Politik

Unruhen in Istanbul Bei Protesten werden zwei Menschen getötet

Vize-Regierungschef Arinc spricht von einer "verirrten Kugel".

Vize-Regierungschef Arinc spricht von einer "verirrten Kugel".

(Foto: dpa)

Die türkische Armee geht mit großer Härte gegen Demonstranten vor. Bei Zusammenstößen in Istanbul kommen bislang zwei Menschen ums Leben. Ein Mann wird von einer Polizeikugel in den Kopf getroffen, ein weiterer stirbt durch eine Splittergranate.

Bei Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und türkischen Sicherheitskräften in Istanbul ist ein weiterer Mensch getötet worden. Der Mann sei seinen Verletzungen erlegen, die er durch eine Splittergranate erlitten habe, sagte Provinzgouverneur Hüseyin Avni Mutlu. Acht weitere Personen seien verletzt worden.

Die Unruhen waren ausgebrochen, nachdem ein Mann an den Folgen einer Schussverletzung gestorben war, die er während Ausschreitungen im Istanbuler Arbeiterviertel Okmeydani erlitten hatte. Der Mann hatte sich nicht an den Krawallen beteiligt, sondern war zur Beerdigung eines Verwandten in Okmeydani. Eine Kugel hatte ihn direkt in den Kopf getroffen.

"Wir konnten Ugur Kurt nicht retten", schrieb Istanbuls Gouverneur Hüseyin Avni Mutlu auf Twitter. Nach Angaben des stellvertretenden türkische Regierungschefs Bülent Arinc wurde der 30-Jährige von einer Kugel in den Kopf getroffen. Laut Arinc ging die Polizei in der Nähe des Begräbnisses mit Tränengas gegen Demonstranten vor und gab Warnschüsse in die Luft ab. Der unbeteiligte Kurt sei offenbar von einer verirrten Kugel getroffen worden. Augenzeugen berichteten dagegen, die Polizisten hätten mit scharfer Munition in die Menschenmenge geschossen.

Waffen und Munition werden untersucht

Eine kleine Gruppe von Demonstranten hatte im Stadtteil Okmeydani ihren Unmut über das Grubenunglück von Soma sowie den Tod eines jugendlichen Demonstranten nach den Gezi-Unruhen im vergangenen Jahr kundgetan, als die Polizei eingriff.

Arinc kündigte an, die von den Polizisten eingesetzten Schusswaffen sowie die auf den Mann abgefeuerte Kugel sollten untersucht werden. "Wenn einer unserer Bürger, der nichts mit den Ereignissen zu tun hat, durch einen von einem Polizisten abgefeuerten Querschläger verletzt wird, will ich, dass alle Beteiligten sofort zur Verantwortung gezogen werden", sagte der Vize-Regierungschef.

Stimmung ist aufgeheizt

Die Proteste in Istanbul hielten in der Nacht zum Freitag an. Demonstranten warfen Brandsätze, errichteten Straßensperren und setzten Autoreifen in Brand. Rund 400 Menschen versammelten sich vor dem Krankenhaus, in dem Kurt starb, und riefen "Ihr seid Mörder!" und "Der Mörderstaat nimmt ein weiteres Menschenleben".

Die Lage in der Türkei ist kurz vor dem Jahrestag des Beginns der regierungskritischen Gezi-Proteste und wenige Tage nach dem Grubenunglück in Soma mit mehr als 300 Toten angespannt. Ende Mai vergangenen Jahres waren Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen Umweltschützer vorgegangen, die im Istanbuler Gezi-Park gegen die geplante Abholzung von Bäumen protestierten. Die Aktion löste landesweite wochenlange Proteste aus, bei denen acht Menschen starben und 8000 verletzt wurden.

In den vergangenen Tagen gingen nach dem verheerenden Bergwerksunglück in Soma mit mehr als 300 Toten die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor. Diese werfen der Regierung von Recep Tayyip Erdogan eine Mitverantwortung an dem Unglück vor. Kritik gab es auch an Erdogans Umgang mit der Katatrophe. Bei einem Besuch am Unglücksort hatte er Bergwerksunglücke als unvermeidlich dargestellt.

Quelle: ntv.de, ppo/AFP

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