Politik

Zitterpartie in Kopenhagen Beratungen in erlauchter Runde

Merkel bei einem sogenannten Gespräch in kleiner Runde mit der chinesischen Delegation.

Merkel bei einem sogenannten Gespräch in kleiner Runde mit der chinesischen Delegation.

(Foto: REUTERS)

Angesichts der stockenden Klimaverhandlungen beraumen mehrere Staats- und Regierungschefs ein Sondertreffen an. Dies soll helfen, eine Einigung zu erreichen. Der größte Streitpunkt besteht darin, wie mögliche Klimaversprechen kontrolliert werden könnten. Derweil wird die Ankunft von US-Präsident Obama am Verhandlungsort erwartet.

"Wir müssen zusammen handeln", sagte Angela Merkel

"Wir müssen zusammen handeln", sagte Angela Merkel

(Foto: AP)

Nach Rücksprache mit den dänischen Verhandlungsführern haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere Staats- und Regierungschefs zu einem Treffen mit "relevanten Teilnehmern" aufgerufen. EU-Diplomaten teilten mit, damit sei die Gruppe um die G20 gemeint. Dazu zählen neben der EU, den USA und Russland auch die größten Schwellenländer wie China und Indien. Die G20 wurde als Folge der Finanzkrise ins Leben gerufen.

"Wir müssen zusammenstehen, wir müssen zusammen handeln", sagte Angela Merkel vor zahlreichen Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen. "Wir haben eine gemeinsame Verantwortung." Jeder müsse ein bisschen mehr geben, damit ein neues Abkommen möglich werde. Am Rande der Konferenz traf sich die Kanzlerin mit mehreren EU-Staats- und Regierungschefs zu einem kleinen EU-Gipfel. Die Verhandlungen beim Klimagipfel hatten zuvor stundenlang gehakt.

Die Europäische Union werde ihr Ziel der Senkung des Treibhausgasausstoßes von 20 Prozent bis 2020 auf 30 Prozent verbessern, wenn andere mitmachten, bekräftigte Merkel. "Ich hoffe, dass viele von Ihnen hier in diesem Raum auch bereit sind, ein bisschen mehr auf den Tisch zu legen." Die armen Länder erwarteten Hilfe.

"Das ist, warum wir sehr, sehr schnell mit 10 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) starten müssen in den nächsten Jahren (...) und 100 Milliarden Dollar (67 Milliarden Euro) 2020." Deutschland sei bereit, Hilfe zu leisten, die EU ebenfalls. Sie lobte die Ankündigung der USA, sich auch beteiligen zu wollen. "Sie haben einen sehr wichtigen Schritt nach vorn gemacht."

Zwei-Grad-Grenze oder Nichts

Merkel warnte vor einem Scheitern, wenn die Erderwärmung nicht auf zwei Grad begrenzt wird. "Gelingt das nicht, dies für alle als geltende Verpflichtung zu erreichen, muss ich sagen, ist die Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert", sagte die Kanzlerin vor dem Gipfel bei einer Regierungserklärung im Bundestag. Sie appellierte vor allem an die USA und China. "Wenn wir jetzt nicht die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, riskieren wir dramatische Schäden. Das wird besonders die ärmsten Staaten treffen. Aber keiner wird davon verschont sein."

Die bisherigen Vorschläge zur Reduzierung der Treibhausgase würden den Vereinten Nationen zufolge noch immer eine Erderwärmung von drei Grad bedeuten. Die angepeilten Ziele zum Abbau von Kohlendioxid würden nach derzeitigem Stand bis 2020 um 1,9 Milliarden bis 4,2 Milliarden Tonnen pro Jahr übertroffen, hieß es in einem UN-Dokument. Weitere Schritte zur Reduzierung seien aber möglich und notwendig. Das Dokument war auf den 15. Dezember datiert.

Obama wird kommen

Die USA warnen ebenfalls vor einer Einigung auf einen "substanzlosen Formelkompromiss". Dies wäre noch schlimmer, als mit leeren Händen zurückzukehren", sagte US-Präsidentensprecher Robert Gibbs in Washington. Präsident Barack Obama werde am Abend (Ortszeit) in der Hoffnung nach Kopenhagen aufbrechen, "zu einem soliden und funktionsfähigen Abkommen beizutragen". Gleichzeitig erhöhte auch Europa den Druck auf China, internationale Kontrollen seiner Klimaziele zuzulassen. Dies sei einer der schwierigsten Knackpunkte beim Klimagipfel, hieß es. China widersetze sich internationalen Kontrollen stark. Diese seien aber ebenso wie für die USA auch für Europa entscheidend. Die Klimarahmenkonvention sehe eine Reihe von Instrumenten dafür vor.

EU könnte noch nachbessern

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) schloss nicht aus, dass die EU ihr Ziel zur Senkung des Treibhausgasausstoßes nachbessert. "Vielleicht wird das, was wir uns als Reserve erhalten haben an Bewegung, in diesen Stunden noch besonders wichtig werden", sagte Röttgen. "Es ist ja von 20 auf 30 Prozent CO2-Reduzierung ein großer Schritt." Dieser Beitrag sei im Angebot der EU, um für mehr Bewegung zu sorgen.

Deutschland zu leicht zufrieden

Merkel bekräftigte die Klimaschutzziele Deutschlands mit einer Verringerung des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) bis 2020 um 40 Prozent. China habe umgerechnet nur eine Senkung von 1,5 Prozent CO2-Ausstoß bei einem Wirtschaftswachstum von neun Prozent im Jahr angeboten. "Damit öffnet sich die Lücke weiter." Spätestens ab 2020 "brauchen wir auch von den Schwellenländern Reduktionsziele". Die Opposition hielt der Bundesregierung Versäumnisse beim Klimaschutz vor. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn warf Merkel vor, dass Deutschland die Vorreiterrolle verloren habe und bremse.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprach von der "Nacht des Schicksals". BUND-Vorsitzender Hubert Weiger hält es wie Röttgen für möglich, dass die EU ihr Angebot verbessert.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts/AFP

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