Drei Katastrophen in 24 Stunden Naturgewalten wüten in Indonesien
27.10.2010, 14:30 UhrEin tödlicher Vulkanausbruch, ein schweres Erdbeben und ein Tsunami - und dies alles innerhalb von 24 Stunden: Den Inselstaat Indonesien hat es hart getroffen. Bei der Katastrophenserie kommen nach vorläufigen Zählungen mehr als 150 Menschen ums Leben.
Durch mehrere Naturkatastrophen in Indonesien sind nach neuesten Angaben mehr als 160 Menschen ums Leben gekommen. Fast 140 Menschen starben bei einem Erdbeben und dem nachfolgenden Tsunami, wie die Behörden in Sumatra am Mittwoch mitteilten. Weniger als 24 Stunden nach dem Beben brach auf der Insel Java der Vulkan Merapi aus, der mindestens 28 Menschen das Leben kostete.
Besonders betroffen ist die entlegene Inselkette Mentawai, dort wurden mehrere Dörfer von einer Flutwelle fortgespült. Die Überlebenden sind traumatisiert, weil sie nicht rechtzeitig vor dem Tsunami gewarnt wurden. Helfer befürchten, dass die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Schäden in den schwer erreichbaren Katastrophengebieten noch viel größer sind ist als bislang angenommen.
"Etwa zehn Minuten nach dem Erdbeben hörten wir einen lauten, donnerartigen Lärm", beschreibt der 32-jährige Bauer Borinte das Herannahen des Tsunamis. Das Beben der Stärke 7,7 hatte sich am Montag ereignet und eine Flutwelle ausgelöst, die zehn Dörfer auf den Mentawai-Inseln überschwemmte. Auf der Insel Südpagai schossen die Flutwellen 600 Meter weit ins Landesinnere. Auch Borintes Dorf Detumonga an der Küste von Nordpagai wurde zerstört. "Wir haben versucht, in höher gelegene Gebiete zu laufen, aber die Welle war schneller als wir", erzählt der Bauer. Seine Frau und seine drei Kinder starben, ihre Leichen wurden am nächsten Tag gefunden. Borinte überlebte, indem er sich im Wasser an ein Holzbrett klammerte.
Warnsystem nicht funktionstüchtig

Das Beben und die anschließende Flutwelle führen zu schweren Verwüstungen auf der Mentawai-Inselkette im Indischen Ozean.
(Foto: dpa)
Nun macht er sich Vorwürfe, dass er die Katastrophe überlebte und seiner Familie nicht helfen konnte. "Es tut mir so leid, dass ich meine Frau und meine Kinder nicht retten konnte, weil ich Panik bekommen habe und nicht wusste, was ich tun soll." Viel schwerer wiegt aber das Versagen der Behörden. Nach dem verheerenden Tsunami an Weihnachten 2004, bei dem allein in Indonesien 168.000 Menschen ums Leben gekommen waren, wurde zwar ein Warnsystem aufgebaut. Doch bei der Flutwelle auf den Mentawai-Inseln funktionierte das System nicht. Eine nach dem Beben ausgegebene Tsunami-Warnung hoben die Behörden nach kurzer Zeit wieder auf.
Auch ausländische Touristen waren von der Naturkatastrophe betroffen. Der Australier Rick Hallet ankerte mit einem seiner Charter-Boote mit einer Gruppe von Landsleuten an Bord vor den Mentawai-Inseln, als sich die Flutwelle auftürmte. "Wir hörten ein mächtiges Getöse. Ich dachte sofort an einen Tsunami und schaute aufs Meer hinaus - und da sah ich die Mauer aus weißem Wasser auf uns zu kommen", erzählte Hallet im Sender Fairfax Radio Network. Die Welle habe ein anderes Boot gegen seines geschleudert, das daraufhin in Brand geraten sei.
Die neun Australier an Bord sprangen ins Wasser, während ihr Boot explodierte. Alle konnten sich retten. Einige wurden 200 Meter weit ins Inland gespült und kletterten dort auf Bäume. Neun weitere Australier und ein Japaner an Bord eines anderen Bootes hatten weniger Glück. Sie wurden vermisst gemeldet.
Steigende Opferzahl erwartet
Nach dem Tsunami werden auf den Mentawai-Inseln noch hunderte weitere Menschen vermisst. Die Suche nach ihnen und die Versorgung der Überlebenden ist auf den abgelegenen Inseln im Indischen Ozean sehr schwierig. "Vielerorts gibt es keine Straßen und keine Telefone", sagt Dave Jenkins, Gründer der auf den Mentawai-Inseln aktiven Hilfsorganisation SurfAid International. Den Berichten seiner Mitarbeiter zufolge gebe es "viel mehr Zerstörung und Todesfälle und Vermisste als gemeldet".
Das Erdbeben und der Tsunami waren nicht die einzigen Katastrophen, die Indonesien ereilten. Weniger als 24 Stunden nach dem Beben brach auf der bevölkerungsreichsten indonesischen Insel Java der Vulkan Merapi aus. Dabei starben mindestens 25 Menschen. Staatschef Susilo Bambang Yudhoyono reiste vorzeitig von einem Gipfel in Vietnam ab. Der Präsident sei "psychologisch und moralisch sehr besorgt", sagte sein Sprecher. Yudhoyono wolle nun vor Ort "den Schmerz und die Bürde der Opfer spüren".
Quelle: ntv.de, H.S. Syahril, AFP