Streit um eine Leiche Lenin soll unter die Erde
21.01.2011, 17:59 UhrLenins Hirn schwimmt in einem Glas Formalin in einem medizinischen Institut in Moskau. Sein Körper wird in einem Mausoleum auf dem Roten Platz zur Schau gestellt. Viele Russen freunden sich mit dem Gedanken an, den konservierten Leib des Revolutionsführers zu begraben. Bisher wagt jedoch kein Politiker, diese Entscheidung zu treffen.

Der einbalsamierte Leichnam des sowjetischen Staatsgründers Wladimir Iljitsch Lenin liegt im Lenin-Mausoleum in Moskau.
(Foto: picture alliance / dpa)
In Moskau gibt es einen handfesten Streit um den vor 87 Jahren gestorbenen russischen Revolutionsführer Lenin: Soll der im Mausoleum am Roten Platz als Touristenattraktion aufgebahrte Leichnam in ein Grab? In der von Regierungschef Wladimir Putin geführten Partei Geeintes Russland mehren sich Befürworter einer Beerdigung. Auch im Kreml gebe es viele Funktionäre, die für das umstrittene Vorhaben seien, schrieb die Zeitung "Wedomosti".
Neben den Kommunisten warnen aber auch Regierungspolitiker, dass ein Lenin-Begräbnis zur Spaltung des Landes führen könnte.
"Es ist eine dumme, heidnische Mission der Liebe zu Leichen, die wir auf dem Roten Platz haben. Experten wissen, dass nur noch zehn Prozent des Körpers erhalten sind", sagte der Parlamentsabgeordnete Wladimir Medinski von der Putin-Partei. Der Menschenrechtler Arseni Roginski von der Organisation Memorial bezeichnete Lenin als Begründer des "Staatsterrors". Auch der ebenfalls an der Kremlmauer beerdigte Sowjet-Diktator Josef Stalin müsse von dort verschwinden.
Bruch mit der Vergangenheit
Die Überführung des bisher für Millionenbeträge erhaltenen Lenin-Leichnams in ein Grab könnte zu einem echten Image-Projekt für Kremlchef Dmitri Medwedew werden, sagte ein Mitarbeiter der Präsidialverwaltung der "Wedomosti". Dabei gehe es vor allem um einen Bruch mit der umstrittenen sowjetischen Vergangenheit und einen Aufbruch in ein modernes Russland, das Medwedew immer wieder ankündige.
Es gebe keine Entscheidung und auch keine Planung zu Lenins Bestattung, sagte der Sprecher der Kremlverwaltung Viktor Chrekow.
Lenin gilt noch immer als Held
Wladimir Iljitsch Uljanow (1870-1924), genannt Lenin, gilt vielen Russen auch mehr als 90 Jahre nach der Oktoberrevolution von 1917 und dem damaligen Sturz des Zaren als Nationalheld. Deshalb hat bisher kein Politiker gewagt, eine Entscheidung zu treffen.
Die Debatte um seine Beerdigung gibt es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 20 Jahren. Der Friedensnobelpreisträger und Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow zeigte sich überzeugt, dass der Leichnam über kurz oder lang unter die Erde komme. Das Gehirn des Revolutionshelden wird in einem medizinischen Institut in Moskau aufbewahrt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP