

Die Corona-Situation in Portugal ist katastrophal.
Mit 1000 Neuinfektionen im Sieben-Tage-Schnitt pro eine Million Einwohner ist das Land in Europa derzeit traurige Spitze.
Aktuell hat das Land eine Inzidenz von rund 615 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Zum Vergleich: In Deutschland sind es etwa 80.
Täglich zählt das Land rund 300 Tote, obwohl es nur etwa 10,3 Millionen Einwohner hat.
In Deutschland entsprächen diese Raten im 7-Tage-Schnitt etwa 83.000 registrierten Neuinfektionen und 2300 Covid-19-Opfer jeden Tag.
Nachdem Portugal am 26. Januar mit knapp 13.000 Fällen im 7-Tage-Schnitt einen Höchststand erreicht hatte, sinken die Zahlen zum Glück.
Doch von Entspannung kann noch lange keine Rede sein.
Das liegt vor allem am maroden Gesundheitssystem des Landes.
Infolge der Finanzkrise wurde es kaputtgespart.
Im Frühjahr ging Portugal mit lediglich 4,2 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner in die Pandemie.
In Deutschland waren es 38,2.
Das mag auch der Grund sein, weshalb Portugal zum Höhepunkt der ersten Welle Mitte April mit rund drei Verstorbenen pro 1 Million Einwohner mehr Covid-19-Tote zählte als Deutschland mit 2,5.
Denn ansonsten kam das Land im vergangenen Frühjahr viel besser durch die Krise als viele andere europäische Staaten.
Während Deutschland im April fast 6000 Fälle pro eine Million Einwohner registrierte, waren es in Portugal knapp 800.
Die Regierung erklärte bereits am 12. März die höchste Alarmstufe, als das gesamte Land nur rund 70 Neuinfektionen am Tag registrierte.
Es ging in den teilweisen Shutdown.
Bis zum 2. Mai wurde der Ausnahmezustand mehrmals verlängert.
Portugal schaffte es so die Zahl der Neuinfektionen niedrig zu halten.
Die Portugiesen konnten den Mai genießen ...
... und auch für die älteren Kinder öffneten die Schulen wieder.
Im Juni lockerte das Land die Maßnahmen.
Die Zahlen waren niedrig und man wollte und konnte nicht komplett auf die für Portugal lebenswichtigen Einnahmen durch den Tourismus verzichten.
Trotzdem zogen die Neuinfektionen zunächst nicht an. Im Gegenteil: Anfang August erreichten sie mit etwa 170 Fällen einen Tiefststand.
Doch im Laufe des Monats stiegen die Fallzahlen langsam aber sicher wieder an.
Das schien aber noch niemanden zu beunruhigen.
Das blieb auch noch so, als die Zahl der Neuinfektionen im September schneller stieg.
Mitte des Monats begann das neue Schuljahr.
Am 30. September zählte Portugal etwa 730 neue Fälle.
Dann kam der Oktober ...
... und mit ihm die zweite Welle.
Am 6. Oktober wurden im 7-Tage-Schnitt rund 800 Fälle registriert, ...
... am 13. Oktober 1250, ...
... am 20. Oktober 2000 ...
.. und am 27. Oktober bereits rund 3000.
Erst Ende des Monats reagierte die Regierung.
Ab dem 28. Oktober mussten die Portugiesen auch im Freien Maske tragen.
Kurz darauf durften sie ihren Verwaltungskreis nur noch aus wichtigen Gründen verlassen.
Restaurants ...
... sowie Geschäfte blieben aber unter Auflagen offen ...
... und an Schulen ging der Unterricht weiter.
Sogar Kulturveranstaltungen waren bei Einhaltung von Sicherheitsabständen und anderen Hygieneregeln noch möglich.
Zunächst stiegen die Neuinfektionen weiter an, ...
... um den 20. November erreichten sie mit durchschnittlich 6400 Fällen pro Tag den Höhepunkt.
Danach gingen die Zahlen zügig zurück.
Schon am 4. Dezember wurden im Schnitt nur noch rund 3900 Portugiesen täglich positiv getestet.
Auch auf den Intensivstationen entspannte sich die Lage allmählich.
Kurz vor Weihnachten sank die Zahl der Neuinfektionen im 7-Tage-Schnitt auf etwa 3500.
Das war gut, aber eigentlich noch kein Grund zu feiern.
Trotzdem entschied die Regierung, die Maßnahmen für Weihnachten zu lockern, um Familienzusammenkünfte zu ermöglichen.
Ausgangssperren wurden in die späten Nachtstunden nach hinten verlegt ...
... und Reisebeschränkungen aufgehoben
Es sollte nur vorrübergehend sein, Silvester sollte schon wieder Schluss mit lustig sein.
Ein riskantes Vorhaben bei einer 7-Tage-Inzidenz von immer noch mehr als 300 Fällen pro 100.000 Einwohner.
Aber zunächst schien es gut zu gehen, die Neuinfektionen sanken bis zum 28. Dezember weiter auf unter 3000.
Doch danach explodierten die Fallzahlen.
Am 4. Januar steckten sich im 7-Tage-Schnitt bereits wieder rund 5000 Portugiesen an.
Eine Woche später gab es in dem Land bereits mehr als 8200 Neuinfektionen.
Und mit der entsprechenden Verzögerung spitzte sich auch auf den Intensivstationen die Lage wieder zu.
Am 11. Januar starben mehr als 100 Portugiesen an Covid-19.
Die Regierung musste reagieren, führte das Land ab dem 15. Januar in einen harten Lockdown.
Die Menschen dürfen unter anderem nur noch zum Arbeiten und Einkaufen sowie für Arztbesuche ihre Wohnungen verlassen.
Restaurants und Bars sind dicht.
Schulen und Kitas blieben zunächst noch offen, wurden aber eine Woche später doch geschlossen.
Auch die Grenze zu Spanien wurde geschlossen.
Am 18. Januar zählte Portugal bereits rund 9600 Neuinfektionen und fast 160 Corona-Tote.
Und die Zahlen stiegen immer weiter. Am 28. Januar erreichten die täglichen Neuinfektionen mit annähernd 13.000 den Höchststand.
Seitdem sinken die Fallzahlen zum Glück wieder.
Am 4. Februar zählte Portugal etwa 9000 Neuinfektionen. Das sind etwa 1200 weniger als am Tag zuvor
Die Zahl der Covid-19-Todesfälle stieg noch weiter auf durchschnittlich etwa 300.
Seit dem zweiten Februar registriert Portugal aber auch rückläufige Todeszahlen.
Die Intensivstationen bleiben allerdings vorerst weiter völlig überlastet.
Vor den Krankenhäusern bilden sich lange Schlangen mit Ambulanzwagen, die darauf warten, Covid-19-Patienten einliefern zu können.
Das dauert oft so lange, dass die Besatzungen von freiwilligen Helfern mit Essen versorgt werden müssen.
Für die schwerkranken Patienten ist das Warten besonders hart.
Die Intensivstationen können nicht alle versorgen.
Die Ärzte müssen entscheiden, welche Patienten eines der wenigen Intensivbetten bekommen und welche auf Normalstationen behandelt werden sollen.
Deshalb gibt es jetzt vor Krankenhäusern Triage-Stationen.
Portugal stockt die Betten für Covid-19-Kranke auf.
Dabei geht es nicht nur um Intensivbetten, fast 7000 Corona-Patienten liegen derzeit auf Normalstationen.
Unter anderem hilft das Militär, Provisorien zu errichten.
Das größte Problem bleiben aber die Intensivbetten. Denn selbst wenn neue eingerichtet werden, ...
... fehlen Ärzte und Pfleger für die Behandlung und Betreuung der Patienten.
Rund zehn Prozent des medizinischen Personals fallen laut Deutsche Welle derzeit wegen einer Covid-19-Infektion aus.
Portugal benötigt dringend Hilfe.
Deutschland hat deshalb ein Bundeswehr-Team aus Ärzten und Pflegekräften in das Land geflogen.
Am Mittwoch trafen sie in Lissabon ein ...
... und brachten auch 50 Beatmungs- und 150 Infusionsgeräte mit.
Sie wurden sehnsüchtig erwartet, ...
... denn sie sollen in einer neuen Intensivstation mit acht Betten aushelfen, für die es bisher kein Personal gibt.
Inzwischen ist das Team im Hospital da Luz angekommmen ...
... und bereitet seinen Einsatz vor.
Die Corona-Krise wird Portugal vermutlich trotz der jetzt sinkenden Infektionszahlen weiter im Griff haben.
Ein bisher geplantes Ende des Lockdowns am 14. Februar ist kaum vorstellbar, das Land weiß jetzt, was dann passieren könnte.
Doch nicht nur die übereilten Lockerungen zu Weihnachten haben Portugal zu Europas Corona-Hotspot Nummer 1 gemacht.
Dort verbreitet sich auch die mutierte Sars-CoV-2-Variante B.1.1.7 rasch, ...
... die wahrscheinlich wesentlich infektiöser als das ursprüngliche Virus ist und sich daher viel leichter und schneller verbreitet.
Die Impfung des medizinischen Personals läuft zwar seit Dezember, ...
... aber wie überall in der EU wird es noch länger dauern, bis auch die alten Menschen und andere Risikogruppen durchgeimpft sind.
Dazu kommt, dass in Portugal die Impfungen besonders langsam vorankommen, ...
"The Portugal News" nach hatte bis zum 1. Februar nur 1,6 Prozent der Bevölkerung die erste Dosis erhalten.
Das Land muss bis zum Ende der Krise noch viel Geduld haben. (kwe)