, wundert sich manchmal über die Allgegenwärtigkeit ihrer Stimme. "Es ist ein schönes Gefühl", sagt sie. Dass sie aber Ende der 70er Jahre bei einem Casting als Ansagerin entdeckt wurde, sei purer Zufall gewesen. "Man darf das nicht so überbewerten."

Mag sein, dass sie für manche Bus- und Bahnfahrer nur eine Lautsprecherstimme ist. Andere aber horchen auf und schicken sogar Fanpost. Das freut Ingrid Metz-Neun und lässt sie innerlich schmunzeln. "Ich war immer sehr mollig und habe nie einem Schönheitsideal entsprochen", sagt die Sprecherin. Ihren Fans ist das egal. Wie jenem Frankfurter, der extra bis zur Endstation fährt - nur um von ihr zu hören: "Fahrtende. Bitte aussteigen!"

Quelle: ntv.de, Julia Gaschik, AFP

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