Klöckner fordert Beck in Rheinland-Pfalz Das Ende des Alleinherrschers
25.03.2011, 17:51 Uhr
Wer hat am Schluss die Nase vorn? Viel spricht für Beck, doch Klöckner kann der SPD richtig gefährlich werden.
(Foto: dpa)
Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz muss Ministerpräsident Beck mit deutlichen Verlusten rechnen. Die Zeit der absoluten Mehrheit ist vorbei, der Wahlsieg Becks gilt aber als ausgemacht. CDU-Herausforderin Klöckner liegt nur knapp zurück. Und die FDP muss um den Einzug in den Landtag bangen.
Über Rainer Brüderle möchte Julia Klöckner am liebsten gar nicht sprechen. "Meine Energie kanalisiere ich anders", sagt die rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin der CDU drei Tage vor der Wahl. Außerdem habe der BDI klargestellt, dass die Äußerungen des Wirtschaftsministers so nicht stimmen. "Insofern ist es auch kein Thema", sagt Klöckner. Sie hofft es natürlich vielmehr. Schließlich sollen ihr kurz vor Schluss die unbedachten Äußerungen des FDP-Mannes aus Rheinland-Pfalz nicht das gute Ergebnis verderben. Die Wende der Bundesregierung in der Atompolitik dürfte Klöckner schon genug Ballast aufgebürdet haben.
Ein bisschen liegt die Wahl und Klöckners Bemühen im Schatten von Baden-Württemberg. Dort droht ein Machtwechsel mit ungeahnten Folgen. Doch auch in Rheinland-Pfalz könnte es zu erheblichen Umwälzungen kommen, deren Erschütterungen bis nach Berlin zu spüren wären. Allerdings haben die jüngsten Ereignisse fundierte Prognosen praktisch unmöglich gemacht.
Prognosen unsicher
Vor allem die Atomkatastrophe in Japan und der daraus folgende Kurswechsel der Bundesregierung machen den schwarz-gelben Wahlkämpfern das Leben schwer. Niemand kann sagen, ob und wie sie sich auf das Wahlverhalten in den Ländern auswirken. Von Brüderles protokollierter Affäre ganz zu schweigen. CDU-Spitzenkandidatin Klöckner hofft auf möglichst wenig Wirkung. Doch auch sie muss einräumen: "Natürlich unterscheiden die Bürger nicht immer ganz genau, was jetzt Landes- und was Bundespolitik ist." An Spekulationen oder Prophezeiungen über das Wahlergebnis will sich Klöckner jedenfalls nicht beteiligen. Sie verbreitet lieber gute Laune und kämpft bis zum Schluss.

Die CDU-Landeschefin hat viel erreicht, könnte am Ende aber doch mit leeren Hände dastehen.
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Denn ein Wahlziel dürfte die 38-jährige Herausforderin des Landesvaters Beck den Umfragen zufolge auf jeden Fall erreichen: Die Alleinherrschaft der SPD in Rheinland-Pfalz wird am Sonntag wohl vorbei sein. Klöckner, ihr engagiertes Auftreten und der verbissene Wahkampf haben Beck zugesetzt. Zwischen 36 und 40 Prozent erreichen die Sozialdemokraten nur noch in den Umfragen. Klöckner und ihre CDU liegen mit 34 bis 36 Prozent nur knapp dahinter. Zu Beginn ihrer Kandidatur noch als ehemalige Weinkönigin belächelt, ist Klöckner auf Augenhöhe mit dem 62-Jährigen Ministerpräsidenten angekommen. "Die Julia", wie sie in ihrer Heimat genannt wird, ist der seit 20 Jahren regierenden SPD gefährlich geworden. Angesichts der knappen Umfragen ist es nicht ausgeschlossen, dass die CDU vielleicht am Ende sogar noch stärker wird als die SPD.
Klöckner fehlt Partner
Das käme einem politischen Erdbeben gleich. Galt die CDU in Rheinland und Pfalz doch als zerstrittener, chaotischer Haufen. Doch Klöckner hat ihren Landesverband hinter sich gebracht und Aufbruchstimmung verbreitet. Die CDU steht geschlossen hinter ihr. Klöckners Ziel heißt, stärkste Kraft im Land zu werden. Alles andere muss warten, Gedanken an die Regierungsbildung will sie zumindest nicht öffentlich verschwenden.
Dazu hat Klöckner allerdings auch wenig Anlass. Ihr Problem: Selbst wenn die Sensation gelingen sollte und am Wahlabend schließlich die CDU vor der SPD liegen sollte, fehlt den Christdemokraten der Koalitionspartner zur Regierungsbildung. Viel wird davon abhängen, wie viele Parteien letztlich im Mainzer Landtag vertreten sind. Die Linkspartei droht an der 5-Prozent-Hürde zu scheitern, und auch für die FDP scheint der lange als sicher geglaubte Wiedereinzug nicht mehr sicher. In jedem Fall dürfte es nicht für eine schwarz-gelbe Regierungskoalition reichen. In einem Parlament mit nur drei Parteien wäre die Sache sowieso ausgemacht.
Eine neue starke Kraft im Landtag werden die Grünen sein. In Umfragen liegen sie deutlich über 10 Prozent. Damit steigen sie zum Königsmacher auf. Da sich die Grünen bereits für eine Koalition mit der SPD ausgesprochen haben, ist ein rot-grünes Bündnis nach der Wahl wahrscheinlich. Ministerpräsident Beck darf nach über 16 Jahren noch einmal mit seiner Wiederwahl zur wohl letzten Amtszeit rechnen.
Skandale und Affären
Dabei hatte Klöckner alles versucht, gegen den "roten Filz" und die "Genossenförderungsprogramme" der SPD-geführten Landesregierung gewettert. Steuergeldverschwendung, Rekordunterrichtsausfall und Rekordverschuldung warf sie Beck und seiner Regierung vor. "Die behäbige Bräsigkeit und Selbstgefälligkeit kommt nicht gut an", versucht sie Stimmung zu machen. Den Absturz der SPD von über 45 Prozent hat sie damit erreicht. Allerdings hatte Klöckner selbst eine Finanzaffäre auszubaden, die ihr von ihrem Vor-Vorgänger Christoph Böhr hinterlassen wurde. Wegen illegaler Parteienfinanzierung musste die CDU in Rheinland-Pfalz eine Millionenstrafe zahlen.
Und auch wenn die Stimmung für und in der CDU so gut ist wie seit Jahren nicht mehr: Eine echte Wechselstimmung fehlt in Rheinland-Pfalz, die Klöckner nutzen könnte. Zudem hat sich Ministerpräsident Beck bei der Lösung des Hartz-IV-Streits profilieren können. Die aufgekommene Atomdebatte dürfte die Stimmung für ihn zusätzlich begünstigen. Einen Trost hat Klöckner allerdings: Da es Becks letzte Legislaturperiode sein soll, muss sie nicht noch einmal gegen ihn antreten.
Quelle: ntv.de