Hunderte in Nigeria befreit Armee bringt Boko Haram-Geiseln in Lager
04.05.2015, 08:15 Uhr
Rund 700 Menschen konnten nigerianische Soldaten in der vergangenen Woche befreien.
(Foto: REUTERS)
Die nigerianische Armee rettet innerhalb weniger Tage über 700 Frauen und Kinder aus der Gefangenschaft von Boko Haram. Die ehemaligen Geiseln werden jetzt in Auffanglagern versorgt und können über ihr Martyrium berichten.
Die nigerianische Armee hat am Sonntag 275 Frauen und Kinder, die aus der Gewalt der Extremistengruppe Boko Haram befreit wurden, in ein Auffanglager gebracht. Die Frauen und Kinder seien traumatisiert und unterernährt, teilte das Militär mit. Sie seien in ein Camp in Yola im Bundesstaat Adamawa gebracht worden, wo ihre Identität festgestellt werden solle. In dem Lager sollen sie von Trauma-Experten behandelt werden und weitere Unterstützung erhalten, um sich zu erholen und künftig wieder ein normales Leben führen zu können, wie der Leiter der Notfallbehörde Nema mitteilte.
Die 275-köpfige Gruppe gehört zu fast 700 Frauen und Kindern, die in den vergangenen Tagen im Sambisa-Wald im Nordosten Nigerias aus der Gewalt von Boko Haram befreit wurden. Laut Nema-Sprecher Sami Datti wurden einige der Frauen und Kinder bei der Befreiungsaktion verletzt und werden im Krankenhaus behandelt. Zugleich gab es Berichte über mehrere von Militärs verübte Massaker.
Wahllos geschossen und Häuser in Brand gesetzt
Bewaffnete in Militäruniformen sollen zahlreiche Menschen, darunter Frauen und Kinder, in mehreren Dörfern im Osten des Landes erschossen haben, berichtete die Zeitung "Vangard". Bewohner der Ortschaften hätten berichtet, die Bewaffneten hätten wahllos das Feuer eröffnet und Häuser in Brand gesetzt. In einigen unbestätigten Berichten war von bis zu 30 Toten die Rede. Bei den Tätern könne es sich um Soldaten einer Sondereinheit zur Terrorismusbekämpfung handeln, die sich für den Tod von vier Kameraden in der Region hätten rächen wollen, schrieb die Zeitung. Ein Sprecher des Militärs wies die Anschuldigungen zurück.
Wie die Streitkräfte weiter mitteilten, wurden im Bundesstaat Adamawa 260 Frauen und Kinder aufgespürt, die vor Boko Haram geflohen waren. Sie seien zurück in ihre Heimatorte gebracht worden. Einige von ihnen hätten erzählt, dass sie vor einem Boko-Haram-Angriff geflohen seien, andere seien entführt worden. Die Entführung von mehr als 200 Mädchen aus dem Dorf im April vergangenen Jahres hatte weltweit Entsetzen und eine spektakuläre Internet-Kampagne unter dem Motto "Bring Back Our Girls" (Bringt unsere Mädchen zurück) ausgelöst, an der sich auch die amerikanische First Lady Michelle Obama beteiligte.
Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International entführte Boko Haram seit Anfang 2014 im Norden Nigerias mindestens 2000 Frauen und Mädchen. Frühere Geiseln berichteten von Zwangsverheiratungen, sexuellem Missbrauch und erzwungenen Kampfeinsätzen für die Islamisten. Laut Informationen von "Spiegel Online" berichteten die nun befreiten Frauen ebenfalls von katastrophalen Zuständen. So hätten sie sich in der Gefangenschaft keinen Zentimeter frei bewegen können. Zudem habe es täglich nur eine Mahlzeit mit trockenem Mais gegeben. Viele Frauen seien deshalb an Krankheiten und aus Erschöpfung gestorben.
Boko Haram kämpft mit Gewalt für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit dem Jahr 2009 tötete die Gruppe bei Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen mehr als 15.000 Menschen. Das nigerianische Militär wird im Kampf gegen Boko Haram von Truppen aus den Nachbarländern Kamerun, Niger und Tschad unterstützt.
Quelle: ntv.de, lou/dpa