Politik

Symbolfigur der Revolution Bärbel Bohley ist tot

Die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley ist gestorben. Sie war eine der zentralen Persönlichkeiten der friedlichen Revolution von 1989. Vor 21 Jahren gehörte sie zu den Gründern des Neuen Forum, der wichtigsten Organisation der Bürgerrechtsbewegung in der DDR. Bohley wurde 65 Jahre alt.

Bärbel Bohley am im September 2009 in ihrer Wohnung in Berlin.

Bärbel Bohley am im September 2009 in ihrer Wohnung in Berlin.

(Foto: dapd)

Die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley ist gestorben. Die 65-Jährige sei nach schwerer Krankheit einem Krebsleiden erlegen, teilte die Robert-Havemann-Gesellschaft mit, zu deren Gründungsmitgliedern sie gehörte.

Bohley war eine der zentralen Persönlichkeiten der friedlichen Revolution in der DDR. ImSeptember 1989 gehörte sie zu den Gründerinnen der Bürgerbewegung Neues Forum "und wurde zur Symbolfigur der ostdeutschen Freiheitsrevolution", wie die Havemann-Gesellschaft schreibt. Der Gründungsaufruf des Neuen Forum gilt als eines der zentralen Dokumente der Revolution. Den "Aufruf 89" unterzeichneten damals 200.000 Menschen.

1990 wurde Bohley als Abgeordnete des Neuen Forums in die Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung gewählt. Enttäuscht reagierte sie auf die Tatsache, dass das Neue Forum schnell an Bedeutung verlor. Ab 1996 lebte und arbeitete Bohley vorwiegend im ehemaligen Jugoslawien, wo sie Hilfsprojekte betreute. 2008 kehrte sie zurück in ihre Heimatstadt Berlin, wo sie in ihrer alten Wohnung im Stadtteil Prenzlauer Berg lebte.

"Eine große Deutsche"

Bärbel Bohley im September in Grünheide bei Berlin. Hier fand die Gründungsversammlung des Neuen Forum statt.

Bärbel Bohley im September in Grünheide bei Berlin. Hier fand die Gründungsversammlung des Neuen Forum statt.

(Foto: Hanno Schmidt, Robert-Havemann-Gesellschaft)

Die Grünen würdigten Bohley als "eine große Freiheitskämpferin, eine große Deutsche". "Sie wird uns immer in Erinnerung bleiben als eine, die beharrlich für Freiheit kämpfte, als das noch mit wirklichen Gefahren verbunden war und wirklichen Mut erforderte", erklärten die Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Jürgen Trittin.

Bohley habe "auch später nie ein Blatt vor den Mund" genommen. Ein Teil des Neuen Forum ging zunächst im Bündnis 90 auf und mit diesem später in der gesamtdeutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen. Bohley selbst war weder Mitglied im Bündnis 90 noch bei den Grünen.

Merkel "zutiefst betroffen"

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich "zutiefst betroffen" von Bohleys Tod. "Für viele, auch für mich, waren ihr Mut und ihre Geradlinigkeit beispielhaft. Ich behalte sie in Erinnerung als eine Persönlichkeit, die die friedliche Revolution und den Weg zur deutschen Einheit ermöglicht hat", fügte Merkel hinzu. "Wir Deutsche sind Bärbel Bohley zu Dank verpflichtet."

Montagsdemonstration am 30. Oktober 1989 in Leipzig.

Montagsdemonstration am 30. Oktober 1989 in Leipzig.

(Foto: AP)

Bohley hatte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studiert und arbeitete später in Ost-Berlin als freischaffende Malerin. 1983 wurde sie erstmals wegen "landesverräterischer Nachrichtenübermittlung" verhaftet. Zusammen mit Ulrike Poppe, der heutigen Beauftragten für die Stasi-Akten in Brandenburg, wurde sie im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert.

Abgeschoben und zurückgekehrt

Für das SED-Regime um Erich Honecker galt die streitbare Künstlerin als kaum ruhig zu stellender Störfaktor. Deswegen wurde sie 1988 abgeschoben: Nach ihrer Teilnahme an einer Demonstration zum Jahrestag der Ermordung der Arbeiterführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, wo Dissidenten mit einem Luxemburg-Zitat die Freiheit Andersdenkender einforderten, musste Bohley nach Großbritannien ausreisen. Nach sechs Monaten erzwang sie ihre Rückkehr in die DDR.

Nachdem Bohley ihre eigenen Stasi-Akten angeschaut hatte, warf sie dem damaligen PDS-Fraktionsvorsitzendem im Bundestag, Gregor Gysi, vor, als Inoffizieller Mitarbeiter für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit gespitzelt zu haben. Gysi war während ihrer Haft in der DDR ihr Rechtsanwalt. Er hat den Vorwurf stets bestritten.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa

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