Erst sommerlich, dann Blutregen Sahara-Warmluftblase kratzt an 30-Grad-Marke
04.04.2024, 15:35 Uhr Artikel anhören
Bislang war der 15. April der früheste Tag im Jahr mit Temperaturen von 30 Grad. Das war 2007. Dieser Rekord wackelt in diesem Jahr.
(Foto: picture alliance / Jan Eifert)
Nach dem typischen Aprilwetter schaufelt Tief "Timea" Wüstenluft nach Deutschland. Zugleich zieht damit auch wieder Saharasand übers Land, wie ntv-Meteorologe Björn Alexander erklärt. Das sorgt zunächst für ein sommerliches Wochenende und anschließend stellenweise für sogenannten Blutregen.
ntv.de: Was ist los in unserer Wetterküche?
Björn Alexander: Derzeit ist auf der Wetter- und Tiefdruckautobahn sprichwörtlich die Hölle los. Denn mit "Patricia", "Quilla", "Rosa" und "Sabine" - deren internationaler Name ist übrigens "Olivia"- sind direkt vier Tiefs in Folge über Europa unterwegs. Außerdem folgt schon bald Tief "Timea", was uns wiederum äußerst facettenreiches Wetter beschert.
Mit welchen Details?
Nach heute teils erhöhter Unwetter- und Gewittergefahr und einem zum Teil noch gewittrigen Freitag ist zum Samstag die nächste Warmluftblase aus dem Norden Afrikas angerichtet. Typische Mitbringsel: Eine erneut große Staubladung Wüstensandes sowie rekordverdächtige Temperaturspitzen, die rund 10 bis 15 Grad über dem langjährigen Mittel liegen. Gleichzeitig hat sich übrigens im Norden Europas abermals der Winter der eiskalten Art verstärkt. Extreme Wetterkontraste also, wie wir sie so nur selten bis noch gar nicht erlebt haben.
Wie kalt ist es denn im Norden?
So kalt wie seit über 30 Jahren im April. So wurden in Nikkaluokta im schwedischen Teil Lapplands am Mittwochmorgen minus 34 Grad gemeldet. Eine Größenordnung, die im Norden Schwedens und Finnlands durchaus häufiger gemessen wurde. Gleichzeitig hat Frau Holle im Süden Skandinaviens nochmals ordentlich nachgelegt. Teilweise fielen über 30 Zentimeter Neuschnee - mit entsprechenden Behinderungen im Verkehr. Und auch aktuell sorgt Tief "Quilla" im Süden von Norwegen und Schweden für teils erhebliche Schneefälle.
Während bei uns der Frühsommer Anlauf nimmt?
So ist es. Hinter der Kaltfront von Tief "Sabine", die uns mit typischem Aprilwetter samt Dauerregen sowie nachfolgenden Gewittergüssen versorgt, saugt nämlich der Warmsektor von Tief "Timea" eine gewaltige Ladung Wüstenluft ein, mit der die Temperaturen bis zum Wochenende auf Rekordniveau steigen. Spitzen bis 28, vielleicht sogar bis 30 Grad Celsius sind nicht auszuschließen. Damit könnte es vereinzelt vielleicht sogar für den ersten Hitzetag des Jahres reichen.
Was wäre denn normal?
Für einen 6. April wären es um die 8 bis 14 Grad. Den frühesten Hitzetag mit mindestens 30 Grad verzeichnet die Wetterstatistik bisher am 15. April 2007. Normal wären die 30 Grad aber eigentlich erst im Mai. Insofern handelt es sich um ein gleichermaßen außergewöhnliches wie bedenkliches Ereignis.
Warum bedenklich?
Weil diese Extreme leider ein weiteres, starkes Indiz für das Voranschreiten des Klimawandels sind. Damit soll niemandem - nach den mitunter extrem nassen Wochen und Monaten - die Freude über eine frühe Frühsommer-Kostprobe genommen werden. Dennoch ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir uns vor Augen halten, wie krass bis absurd diese Entwicklung eigentlich ist.
Unabhängig davon: Was sind die Folgen des Wüstenstaubs bei uns?
Je nach Konzentration des Staubes kann der Himmel leicht milchig bis stark eingetrübt sein. Das hat im Zweifelsfall natürlich auch Auswirkungen auf die Temperaturspitzen; wobei die Auswirkungen im Konkreten nicht leicht vorherzusagen sind. Grundsätzlich ist der Staub dabei in den höheren Luftschichten ansässig und insofern ist der direkte Kontakt eher selten. Aber: In bestimmten Situationen und Höhen kann die Feinstaubbelastung durch die Staubwolke aus der Wüste durchaus erhöht sein, was besonders bei Vorerkrankungen wie Allergien oder Asthma eine zusätzliche Belastung sein kann. Und natürlich gibt es dann noch den berühmten Blutregen.
Was hat es damit auf sich?
Regnet es, dann wird der Saharasand ausgewaschen und landet auf unseren Autos oder Gartenmöbeln. Je nach Herkunft des Sandes ist er bräunlich bis rötlich, was schlussendlich zum Wort des Blutregens geführt hat. Problematisch ist das bevorzugt auf den zum Teil empfindlichen Autolacken. Wird nämlich das geliebte KFZ mit zu wenig Wasser gewaschen, dann könnte es kleine, aber fiese Kratzer hageln.
Ab wann müssen wir uns auf Blutregen einstellen?
Am Sonntag sind im Westen und Nordwesten erste Tropfen mit entsprechender Einfärbung nicht auszuschließen. Von Montag bis Mittwoch sind die Details noch unsicher. Generell breiten sich die Schauer schrittweise immer wieder bis in den Südosten aus, sodass der Staub immer öfter ausgewaschen wird und die Temperaturen wieder deutlich in die Abwärtsbewegung gehen.
Mit welchen Details?
Nach letzten Tropfen im Norden geht es am Samstag erst einmal freundlich bis sonnig und trocken ins Wochenende. Erst später wird es im Westen zunehmend milchig am Himmel. Zudem lebt der Wind deutlich, aber auch super mild bis warm auf. Die Temperaturen erreichen dann zwischen 16 und 20 Grad bei den Nordlichtern und meistens 25 bis 28 Grad im großen Rest. Selbst einzelne Spitzen bis 30 Grad sind denkbar, hängen aber von vielen Faktoren, wie der Sonnenbilanz und lokalen Föhneffekten ab. Am wärmsten ist es hierbei im Südwesten und Süden.
Und am Sonntag?
Dominieren in der Nordwesthälfte oftmals kompakte Wolken. In einem Streifen von NRW bis herauf zur Ostsee sind einzelne Schauer sowie Blitz und Donner drin. Sonst bleibt es oft noch freundlich mit einer Mischung aus hohen Wolken und Wüstensand. Das Ganze bei sehr windigen, teils stürmischen 14 bis 20 Grad im Nordwesten und bis zu 28 Grad im Südosten.
Welche Trends beschert uns die neue Woche?
Am Montag und Dienstag bleibt es im Südosten und Osten noch am längsten trocken. Wobei die staubigen Anteile am Himmel auch hier zusehends dominanter werden. Im übrigen Land sind derweil vermehrt Regengüsse und Gewitter möglich, die zum Teil kräftig bis unwetterartig ausfallen können. Dabei erreichen die Temperaturen zuvor nochmals bis zu 27 Grad, während es im Nordwesten maximal noch 13 Grad werden.
Ein Trend, der sich fortsetzt?
Geht es nach den aktuellen Prognosen, dann gibt es zur Wochenmitte den kompletten Wetterwechsel, sodass uns deutschlandweit höchstens noch 10 bis 17 Grad erwarten. Allerdings: Das entspricht dann ziemlich genau dem jahreszeitlichen Mittel und außerdem ist es fraglich, wie lang und nachhaltig dieser Temperaturrückgang ist. Denn am Ende bewertet die experimentelle Langfrist den April 2024 nicht nur sehr zu nass, sondern auch deutlich zu warm. Damit könnte es - nach Februar und März - den dritten rekordwarmen Monat in Folge geben. Auch das ist leider eine bisher beispiellose Entwicklung beziehungsweise Serie.
Quelle: ntv.de