Horror im Norden NorwegensMissbrauchsskandal erschüttert Gemeinde

Tysfjord scheint ein Paradies auf Erden zu sein. Doch die kleine nordnorwegische Kommune birgt anscheinend ein fürchterliches Geheimnis: In den vergangenen Jahren könnten dort mehr als 150 Menschen sexuell missbraucht worden sein.
In einer kleinen Gemeinde Lapplands sind Dutzende Menschen über Jahre hinweg Opfer sexueller Übergriffe geworden, ohne dass jemand einschritt. Bei ihren Ermittlungen zu den Vorgängen in der knapp 2000 Einwohner zählenden Gemeinde Tysfjord seien sie auf 151 Fälle sexueller Gewalt gestoßen, darunter 43 Vergewaltigungen, teilte die norwegische Polizei mit. Zu den Opfern zählten demnach auch Kleinkinder.
Bislang seien 82 Opfer im Alter zwischen vier und 75 Jahren sowie 92 Verdächtige identifiziert, sagte Kommissarin Tone Vangen vor Journalisten. Die meisten Fälle sind demnach bereits verjährt, die ältesten gehen auf das Jahr 1953 zurück.
Viele Verdächtige seien Ureinwohner Lapplands oder Laestadianer, Anhänger einer konservativen protestantischen Strömung mit besonders strengen moralischen Maßstäben, sagte Vangen weiter. Dies bedeute aber nicht, dass "die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk oder einer Glaubensrichtung" derartiges Verhalten erklären könne. Allerdings könnte sie eine Erklärung dafür bieten, warum die Übergriffe so lange totgeschwiegen worden seien: So zählten Laestadianer eher auf die Beichte als die Justiz, in anderen Fällen begünstige Abschottung das Schweigen.
Kommissarin entschuldigt sich für Untätigkeit der Polizei
Die Affäre ins Rollen gebracht hatte die Zeitung "Verdens Gang" im Juni vergangenen Jahres mit Berichten von elf männlichen und weiblichen Opfern sexueller Übergriffe. Erst danach nahm die Polizei Ermittlungen auf. Kommissarin Vangen entschuldigte sich auch im Namen der Polizei, dass diese trotz einer Reihe von Anzeigen nicht früher tätig geworden sei.
Bürgermeister Tor Asgeir Johansen sprach von einem "enormen Ausmaß" der Übergriffe. "Das ist eine kleine Gemeinde, und es ist klar, dass dies Spuren hinterlässt", sagte er der Nachrichtenagentur NTB.